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Kein ICE-Werk Nürnberg im Reichswald – für eine Alternative im Hafen
Der BUND Naturschutz (BN) begrüßt den Ausbau der Bahn als Teil der notwendigen Verkehrswende. Doch die Deutsche Bahn AG will dazu ein großes ICE-Ausbesserungswerk bauen – ausgerechnet im geschützten Bannwald und im europäischen Vogelschutzgebiet des Nürnberger Reichwaldes. Mit dem Vorschlag des BUND Naturschutz, das ICE-Werk auf dem Gelände des Nürnberger Hafens zu errichten, gibt es eine realistische Alternative, die wertvollen Gebiete im Reichswald zu verschonen.

Ende September 2020 lobte sich der ehemalige Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) in Nürnberg selbst, weil bei Bundesvorhaben erstmals mehr Geld in die Schiene als in die Straße fließen soll. Ein überfälliger Schritt, den der BN seit Jahrzehnten ebenso beharrlich wie bislang erfolglos gefordert hatte, um der Klimakrise zu entgehen und den Flächenfraß durch Straßenbau zu beenden. Mit dem sogenannten Deutschlandtakt soll die Anzahl der Reisenden im Fernverkehr der Bahn verdoppelt werde, was der BN absolut begrüßt.
Die für die Natur- und Umweltschützer*innen weniger erfreuliche Nachricht: Es werden keine Autobahnplanungen wie der Ausbau der A3 oder der A6 gestrichen. Die Deutsche Bahn AG (DB) will aber ein großes ICE-Ausbesserungswerk bauen und hat sich auf Standorte bei Nürnberg versteift. Das Werk soll, geht es nach der DB, im Nürnberger Reichswald gebaut werden.
Die gute Nachricht ist, dass mit dem Vorschlag, das ICE-Werk auf dem Gelände des Nürnberger Hafens zu errichten, eine realistische Alternative besteht, die wertvollen Gebiete im Reichswald zu verschonen.
Argumente gegen den Bau des ICE-Werks Nürnberg im Reichswald
Eine ganze Reihe von Argumenten spricht gegen den Bau des ICE-Werks im Nürnberger Reichswald. Erfahren Sie hier, wieso der BUND Naturschutz dieses Vorhaben ablehnt.
Durch die Abholzung und Versiegelung einer derart großen Fläche würde der Klimawandel (siehe auch Klimakrise) beschleunigt. Eine Ersatzaufforstung kann erst nach 60 bis 90 Jahren annähernd so wirksam werden, sofern sie bei zunehmender Trockenheit überhaupt anwächst. Franken wird nach der Klima-Prognose des bayerischen Umweltministeriums bis zum Jahr 2100 innerhalb Bayerns am härtesten unter dem Klimawandel zu leiden haben. Es drohen tropische Nächte in den Städten sowie Dürre und Starkregen in ganz Franken. Alle drei von der Bahn vorgeschlagenen Flächen sind als regionaler Klimaschutzwald eingestuft. Deshalb fordern wir den Schutz des Waldes aus Klimaschutzgründen und als Vorsorge gegen Hitze und Dürre in Franken.
Für den Großraum Nürnberg mit einer Million Einwohner*innen, besonders aber für die Feuchter, Wendelsteiner und Allersberger Bevölkerung sind der Wald am Jägersee und bei Harrlach wichtig für die Naherholung. Sie sind als Waldflächen für die Erholung eingestuft. Würde das ICE-Werk dort errichtet, würde dies einen weiteren erheblichen Verlust des Erholungsraums im Reichswald bedeuten.
Der Reichswald ist ein wichtiger Lieferant von sauberem Trinkwasser. Bereits jetzt liegen in weiten Teilen Bayerns die Grundwasserstände sehr niedrig, dies wird sich aufgrund häufigerer Trockenheitsperioden verschärfen. Durch die Rodung und Bodenversiegelung ginge die Schere zwischen Grundwasserneubildung und Wasserverbrauch noch weiter auf. Das gesamte Gelände bei Harrlach ist z.B. Trinkwassereinzugsgebiet der Region und der Stadt Fürth (infra). Es liefert Trinkwasser in Mineralwasserqualität, hier ist der Grundwasserspiegel bereits um 1,5 Meter gesunken. Im geplanten ICE-Werk würden täglich ca. 240.000 Liter verbraucht!
Der Reichswald ist ständig von Eingriffen bedroht (siehe auch Reichswald) wie Autobahnausbauten, Flughafenzubringer, weitere Sandabbauvorhaben (Seelach, Birkensee) und Gewerbegebietsplanungen (bei Lauf, Röthenbach, Allersberg). Das ICE-Werk würde zu einer weiteren Zerschneidung der schon stark segmentierten Waldgebiete und zu einer möglichen Siedlungsbrücke zwischen Feucht und Nürnberg führen.
Durch die geplanten Rodungen würden artenreiche Waldbestände zerstört, die nach europäischem Recht als Vogelschutzgebiet ausgewiesen sind, um gefährdete oder typische Lebensräume und Arten zu erhalten. Alle drei vorgeschlagenen Gebiete sind artenreich, das MUNA-Gelände ist seit 70 Jahren eine unberührte, sich selbst überlassene Fläche und damit ein Langzeitexperiment zur Artenentwicklung. Südlich der Muna liegen wertvolle Spechtvorkommen, im Wald bei Harrlach befindet sich eines der wichtigsten Auerwildvorkommen. Auch die drohende Lichtverschmutzung mitten im Wald gefährdet viele Arten. Durch das ICE-Werk droht die Zerstörung von Wald im Vogelschutzgebiet und der Verlust von artenreichen Lebensräumen für Ziegenmelker, Gelbbauchunke, Kreuzotter, Auerhahn und Co.
Die Standorte im Bannwald lehnt der BN strikt ab. Bannwald ist die höchste Schutzkategorie nach dem Bayerischen Waldgesetz und nach Definition des bayerischen Waldgesetzes unersetzbar, auch nicht durch Ersatzpflanzungen. Der Reichswald insgesamt ist von lebenswichtiger Bedeutung für die Menschen im Nürnberger Becken. Er ist unersetzlich für die Frischluftzufuhr und Abkühlung im Nürnberger Großraum, der nach der Klimaprognose des Bayerischen Umweltministeriums in den nächsten Jahren und Jahrzehnten eine bedrohliche Dürre und Hitze erleben wird. Und er ist lebenswichtig als Gebiet zur Trinkwassergewinnung. Schon aus diesen Gründen ist der Reichswald unantastbar.
Argument Ersatzaufforstung: Bei unabwendbaren Eingriffen muss in jedem Fall mindestens dieselbe Fläche an anderer Stelle ersetzt, das heißt aufgeforstet, werden. Dem steht entgegen:
- Probleme bei der Flächenbeschaffung: Die gerodeten Flächen müssen im Verhältnis 1:1 ausgeglichen werden. Inzwischen ist es jedoch schwierig, überhaupt an Ausgleichsflächen, die anschließend aufgeforstet werden können, heranzukommen. Größtenteils würde es sich um landwirtschaftliche Flächen handeln, die jedoch von den Landwirten nicht ohne weiteres abgetreten werden.
- Verzögerung der Wirkung und Unsicherheit der Ersatzaufforstung: Wenn gerodeter Wald durch Ersatzaufforstungen ausgeglichen werden soll, entsteht eine beträchtliche zeitliche Lücke, in der die Ausgleichswirkungen keineswegs zum Tragen kommen. Erst nach ca. 60-90 Jahren kann mit dem angestrebten Nutzen des Waldes gerechnet werden. Hinzu kommt die Gefahr, dass sich in der Zeit möglicherweise überhaupt kein gesunder Wald entwickeln kann, wenn ihm zunehmende Trockenheit und Wetterextreme zusetzen.
- Verlust CO2-speichernder Böden: Böden speichern CO2. Diese Funktion geht jedoch verloren, wenn sie versiegelt werden. Die Ersatzaufforstung würde auf unversiegelten Böden stattfinden, während die Flächen des ICE-Werks bebaut werden. Es kommt damit zu einem Nettoverlust CO2-speichernder Böden.

Durch das ICE-Werk würde die Lärmbelastung der Bevölkerung durch Huptests und Dauerlärm durch das Rangieren erheblich verstärkt. Der Verkehr auf den umgebenden Straßen würde deutlich erhöht, da der Pendelverkehr von 450 Arbeitskräften sowie die Lieferung von Ersatzteilen, Material und deren Entsorgung meistens über die Straße abgewickelt würden.
Die Situation auf dem ehemaligen Muna-Gelände (Munitionsanstalt) ist unübersichtlich. Eine Hoppla-Hopp-Sanierung und Bebauung der Muna mit dem ICE-Werk birgt Gefahren. Der Sarkophag (Sicherungsbauwerk) am Standort Muna/Jägerseeforst darf nicht beeinträchtigt werden. Eine Entmunitionierung der Muna Feucht sollte, wenn nötig, sorgfältig geplant und in Etappen durchgeführt werden.
Das ICE-Werk darf nicht zu Lasten von Mensch und Natur realisiert werden. Die EU-Vogelschutz-Richtlinie fordert zwingend eine Alternativenprüfung. Alle drei von der DB beantragten Standorte im Raumordnungsverfahren liegen im Vogelschutzgebiet Nürnberger Reichswald. Wo ist da die Alternative? Im Hafen Nürnberg besteht eine geeignete Alternative für das geplante Werk, die realisiert werden muss.
Der Widerstand der Umgebung ist durch 51.000 Unterschriften belegt, die bereits vor dem Raumordnungsverfahren gesammelt wurden. Jetzt brauchen wir wieder tausende Einwendungen im Raumordnungsverfahren. Jetzt unterzeichnen.
Alternativstandort Hafen Nürnberg

Der Nürnberger Hafen bietet sich als alternativer Standort zu den im Reichswald liegenden Flächen an. Trotzdem wurde er nicht ins aktuelle Raumordnungsverfahren aufgenommen. Aktuell liegt der Fokus des BN mit dem Bündnis "Rettet den Reichswald" auf der Durchsetzung der Lösung im Hafen.
Der BN ist grundsätzlich für einen Ausbau der Bahn als umweltschonendes Verkehrsmittel. Umso erfreulicher ist es, dass mit dem Vorschlag von Seiten des BN, Teile des Nürnberger Hafens für die Errichtung des ICE-Instandhaltungswerkes zu nutzen, eine konkrete und realistische Alternative zum Bau im Reichswald im Raum steht.
Der Projektleiter der DB für das ICE-Werk, Carsten Burmeister, hat nach vier Gesprächsrunden zwischen DB, Hafen, Stadt Nürnberg und BN bestätigt, dass dieses Werk planerisch und technisch dort realisiert werden könnte.
Für das ICE-Werk werden eines der beiden Hafenbecken und Gewerbeflächen insbesondere für die Disposition benötigt. In diesem Layout wird erstmals aufgezeigt, dass der Schwerlastkai vom Bahnbauwerk unberührt bliebe.
Obwohl solch positive Aussagen bezüglich der Realisierbarkeit des ICE-Werks im Nürnberger Hafen vorliegen, hat die DB diesen Standort bedauernswerterweise nicht in das aktuelle Raumordnungsverfahren aufgenommen.

Als Hintergrund gibt es zum einen die Erklärung der DB, der Standort sei „aus heutiger Sicht nicht geeignet, weil die DB nicht von sich aus über die benötigten Flächen verfügen kann“, und dass sie deshalb den Hafen nicht in das Raumordnungsverfahren einbringen will. Dass die DB nicht über die benötigten Flächen verfügt, gilt neben dem Hafen allerdings auch für die drei anderen Standorte, die von der DB in das Raumordnungsverfahren eingebracht wurden. Dort gehören die Flächen dem Bayerischen Staat (südlich Muna/Jägersee), der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Muna Feucht) oder privaten Waldbesitzern (Harrlach). Der Bezug auf die Nichtverfügbarkeit der von der DB benötigten Flächen wird nur im Hafen hergestellt, obwohl er bei den anderen Standortflächen genauso gegeben ist.
Das Bündnis „Rettet den Reichswald“
Der BN hat sich mit vielen weiteren Organisationen zusammengeschlossen, um gemeinsam gegen das geplante ICE-Werk Nürnberg im Reichswald vorzugehen. Um diesen Bau und weitere Eingriffsvorhaben abzuwenden hat sich eine Vielzahl verschiedener Gruppen zusammengeschlossen, die nun gemeinsam das große Bündnis „Rettet den Reichswald“ bilden. Sie alle ziehen in dieser Form gemeinsam an einem Strang, um die weitreichenden negativen Auswirkungen eines ICE-Werks im Reichswald zu verhindern. Der Vorwurf mancher politischen Funktionsträger*innen, hier agierten Bürger*innen nach dem Motto „Not in my backyard“ wird durch das Bündnis widerlegt.
Wer meint, hier ginge es nur um den Wald vor der Haustür, täuscht sich. Dem Bündnis geht es um den ganzen Reichswald!
Neben dem aktuellen Thema „ICE-Werk“ sollen auch weitere geplante Reichswaldeingriffe wie Amazon-Ansiedlung, Gewerbegebiete, Sandabbau, Straßenbau, PWC-Anlage oder Juraleitung P53 koordiniert angegangen werden.
Gemeinsam für die Rettung des Reichswalds
BUND Naturschutz in Bayern e.V., Landesverband BN-Kreisgruppen Erlangen, Nürnberg-Stadt, Nürnberger Land, Schwabach, Roth, Neumarkt, Fürth-Stadt (wg. Trinkwasser Harrlach)
Landesbund für Vogelschutz e.V.
Bürgerinitiative „Kein ICE Werk bei Harrlach“
Bürgerinitiative Röthenbach bei St. Wolfgang/Reichswald bleibt e.V.
Bürgerinitiative Kein ICE-Werk Schwarzenbruck
Bürgerinitiative Burgthann
Bürgerinitiative gegen die Waldzerstörung
artists4future
Bündnis „Nein zur Nordanbindung!"
BI KEIN! ICE-Werk im Raum Ezelsdorf | Postbauer-Heng
Bündnis „Rettet den Reichswald“ Feucht mit
- LBV Ortsgruppe Feucht
- BN-Ortsgruppe Feucht
- BN-Ortsgruppe Wendelstein
- DAV Sektion Feucht
- BI Kein ICE-Werk in und südlich der Muna
- Waldsiedlung Weißensee Feucht e.G.
- BI Pro Grün in Feucht und Moosbach
- Bürgerinitiative gegen die Waldzerstörung Feucht
- BI Ja zum Reichswald-Nein zur Juratrasse Feucht
- Jagdschutz- und Jägerverein Nürnberger Land
- SPD Feucht
- SPD-Ortsvereine Wendelstein
- CSU Feucht
- Bündnis 90-Die Grünen Feucht
- Bündnis 90-Die Grünen Wendelstein
- UCS Die Unabhängigen Feucht
- Freie Wähler Feucht
Bei Bauvorhaben, die landesweit von Bedeutung sind, weil sie beispielsweise wie im aktuellen Fall Europäisches Vogelschutzgebiet und/oder Trinkwasserschutzgebiete betreffen, wird in der Regel ein Raumordnungsverfahren angeordnet, in dem intensiv auf die beantragten Standortvorschläge eingegangen wird.
Das laufende Raumordnungsverfahren wurde – zunächst gegen den Willen der Deutschen Bahn – von der Regierung von Mittelfranken eingefordert. In das Raumordnungsverfahren zum Standort des geplanten ICE-Instandhaltungswerks hat die DB drei Standorte aufgenommen. Alle drei liegen in Gebieten des Reichswaldes und würden mit Rodungen auf einer Fläche von 35-46 ha einhergehen. Damit wäre der Eingriff erheblich.
Hier finden Sie die offiziell veröffentlichten Unterlagen von der Regierung von Mittelfranken zum Raumordnungsverfahren hinsichtlich des ICE-Werks.
Die folgende Karte gibt einen Überblick über die Lage und Größenverhältnisse der in das Raumordnungsverfahren eingebrachten Standorte.