Durchsuchen Sie unser Wissen

Zur Startseite

Eichhörnchen beobachten und melden

Themen

  • Übersicht
  • Klimakrise

Tiere und Pflanzen

Staatsregierung macht Weidetierhaltern falsche Hoffnungen

Minister Kaniber und Glauber legen Weidegebiete auf Almen und Alpen fest, in denen Herdenschutz ihrer Meinung nach nicht möglich ist. BN widerspricht dieser Darstellung. Abschuss kann dadurch nicht gerechtfertigt werden.

02.11.2022

Der BUND Naturschutz in Bayern kritisiert die Festlegung von Weidegebieten als „nicht zumutbare schützbare Weidegebiete“ als Augenwischerei. „Den betroffenen Weidetierhaltern in den nicht schützbaren Weidegebieten wird suggeriert, es gäbe eine Abschussgarantie für Wölfe. Genau diese kann es aber schon allein aus rechtlichen Gründen nicht geben“, so Richard Mergner, Vorsitzender des BN. „Auch rein praktisch ist der Schutz der Weidetiere mit dem Gewehr aufgrund der hohen Mobilität der Wölfe nicht zu bewerkstelligen.“

In den „nicht zumutbar schützbaren Weidegebieten“ kommt laut Aktionsplan der Staatsregierung ein Wolfsabschuss bereits bei einer Gefährdung von Nutztieren in Betracht, ohne dass alternative Maßnahmen wie Herdenschutz angewandt werden müssen. „Trotz angeblicher Unzumutbarkeit eines Herdenschutzes dürfen die hohen Anforderungen der FFH-Richtlinie und des Bundesnaturschutzgesetzes zum Abschuss des Wolfes nicht aufgeweicht werden“, so Beate Rutkowski, stellvertretende Vorsitzende des BN. „Dies betrifft zunächst einmal die Einschätzung der Zumutbarkeit der Zäunbarkeit. Aber auch die Möglichkeiten des Schutzes durch Herdenzusammenlegung, Behirtung und Herdenschutzhunde scheinen kaum berücksichtigt worden zu sein.“

Auf der Internetseite des Landesamtes für Umwelt ist zwar die Kartieranleitung für die Zäunbarkeit zu finden (Bewertung durch den BN: sh. Hintergrund), es ist allerdings keine Information verfügbar, auf welche Art der Einsatz von Herdenschutzhunden oder die Einführung einer ständigen Behirtung geprüft wurde.

Uwe Friedel, Wolfsexperte des BN kritisiert, dass den Weidetierhaltern in den „nicht schützbaren Weidegebieten“ die falsche Hoffnung gemacht werde, dass sich durch vereinfachte Wolfsabschüsse Angriffe auf Weidetiere verhindern ließen. Doch Wölfe überwinden in Kürze weite Distanzen und so kann es bei Weidetieren ohne Herdenschutz jederzeit zu Rissen kommen. „Hier ist Frust bei den Tierhaltern vorprogrammiert, die im falschen Glauben gelassen werden, der Schutz wäre mit dem Gewehr zu bewerkstelligen“.

Friedel betont: „Ohne Frage ist Herdenschutz im Berggebiet eine große bis sehr große Herausforderung und es gibt sicher auch Flächen, auf denen Herdenschutz nicht zumutbar umsetzbar ist. Gerade deswegen sind kreative Lösungen gefragt. Dank der Förderrichtlinie für den investiven Herdenschutz werden die Tierhalter*innen mit den investiven Kosten nicht allein gelassen, die auch in den nicht schützbaren Weidegebieten erstattet werden. Wir kämpfen dafür, dass auch die laufenden Kosten des Herdenschutzes erstattet werden und engagieren uns im Projekt LIFEstockprotect dafür, dass Weidetierhalter umfassend über alle Möglichkeiten des Herdenschutzes praxisnah informiert werden.“

 

Hintergrund:

Bewertung der Bewertungsparameter, durch die eine „nicht zumutbare Zäunbarkeit“ definiert wird:
 

  • Beim Bewertungsparameter „Hangneigung“ wurde die Zumutbarkeit deutlich zu niedrig angesetzt. Diese gilt bereits ab einer Neigung von 40% (vier Meter Höhenunterschied auf 10 Meter Länge) auf 15% der Zaunlänge. Bei dieser Neigung ist eine Zäunung zwar erschwert, aber nicht so sehr, dass eine Zumutbarkeit generell ausgeschlossen werden kann.
  • Durch den Bewertungsparameter „Waldweiden im Weiderechtsbezirk“ werden diese Flächen grundsätzlich als nicht zumutbar zäunbar definiert. Es müssten allerdings weitere Faktoren wie Hangneigung, Grabbarkeit u.a. betrachtet werden um eine zumutbare Zäunbarkeit von Waldweideflächen auszuschließen.
  • Durch die Bewertungsparameter „Weg schneidet Feldstück“ und „Gewässer schneidet Feldstück“ werden Feldstücke, die durch einen Weg oder ein Gewässer geschnitten werden, grundsätzlich als „nicht zäunbar“ eingestuft. Dies ist aus fachlicher Sicht abzulehnen, da es für diese Fälle technische Lösungen gibt (z.B. selbstschließende Herdenschutz-Weidetore). Die Einstufung ist nur in Einzelfällen vorzunehmen, wenn die verfügbaren technischen Lösungen nicht anwendbar sind.
  • Durch den Bewertungsparameter „Einsprungmöglichkeit“ werden Feldstücke mit natürlichen Einsprungmöglichkeiten grundsätzlich als „nicht zäunbar“ eingestuft. Auch diese grundsätzliche Einstufung ist abzulehnen, da durch eine Versetzung des Zaunes o.ä. die Einsprungsmöglichkeit aufgehoben werden kann.
  • Durch den Bewertungsumfang „Feldstücksumfang und - geometrie“ werden Feldstücke mit einem Umfang größer als fünf Kilometer und einer nicht nachvollziehbaren Parzellierung bzw. Fläche kleiner als ein Hektar und mit langgezogener und schmaler Form als nicht zumutbar zäunbar definiert. Hier ist kritisch zu hinterfragen, wie eine „nicht nachvollziehbare Parzellierung“ festgestellt wird, und ob durch das gemeinsame Einzäunen mehrerer schmaler Flurstücke eine ausreichende Breite wieder erreicht werden kann.

 

Internetlinks:

Weitere Informationen zum Wolf: https://www.bund-naturschutz.de/tiere-in-bayern/wolf

Weitere Informationen zum Herdenschutzprojekt: www.lifestockprotect.info