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Bund Naturschutz empört über Genehmigung des Factory Outlet Centers in Ingolstadt

Der BN kritisiert die Missachtung des Bürgerwillens bei der Genehmigung des FOC in Ingolstadt

22.03.2002

"In vorauseilendem Gehorsam wurde von der Regierung von Oberbayern nun die ursprüngliche Ablehnung aus dem Jahr 2000 auf den Kopf gestellt und der Bayerische Landtag einfach übergangen." kritisierte Hubert Weiger, Landesbeauftragter des BN die Regierung von Oberbayern. "Diese Genehmigung muss widerrufen werden." Die Stadt Ingolstadt forderte der BN auf, jetzt keine voreiligen Fakten zu schaffen und keinen Baubeginn zu ermöglichen, sondern die Bürgerinitiative und den Protest des Einzelhandels ernst zu nehmen. "Wir sind empört über die Missachtung des Bürgerwillens und des Bayerischen Landtages." so Weiger. "Hier zeigt sich nach Ansicht des BN deutlich, dass viele bayerische Politiker der Staatsregierung sich nur in ihren Reden für den Mittelstand einsetzen, ihn bei konkreten Entscheidungen aber letztlich verraten und verkaufen." Der BN lehnt Factory Outlet Centren als fatale Fehlentwicklung der Raumplanung und als Todesstoß für den Mittelstand und die Innenstädte ab.Der BN hat insbesondere kritisiert, dass für das FOC Ingolstadt die raumplanerischen Bestimmungen den Interessen des FOC Ingolstadt geopfert und entsprechend geändert wurden anstatt die Planungen des FOC einer geordneten Raumplanung zu unterwerfen und abzulehnen. Dies hat Signalwirkung für weitere Interessenten, da das FOC Ingolstadt das erste FOC in Bayern sein würde.Der BN unterstützt sowohl die Bürgerinitiative als auch die privaten Klagen gegen das FOC.Die am 06.03.2002 abgeschlossene positive landesplanerische Überprüfung des geplanten Factory Outlet Center (FOC) in Ingolstadt unterscheidet sich von der am 04.07.2000 abgeschlossenen negativen Überprüfung nur durch die Tatsache, dass Bezug genommen wird auf eine Teilfortschreibung des Landesentwicklungsprogrammes (LEP), die die Rahmenbedingungen für die Errichtung eines FOC in Bayern erleichtert hat. Die als "Lex Ingolstadt" kritisierte Änderung hat die Kaufkraftabschöpfungsquote für innenstadtrelevante Sortimente erhöht. Diese Teilfortschreibung wurde bislang erst vom Ministerrat (20.11.01) beschlossen, noch nicht aber vom Bayerischen Landtag. Sie ist höchst umstritten und war daher auch Gegenstand einer Anhörung im Bayerischen Landtag am 19.02.2002, an der auch der BN teilnahm. Die meisten Experten dieser Anhörung äußerten sich sehr kritisch zu den Inhalten der Fortschreibung. Der BN hat eine Zurücknahme der Teilfortschreibung und neue Formulierungen im Rahmen der Gesamtfortschreibung gefordert. Denn derzeit läuft auch die Gesamtfortschreibung des LEP. Diese ist noch nicht abgeschlossen, so dass derzeit nach wie vor das geltende LEP als Grundlage jeglicher Beurteilung herangezogen werden muss.Der BN war zudem bei der erneuten Beurteilung durch die Regierung von Oberbayern nicht mehr beteiligt, obwohl er im Verfahren eine umfangreiche fundierte Stellungnahme abgegeben hatte.Der BN ist daher der Ansicht, dass die landesplanerische Überprüfung der Regierung von Oberbayern einer Überprüfung auf ihre Rechtsmäßigkeit bedarf. Zudem müssen die Behörden sicherstellen, dass die Stadt Ingolstadt keine Fakten schafft. Der Stadtrat der Stadt Ingolstadt hat am 18.03.2002 den entsprechenden Bebauungsplan Gewerbepark Nordost für das FOC beschlossen und ein Bürgerbegehren gegen das FOC abgelehnt. Grundlage dieses Stadtratsbeschlusses ist allein die unseres Erachtens rechtlich angreifbare landesplanerische Beurteilung der Regierung von Oberbayern.Für Rückfragen: Christine Margraf, Regionalreferentin, Tel.: 089/54829863Anlage: BN aktuellDer Bund Naturschutz informiert zur Landtagsanhörung am 19.02.02: Teilfortschreibung des Landesentwicklungsprogramms zum Fachziel Einzelhandelsgroßprojekte/FOC Bund Naturschutz kritisiert "Lex Ingolstadt"Bei der Landtagsanhörung zur geplanten Teilfortschreibung des Landesentwicklungsprogramms, mit der Großeinkaufs- und Fabrikverkaufszentren in Bayern der Weg geebnet werden soll, kritisierte der Bund Naturschutz die Vorlage des Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen massiv und forderte deren Zurücknahme und Neuformulierung. Die Zulassung von Supermärkten und Großeinkaufszentren auf der grünen Wiese hat bereits heute zu einer enormen Ausweitung des KFZ-gestützten Einkaufsverkehrs geführt und den Flächenverbrauch durch die flächenfressende Flachbauweise der Märkte, ihrer Parkplätze und die damit verbundenen Verkehrsflächen maximiert. Der Eingangsbereich vieler Städte und Gemeinden wird bereits durch die einförmigen Einkaufszentren mit ihren überdimensionierten Parkplätzen verschandelt. Die bisherige landesplanerische Steuerung hat die Verschlechterung der Nahversorgung in Städten und am Land nicht ausreichend verhindert. Dies gilt vor allem für die Entwicklung in den letzten Jahren mit der Aufweichung der Regionalplanung. Die bisherigen Regelungen waren jedoch besser geeignet, Fehlentwicklungen zu vermeiden als die derzeit geplante Teilfortschreibung, welche letztlich zu einem endgültigen Dammbruch führen würde. Wichtigste Kritikpunkte am Entwurf waren v.a. die sog. Ausnahmeregelungen, nach denen z.B. auch in städtebaulichen Randlagen Großeinkaufszentren möglich würden, wenn innerstädtisch keine geeignete Fläche zur Verfügung stünde. Der BN vermutet, dass ohne jegliche Schamfrist hier die Ausnahme zur Regel würde. Dasselbe gilt für die Zulassung solcher Zentren in nichtzentralen Orten oder an den Rändern der Ballungsräume, wo kleine Gemeinden die Kaufkraft des Ballungsraumes zugrundelegen dürften und einen erheblichen Teil davon abschöpfen könnten. Eine zentrifugale Ausdehnung der Ballungsräume wäre die Folge.Durch die Entwicklung der Altersstruktur in der bayerischen Bevölkerung mit einem höheren Anteil alter Menschen wird zukünftig die Nahversorgung immer wichtiger. Das Ziel wäre eine Versorgungsstruktur für Güter des täglichen Bedarfs, bei der das nächste Geschäft von der Wohnung innerhalb von zehn Minuten fußläufig zu erreichen wäre. Dazu muss neben entsprechenden Rahmenbedingungen für den Handel (insbesondere Schutz vor Großstrukturen!) durch verbesserte Bauleitplanung, gestärkte Regionalplanung, novelliertes Bodenschutzgesetz, angepasstes Bodenrecht und fiskalische Steuerung auf flächensparende, gemischte Baustrukturen hingewirkt werden. Der derzeitige Trend zur Dispersion mit Einfamilienhausgebieten weitab bestehender Versorgungsstrukturen oder Einkaufszentren weitab von Wohngebieten ist entsprechend umzukehren. Für die Städte fordert der BN eine Festlegung, wie viel Prozent des Umsatzes maximal in nichtintegrierter Lage gegenüber Innenstadtlagen getätigt werden darf. Das hätte den Vorteil, dass Städte und Gemeinden, die bislang mit der Ansiedlung großflächigen Einzelhandels zurückhaltend umgingen, nicht benachteiligt würden, während Kommunen mit flächenverbrauchenden und verkehrserzeugenden Strukturen auf der grünen Wiese tendenziell zum (langfristigen) Rückbau verpflichtet würden. Stadt- und Umlandgemeinden sollten zur Beurteilung der Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten regionale Einzelhandelsentwicklungskonzepte vorlegen. Statt weitere Planung auf Zuruf von Investoren muss die Raumplanung wieder gestärkt werden. Leider erlebt Bayern seit Jahren eine Aushöhlung der Planungskultur unter dem Stichwort der "Verwaltungsvereinfachung". Hier ist dringender Handlungsbedarf geboten, sowohl planungsrechtlich als auch mit dem Instrument der Förderpolitik (z.B. Städtebauförderung). Durch die zu erwartende Verlagerung von Kaufkraft an die Peripherie der Ballungsräume würden Innenstädte weiter an Kaufkraft verlieren. Gleichzeitig würde das Stadtumland und der weitere ländliche Raum ausgeblutet, da die großen Einkaufszentren am Stadtrand auch massiv Kaufkraft aus dem ländlichen Raum abziehen. Ein weiteres Dorfladensterben wäre die Folge. Die Attraktivität der Innenstädte als historisch gewachsene Strukturen mit hoher Aufenthaltsqualität bei geringem Flächenverbrauch und kurzen Wegen, ist nur zu erhalten, wenn diese auch Zentren des Handels bleiben. Nicht zuletzt die oftmals denkmalgeschützten Gebäude der Altstädte sind auf laufende Unterhaltungsmaßnahmen angewiesen. Diese können nur finanziert werden, wenn in den Altstädten entsprechende Einnahmen aus Vermietung und Gewerbe erzielt werden. Eine massive Verlagerung der Kaufkraft an die Peripherie würde Innenstädte der Gefahr der Verslumung aussetzen. Angesichts einer für Siedlungs- und Verkehrsfläche in Bayern täglich in Anspruch genommenen Fläche von ca. 28,6 Hektar und aus Erwägungen nachhaltig umweltgerechten Umgangs mit Boden ist eine Ausweitung durch flächenfressende Siedlungsstrukturen nicht mehr akzeptabel. Der BN verweist in diesem Zusammenhang auf Art. 141 der Bayerischen Verfassung: "Mit Naturgütern ist sparsam umzugehen". und auf das gültige Landesentwicklungsprogramm: "Die wirtschaftliche, siedlungsmäßige und infrastrukturelle Entwicklung des Landes und seiner Teilräume soll möglichst flächensparend und ohne wesentliche Beeinträchtigung der natürlichen Lebensgrundlagen erfolgen. ... Bei Konflikten zwischen Raumnutzungsansprüchen und ökologischer Belastbarkeit ist den ökologischen Belangen Vorrang einzuräumen, wenn eine wesentliche und langfristige Beeinträchtigung der natürlichen Lebensgrundlagen droht." (Ziel A I 8), das Bodenschutzprogramm Bayern (1991) und den Beschluss des Bayerischen Landtages zum Bodenschutz (1989).Ein bislang nicht beachteter Aspekt betrifft das gesellschaftliche Engagement des Mittelstandes: Kein Filialist beteiligt sich an sozialen Aktivitäten (z.B. Schulfeste), während der Mittelstand hier lokale Standortverantwortung übernimmt. Diese Komponente gesellschaftlichen Lebens würde gefährdet, wenn der Mittelstand durch die Etablierung von Einzelhandelsgroßprojekten auf der grünen Wiese in finanzielle Bedrängnis gerät.gez.Prof. Dr. Hubert Weiger LandesbeauftragterTom KonopkaRegionalreferent