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Niederbayern hat enormen Aufholbedarf bei Energiewende und ÖPNV

BUND Naturschutz mit neuem Mitgliederhöchststand. Einsatz für Klimaschutz und gegen Flächenverbrauch in Niederbayern geht weiter. Fortschritte in den BN-Artenschutzprojekten. Kampagne gegen Lichtverschmutzung gestartet.

15.02.2023

Der BUND Naturschutz Bayern zieht eine positive Bilanz für den Natur- und Umweltschutz im Jahr 2022. Der BN wächst um 2.500 Personen auf nun 265.000 Mitglieder und Förderer – in Niederbayern bleibt die Zahl stabil bei über 22.000 Mitgliedern. Der BN in Niederbayern ist in allen neun Landkreisen mit aktiven Kreisgruppen vertreten. Besonders erfreulich ist die Gründung vieler Ortsgruppen (z. B. Ortsgruppen Landshut, Pfarrkirchen, Bad Birnbach).

„Die Themen Naturschutz, Umweltschutz, Energie und Klimaschutz kommen in Niederbayern in der breiten Bevölkerung an. Die Leute möchten vor Ort mitgestalten und mitdiskutieren”, so Kathy Mühlebach-Sturm, Landesvorstandsmitglied aus Landshut. Im Jahr 2023 feiern vier der neun Kreisgruppen (Freyung-Grafenau, Straubing-Bogen, Rottal-Inn und Landshut) ihr 50-jähriges Jubiläum und blicken auf fünf Jahrzehnte Einsatz für die Umwelt direkt vor Ort zurück. Die Kreisgruppe Freyung-Grafenau ist mit den Schwerpunkten Grünes Band Europa und Gehölze in der Kulturlandschaft auf der Landesgartenschau in Freyung vertreten.

Bei der Bewertung der momentanen Situation der Energiewende, des Klimaschutzes und des Natur- und Artenschutzes sieht der BN allerdings gerade in Niederbayern bei ein paar Themen enormen Aufholbedarf. Viele der Lösungen für die derzeitigen Krisen liegen auch auf lokaler und regionaler Ebene.

„Für die Energiewende sind in den nächsten Jahren richtungsweisende Entscheidungen nötig. Wir müssen es schaffen, die Energiewende so zu gestalten, dass sie dem Natur- und Artenschutz nicht entgegensteht”, so Mühlebach-Sturm. Negativbeispiel ist hier das geplante Pumpspeicherwerk Riedl (Lkr. Passau), das extrem in die Donau eingreift.

Bei der Umsetzung der Energiewende zieht der BN für Niederbayern eine sehr gemischte Bilanz – der Ausbau der Sonnenenergie ist gut vorangekommen, in der Windenergie ist Niederbayern absolutes Schlusslicht. „Es braucht jetzt eine klare, überregionale Planung, wie der Ausbau der erneuerbaren Energien hier vorankommen soll. Für den BN gehören eine schnellstmögliche Ausweisung von zwei Prozent der Landesfläche für Windkraft und eine Solarpflicht für alle Neubauten unbedingt dazu. Es gilt: so viel Wind und Sonne wie möglich”, so Mühlebach-Sturm.

Besonders besorgniserregend ist nach wie vor der viel zu hohe Flächenverbrauch in Niederbayern. 2021 wurden 887 Hektar verbraucht (Bayern 2021: 3757 ha, Niederbayern hat hier einen Anteil von 23,6 Prozent, hat aber mit 1,25 Millionen, nur 9,5 Prozent Einwohner und nur 1/7 der Fläche). „Der Bürgerprotest in Straßkirchen/Irlbach im Landkreis Straubing-Bogen gegen das geplante BMW Batteriewerk zeigt, dass die Bürger*innen in Niederbayern die Dramatik des Flächenverbrauchs begriffen haben. Wir fordern hier eine verbindliche Obergrenze, die dann auch bei Gewerbeansiedlungen greifen kann”, so der BN-Landesbeauftragte Martin Geilhufe.

Das „Problemkind“ in Niederbayern ist und bleibt der Bereich Verkehr. Niederbayern und hier speziell die Landkreise Straubing-Bogen, Rottal-Inn und Dingolfing-Landau sind laut einer Studie der Allianz Pro Schiene aus dem Jahr 2021 Schlusslichter in Deutschland, was den ÖPNV anbelangt. Eine Online-Umfrage des BN zum 9-Euro-Ticket mit fast 10.000 TeilnehmerInnen hat gezeigt, dass die Niederbayern besonders unzufrieden mit dem ÖPNV-Angebot sind. Dem gegenüber steht die Planung und Realisierung vieler Straßenprojekte wie etwa der B15 neu, der sechsspurigen Erweiterung der A3 zwischen Deggendorf und Hengersberg sowie die Ortsumfahrungen Geiselhöring, Ruhmannsfelden oder Schweinhütt. „Dieses Missverhältnis gilt es aufzuarbeiten. Wir fordern hier die Überarbeitung des Bundesverkehrswegeplans, denn keines der Straßenprojekte in Niederbayern ist noch mit dem Klimaschutz vereinbar. Das Geld muss in Zukunft in den ÖPNV fließen“, erklärt Mühlebach-Sturm.

Für den Öffentlichen Personennahverkehr sieht der BN in Ostbayern also starken Handlungsbedarf: Im Bahnverkehr braucht es bessere Takte (mindestens Halbstundentakt als Regionalverkehrsangebot und Stundentakt im Fernverkehr), verlässliche Anbindungen und ausreichende Kapazitäten. Der geplante Ausbau der Bahnstrecke Landshut–Plattling auf 14 Kilometern ist dabei ein erster, wichtiger und guter Schritt, sollte allerdings natur- und umweltverträglich erfolgen. Der BN sieht den Bedarf regionaler Mobilitätskonzepte, die über die Landkreisgrenzen hinausgedacht werden – hier sind die Kommunen und Landkreise gefragt.

Gute und erfreuliche Fortschritte meldet der BN in den Arten- und Naturschutzprojekten in Niederbayern. Das gemeinsame Kiebitzschutzprojekt von LPV (Landschaftspflegeverband), BN, Bauernverband und LBV (Landesbund für Vogelschutz) in Dingolfing-Landau zeigt erste Erfolge. Hier konnten 2022 31 Landwirte gewonnen werden, die auf einer Gesamtfläche von 120 Hektar gegen Entschädigung später im Frühjahr mit der Bewirtschaftung begonnen haben. Das Ergebnis waren 113 überlebende Küken. Der Landkreis hat mit 600 bis 700 Brutpaaren einen Großteil des Kiebitzbestandes Bayerns.

Zum Schutz des gefährdeten Feuersalamanders hat der BN zusammen mit dem LBV und dem Landesverband für Amphibien- und Reptilienschutz (LARS) ein gemeinsames Artenschutzprogramm ins Leben gerufen, welches von der Staatsregierung mit 1,7 Millionen Euro gefördert wird. In Niederbayern (Dingolfing-Landau, Rottal-Inn und Passau) liegt eines der acht Schwerpunktgebiete. Der BN hat hier mit Larvenzählungen an Gewässern und der Kontrolle von bekannten Laichgebieten begonnen, um die Größe und den Zustand der dortigen Populationen zu ermitteln sowie ggf. Bedarf an lebensraumoptimierenden Maßnahmen festzustellen. Ein Aufruf zur Meldung von Feuersalamandern brachte Rückmeldungen aus sieben von neun Landkreisen.

Mit einer Kampagne gegen Lichtverschmutzung hat sich die Kreisgruppe Landshut eines Problems angenommen, das in der Öffentlichkeit noch zu wenig Beachtung findet. „Der beste Schutz für Insekten ist es, nächtliches Licht im Garten ganz zu vermeiden. Der Hausbesitzer selbst hat nichts davon, Insekten aber sehen das Licht, werden davon angezogen und verenden an Nahrungsmangel”, erklärt Heinrich Inkoferer, stellv. Vorsitzender der Kreisgruppe Landshut. Der BN möchte hier verstärkt auch auf die Kommunen zugehen, die hier eine große Verantwortung tragen.