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Tiere und Pflanzen

Geschichte des Nationalparks Bayerischer Wald

1970 wurde eine Idee des BUND Naturschutz Wirklichkeit: Deutschlands erster Nationalpark, im Bayerischen Wald. Unter dem Motto "Natur Natur sein lassen" entwickelte sich der Park zu einem internationalen Highlight des Naturschutzes.

Die Geschichte des Nationalparks ist verbunden mit einem Mann, der immer wieder anschob, motivierte, aufklärte. In den 60er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts hatte es einen massiven Streit über die zukünftige Nutzung des Rachel-Lusen-Gebiets im Bayerischen Wald gegeben. Neue Skigebiete, Lifte, Seilbahnen, Sprungschanzen sollten der Waldregion Gäste und Einnahmen garantieren. Hubert Weinzierl, von 1969 bis 2002 Vorsitzender des BUND Naturschutz, war damals ehrenamtlicher Naturschutzbeauftragter der Regierung von Niederbayern und kämpfte dagegen vehement an. Er wurde vom damaligen Regierungspräsidenten Johann Riederer mit einer zentralen Herausforderung traktiert: „Wenn Sie dort oben am Rachel und Lusen keinen Skizirkus wollen, dann müssen Sie mir etwas anderes offerieren, was im Jahr 200.000 Touristen bringt.“

Und Weinzierl offerierte – erfolgreich! Mit dem BUND Naturschutz führte er die Nationalparkidee des Umweltschutzes und das Tourismusinteresse der Kommunen und Landkreise zusammen, suchte sich Verbündete wie den berühmten Tierfilmer und Zoodirektor Bernhard Grzimek. Zusammen überzeugten sie Öffentlichkeit und politische Entscheidungsträger. 

Die härtesten Widerstände kamen von der Staatsforstverwaltung. Erst als 1969 Dr. Hans Eisenmann Landwirtschaftsminister wurde, war der Weg frei. Am 11. Juni 1969 beschloss der Landtag einstimmig, zwischen Rachel und Lusen einen Nationalpark mit einer Fläche von circa 13.000 Hektar zu schaffen. Auch engagierte Lokalpolitiker setzten sich für den Nationalpark ein, um in einer bis dahin armen, strukturschwachen Region neue Impulse für den Tourismus zu schaffen. Am 7. Oktober 1970 wurde der Nationalpark Bayerischer Wald feierlich eröffnet. Ein großer Erfolg für den BN, der sich nicht nur mit Worten für den Nationalpark engagierte: Die Eröffnungsfeier organsierte Helmut Steininger, der langjährige Landesgeschäftsführer des BUND Naturschutz. Zudem stellte der BN auch Geld für die Ausstattung der Tierfreigehege zur Verfügung. 

Bemerkungen über den Rothirsch

Verantwortlich für die Umsetzung des Landtagsbeschlusses war das neu geschaffene Nationalparkamt, das aber für Wald und Wild im Nationalpark zunächst keine Zuständigkeit hatte. Die blieb bei den fünf Forstämtern. Schon im ersten Jahr begannen die Konflikte. Bei einer Inventur wurde festgestellt, dass 3.000 (!) der 13.000 Hektar Nationalparkwälder massiv vom Rotwild geschädigt waren. Jahrelang waren Hirsche „gezüchtet“ worden und hatten die Rinde der Bäume „geschält“. Durch zu hohe Rehbestände wuchsen keine Tannen mehr nach. Der ursprüngliche Fichten-Tannen-Buchenwald wandelte sich dadurch in Fichten-Buchen- und reine Fichtenbestände.

Als die BN-Mitglieder Hans Bibelriether und Georg Sperber vom Nationalparkamt diese Zustände öffentlich machen wollten, wurde ihnen dies vom Ministerium untersagt. Ein sogenannter „Wildschadenspfad“ durfte nicht angelegt werden. Es gelang den beiden aber, den damals bekanntesten und einflussreichsten Tierfilmer – und Mitglied des BN-Beirates – Horst Stern für das Thema zu interessieren. Sein Film „Bemerkungen über den Rothirsch“, der an Heiligabend 1971 in der ARD ausgestrahlt wurde, sollte das Denken über die Jagd und die Machtposition der Jäger in Deutschland nachhaltig verändern.

Hans Eisenmann: Minister mit Weitblick

Das Nationalparkamt hatte die volle Unterstützung von Minister Hans Eisenmann. Geplante 130 Kilometer neue Forststraßen durften nicht mehr gebaut werden. Man nahm die noch vorhandenen gut 800 Hektar alter, ursprünglicher Bergmischwälder aus der Nutzung, außerdem bereits 1972 über 1.000 Hektar vor allem alter Bergfichtenwälder. Nachdem die 25 Rotwildfütterungen durch drei Wintergatter ersetzt worden waren und die Rehwildfütterung eingestellt war, ging der Wildverbiss entscheidend zurück.

Im Frühjahr 1972 warf ein Sturm viele Fichten zu Boden, rund 5.000 Kubikmeter Holz. Mit größter Mühe gelang es gegen den Willen der Forstämter im Nationalpark rund zehn Prozent davon liegen zu lassen. Ein Glücksfall, wie sich zehn Jahre später zeigte, als ein Gewittersturm Fichten auf rund 90 Hektar umriss. Denn nachdem Hans Eisenmann zusammen mit den Mitgliedern des Nationalparkbeirates eine Sturmfläche von 1972 gesehen und festgestellt hatte, welch artenreicher junger Wald dort inzwischen entstanden war, entschied er, dass die Windwürfe liegen bleiben. Seine Aussage „Wir wollen einen Urwald für unsere Kinder und Kindeskinder“ war entscheidend für die Zukunft des Nationalparks und ein Wegweiser für ein neues Naturschutzziel.

Als 1986 die erste Borkenkäfer-Massenvermehrung stattfand, wurde entschieden, dass in den Wäldern in der Naturzone auch der Borkenkäfer nicht bekämpft wird. Hans Bibelriether prägte damals die heute noch gültige Kernaussage „Natur Natur sein lassen“. Dies bedeutet in der Praxis, die Waldbestände im Nationalpark den Kräften der Natur zu überlassen.

1,3 Millionen Nationalpark-Besuche pro Jahr

Und heute? "750.000 Besucher pro Jahr kommen gerade wegen der für Mitteleuropa einmaligen Waldentwicklung in den Nationalpark, der damit auch einen wichtigen 'Job-Motor' für die Region bildet", konstatierte der damalige Bayerische Umweltminister Markus Söder zum 40-Jährigen des Nationalparks im Jahr 2010. Mittlerweile zählt man sogar über 1,3 Millionen Besuche im Jahr (Stand 2020). 

Somit sichert der Park rund 1.000 Arbeitsplätze im Inneren Bayerischen Wald. Und der BUND Naturschutz ist bis heute "Partner des Parks", wie Franz Leibl sagt, Leiter des Nationalparks bis 2023, denn der BN hat den Park nicht nur initiiert. Bis heute setzt er sich immer wieder für die entstehende Waldwildnis im Nationalpark ein. 

Nationalpark Sumava und Erweiterung im Falkensteingebiet

1991 wird auf tschechischer Seite der Nationalpark Sumava gegründet mit 68.520 Hektar, der "große Bruder" (Emerenz Meier) des Bayerischen Waldes. 1992 wurde mit der Nationalparkverordnung das Rechtsinstrument erlassen, das den rechtlichen Rahmen für die Entwicklung und das Management des Nationalparks Bayerischer Wald vorgibt. Im Vordergrund: der Schutz der natürlichen Dynamik. 

Wofür Hubert Weinzierl beständig gekämpft hat, erfolgt im Jahr 1997: eine Neufassung der Verordnung und eine Ausweitung des Nationalparks um die Falkenstein-Gebiete im Landkreis Regen auf 24.300 Hektar. Zum 1. August 1997 wird die Erweiterung beschlossen. Regional mit eingebunden ist der Kommunale Nationalparkausschuss, der alternierend von den Landräten von Regen und Freyung-Grafenau geleitet wird.