Intensivlandwirtschaft bedroht Trinkwasser im Unterallgäu
Die Zahlen des Wasserwirtschaftsamtes Kempten belegen, dass die Nitratbelastung seit Jahren kontinuierlich ansteigt. Immer mehr Messstellen überschreiten den kritischen Grenzwert von 30 mg Nitrat/l. „Diese besorgniserregende Entwicklung beobachten wir vor allem in der Memminger Schotterebene, die dortige Intensivlandwirtschaft auf Böden mit hoher Wasserdurchlässigkeit führt zu stetig steigenden Nitratwerten“, betont Konrad Lichtenauer, Vorsitzender der BN-Ortsgruppe Bad Grönenbach. „Noch wird der Grenzwerte zwar meist nicht überschritten, die Richtung ist aber eindeutig. Wenn wir jetzt nicht gegensteuern, werden wir in naher Zukunft ernsthafte Probleme mit den Werten bekommen!“
Für Martin Muth, Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Memmingen-Unterallgäu, ist die Lösung des Problems klar: „Damit auch künftig gesundes Trinkwasser im Unterallgäu aus den Wasserhähnen kommt, brauchen wir bäuerliche Familienbetriebe mit regionaler Kreislaufwirtschaft. Das Problem sind die industriellen Großbetriebe, die ihr Futter aus großer Entfernung besorgen, aber so viel Gülle wie möglich vor Ort ausbringen.“
Peter Hirmer, Sprecher des BN-Landesarbeitskreises Wasser, warnt: „Zu viel Nitrat im Trinkwasser ist für Säuglinge gesundheitsgefährdend. Aber auch bei Erwachsenen können im Körper Verbindungen mit Nitrat entstehen, die krebserregend sind.“
Besorgniserregend sind in diesem Zusammenhang die Entwicklungen auf EU-Ebene: Bisher sieht die europäische Agrarpolitik vor, dass die Förderprogramme in der Landwirtschaft auch Beiträge zur Einhaltung der Nitrat-Richtline leisten müssen. Diese Vorgabe soll aktuell im Rahmen eines Veränderungspakets schon für die laufende Förderperiode abgeschafft werden. „Dies wäre dramatisch“, unterstreicht die BN-Agrarreferentin Rita Rott. „Wir haben nur eine Chance auf sauberes und gesundes Trinkwasser, wenn eine nitratreduzierte und damit trinkwasserfreundliche Landwirtschaft weiterhin durch die europäische Agrarpolitik unterstützt wird und die Leitplanken für die nationale Umsetzung klar vorgegeben werden.“
Der BUND Naturschutz fordert:
- Die Tierhaltung muss weiter extensiviert, große Tierbestände reduziert werden. Hotspots der Tierhaltung – wie die bekannten Großbetriebe im Unterallgäu – müssen entschärft werden
- Die EU-Düngeverordnung muss so optimiert werden, dass sie die tatsächlichen Nitrat-Quellen in der Landwirtschaft besser berücksichtigt, z. B. die regional zu hohe Viehdichte
- Die Düngeverfahren müssen weiter optimiert werden, damit über geeignete Technik und Zeitpunkte der Ausbringung der Boden optimal versorgt werden kann, ohne dass Nitrat ins Grundwasser gelangt. Auf Ackerflächen wirkt sich Zwischenfruchtanbau positiv auf die Grundwasserqualität und die Tierwelt aus.
- Umweltfreundlichere Agrarpolitik: Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU muss eine umweltfreundliche Landwirtschaft fördern: mehr Platz für Tiere im Stall, Auslauf im Freien, eigener Futteranbau, Subventionen nach Leistungen für Umwelt- oder Tierschutz statt nach Flächenbesitz.
- Die Bedeutung von Grünland muss weiter gestärkt werden; Grünland spielt dank Pufferfunktion eine entscheidende Rolle im Trinkwasserschutz.
- Ausweitung des Wasserschutzgebiets in den Einzugsbereichen der Trinkwasserbrunnen in der Memminger Schotterebene
Hintergrund:
Der Landkreis Unterallgäu gehört zu den Landkreisen Bayerns mit dem höchsten Rinderbestand. Laut statistischem Landesamt leben dort knapp 125.000 Tiere. Insbesondere Bad Grönenbach wurde in den vergangenen Jahren durch die Tierschutzskandale auf großen Milchviehbetrieben bekannt.
Das Wasserwirtschaftsamt Kempten hat die steigende Nitratbelastung in der Memminger Schotterebene im Einzugsgebiet der Trinkwasserversorgung Memmingen und des Zweckverbandes Woringer Gruppe untersucht und 2024 einen Projektbericht veröffentlicht. Als Fazit wurde festgehalten: „Insbesondere die intensiv genutzten landwirtschaftlichen Böden im gesamten südlichen Bereich der Memminger Schotterebene gelten als Ursache für die hohen Nitratgehalte im Grundwasser.“
Die Zusammenfassung des Berichts des WWA Kempten finden Sie unter: https://www.wwa-ke.bayern.de/themen/grundwasser_boden/grundwasserqualitaet/doc/bericht_memminger_schotterebene_kurzfassung.pdf