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Tiere und Pflanzen

Tierische Geschäfte - Massentierhaltung erhöht Seuchengefahr und Tierleid

Bund Naturschutz fordert Änderung der Geflügelpestverordnung - Tipps für Weihnachtsbraten mit gutem Gewissen

12.12.2008

Die Tötung von über 400.000 Mastenten in Bayern im letzten Jahr wegen Vogelgrippeausbruchs in 4 Landkreisen hat die bayerischen Steuerzahler 2,5 Mio € gekostet. Zahlungen in dieser Größenordnung fielen deshalb an, weil zwei sehr große Entenmassentierhaltungen betroffen waren.  Entenmastbetriebe sind von Zahlungen in die Tierseuchenkasse freigestellt.

Der Bund Naturschutz (BN) kritisiert, dass Großunternehmen, wie z.B. die Entenmastfirma des Familienunternehmens Wichmann, die ihr Geld mit industriellen, tierquälerischen Haltungsformen verdienen,  im Falle eines Tierseuchenausbruchs einen staatlichen Entschädigungsanspruch ohne Obergrenze haben. „Durch die Haltung sehr vieler Tiere auf engem Raum ist im Fall des Ausbruchs einer Seuche der Gesamtbestand von Tötungsmaßnahmen bedroht, und das ist neben dem unermesslichen Tierleid auch sehr teuer“, so Marion Ruppaner, Agrarreferentin des Bund Naturschutz (BN). „Für die Entschädigung muss es Obergrenzen geben“, so Ruppaner, „damit die Unternehmen das wirtschaftliches Risiko Ihrer Billigproduktion zumindestens teilweise selbst tragen müssen“.

Die Massentierhaltung der Familie Wichmann hat in der Vergangenheit schon sehr oft  zu Kritik durch den Bund Naturschutz geführt. „Diese Form der Massentierhaltung ist nicht nur tierquälerisch, sie ist auch ethisch nicht zu verantworten", so Elisabeth Bahr, stellvertretende Vorsitzende der Kreisgruppe Höchstadt-Herzogenaurach des BN.

„Es müssen endlich auch industrielle Großbetriebe regelmäßig auf Vogelgrippe untersucht werden, und insbesondere auch die Entsorgungdes Entenkotes genauer unter die Lupe genommen werden“, forderte Bahr.

„Wie sich inzwischen gezeigt hat, ist der  Handel mit Wirtschaftsgeflügel der Hauptgrund für die Ausbreitung der Vogelgrippe. Tiefgefrorene Enten aus dem Ausbruch in Bayern gelangten 2007 sogar in den Handel und lösten weitere Ausbrüche in Brandenburg aus“, betonte auch Dr. Peter Petermann. Vogelgrippespezialist vom Wissenschaftszentrum Aviäre Influenza(WAI).

 

Planungssicherheit für Freilandgeflügelhaltung erforderlich

 

Die in den letzten Jahren in Südostasien aufgetretenen Fälle zeigen, dass Zugwege und Flugrouten der Wildvögel nicht mit den Ausbreitungswegen der Seuche übereinstimmten. Weder innerhalb Asiens noch von Asien nach Europa gibt es Zugrouten zwischen den betroffenen Gebieten. Andere Übertragungswege wie der Handel mit Geflügel und Wildvögeln, aber auch mit Geflügelprodukten und die Nutzung von Geflügelkot als Dünger, können den Verlauf der Seuchenausbreitung besser erklären als die Zugvogelhypothese, zumal im Sommer kaum Vogelzug erfolgt.

Das Virus ist wochenlang im Kot und anderem organischen Material überlebensfähig - laut Welternährungsorganisation bei niedrigen Temperaturen 30-35 Tage.

 

Der BN fordert deshalb eine Änderung der Geflügelpestverordnung, die derzeit   Freilandhaltung von Geflügel nur mit Ausnahmegenehmigung zulässt. Betriebe, die artgerechte Freilandhaltung praktizieren möchten, müssen jedoch  ihre Planungssicherheit wiedererhalten, so Ruppaner. Die Aufstallungspflicht gilt derzeit in Bayern für ca. 5% der Fläche, insbesondere in der Nähe von Brut- und Rastplätzen von Wildvögeln. „Das Friedrich- Loeffler- Institut (FLI) muss endlich andere Übertragungswege,  wie den Handel, die Ausbreitungswege an Gewässern durch im Freiland gelagerten Geflügelkot und  internationale Transporte von Bruteiern untersuchen, statt an der Wildvogelübertragungsthese festzuhalten“, so Ruppaner abschließend.

 

Weihnachtsbraten mit gutem Gewissen


Chemikalienverseuchte chinesische Milchprodukte und dioxinbelastetes  irisches Schweinefleisch, Meldungen über Salmonellenbelastung oder Erreger wie Campylobacter in Fleisch haben  wieder einmal deutlich gezeigt, dass Massenproduktion für den nationalen und internationalen Handel mit Nahrung und Nahrungsbestandteilen höchst risikobehaftet ist.
Wer sich und die Umwelt vor den Gefahren der industriellen Fleischproduktion schützen will, sollte beim Einkauf auf ökologische Qualität achten - und öfter mal Essen ohne Fleisch genießen. Zum weihnachtliche Festtagsessen empfiehlt der BN  daher Braten aus tiergerechter und ökologischer Haltung, nach Möglichkeit aus der Region oder ein köstliches vegetarisches Menü.

Einkaufsadressen finden die Verbraucher unter: www.bund-naturschutz.de/fakten/landwirtschaft/oeko-lebensmittel/index.html .

Rezeptideen für das alternative Weihnachtsmenue gibt es unter:

www.vegetarische-weihnachten.de und www.vegetarisch-einkaufen.de

 

Für Presserückfragen:

Marion Ruppaner, BN-Agrarreferentin

Tel. 0911/81 87 8-20, Fax 0911/86 95 68, E-Mail: marion.ruppaner@bund-naturschutz.de

Elisabeth Bahr, BN Erlangen – Höchstadt, Tel. 09163-959075

 

Anlage zu BN- PM 124-08

 

Zur Rolle der Geflügel-Massentierhaltung

beim Auftreten der Vogelgrippe ("Klassische Geflügelpest")

in Mitteleuropa

 

Zusammenstellung nach Informationen der Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI), der OIE, GenBank, und anderen Quellen (siehe auch WAI - Wissenschaftsforum Aviäre Influenza; www.wai.netzwerk-phoenix.net)

 

1. Vogelgrippe ist eine Geflügelkrankheit ("Klassische Geflügelpest"). Sie entsteht, wenn gering pathogene (nur schwache Krankheitssymptome auslösende) Influenza-Viren längere Zeit in Geflügelbeständen zirkulieren, und dabei in hoch-pathogene Formen mutieren. Diese genetischen Mutationen, die bei verschiedenen Typen ("H5", "H7") von Influenza-Viren auftreten, sind bisher fast ausschließlich in Geflügelbeständen beobachtet worden. Die mutierten Viren können zwar auf wildlebende Vögel übertragen werden (selten auch auf Säugetiere), breiten sich aber in der Natur kaum aus und halten sich sogar unter günstigen Bedingungen nur eine begrenzte Zeit.

2. Seit etwa 10 Jahren wird weltweit eine Zunahme von Ausbrüchen von hoch-pathogener Geflügelpest beob­achtet. Die Ursache ist die Ausbreitung der Massentierhaltungen, durch die sich die Wahrscheinlich­keit der Entstehung von hoch pathogenen Viren erhöht hat. Gleichzeitig hat die weltweite Verknüpfung der Geflügel­industrie die Gefahr einer interkontinentalen Ausbreitung von Viren wesentlich erhöht. So bezieht z.B. Bangladesh Eintagsküken aus Frankreich und USA, deutsche Eintags­küken werden nach Japan exportiert, usw..

3. Die Verbreitung der Vogelgrippeviren erfolgt auf verschiedene Weise durch Handel mit Geflügel und Geflü­gel­produkten. Wegen der Fixierung auf eine angebliche Ausbreitung durch Wildvögel bleiben die tatsäch­lichen Zusammenhänge jedoch meistens ungeklärt. Hier wird eine völlig unbewiesene Hypothese, nämlich die angeb­liche Rolle von Wildvögeln, als billiges Alibi missbraucht, um die Rolle des Geflügelhandels zu vertuschen.

4. Dies gilt auch für den Vogelgrippeausbruch in Mastenten-Beständen in Mittelfranken. Offiziell ist die Herkunft der Viren und der Weg der Einschleppung bis heute ungeklärt. Die angebliche Einschleppung durch Wildvögel ist reine Phantasie und hat mit der Realität nichts zu tun.

5. Genetische Vergleiche zeigen, dass die H5N1-Asia-Viren ursprünglich aus russischen Geflügelbeständen in tschechisches Geflügel eingeschleppt worden sind. Von dort gelangten sie offenbar mit Legehennen, die nach Mittelfranken zum Schlachten geliefert wurden, in die Mastentenbestände. Nach Erkenntnissen des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI, das zuständige Referenzlabor) zirkulierten die Viren in diesen Beständen unerkannt mehrere Wochen lang. In dieser Zeit wurde ein Teil der Enten geschlachtet; mit Viren kontaminiertes Tiefkühl­geflügel gelangte in den Handel und wurde auch nach der Entdeckung der Ausbrüche Wochen später nicht zurückgerufen.

6. Die Viren gelangten auch in Gewässer, vermutlich durch Geflügelmist, der als Naturdünger im Sommer beim Durchzug einer Regenfront ausgebracht worden war. Da alle infizierten Wildvögel an Fischteichen gefunden wurden liegt auch ein Zusammenhang mit Düngung von Fischgewässern mit Geflügelmist, und/oder mit kontaminiertem Fischbesatz nahe.

7. Kurz vor Weihnachten 2007 infizierten Schlachtabfälle von tiefgekühlten Enten, die an Hühner verfüttert worden waren, mehrere kleine Geflügelbestände in Brandenburg. Nach Angaben des FLI waren die Viren praktisch identisch mit Viren aus Mastenten, die in Mittelfranken eingelagert waren. Das beweist, dass auch in Deutschland mit Vogelgrippeviren infiziertes Geflügelfleisch in den Handel gelangen kann, weil es keine angemessenen Kontrollen großer Geflügel-Massentierhaltungen gibt.

Zum Glück starben in Brandenburg in drei infizierten Kleinbeständen nur wenige Hühner und Gänse. Es ist jedoch unklar, ob die gleichzeitige Ausbruchsserie in Polen, die schwere Verluste in mehreren großen Geflügel­farmen (fast 700.000 getötete Puten und Legehennen) zur Folge hatte, ebenfalls durch dieses Tiefkühlgeflügel ausgelöst wurde.

8. Freilandhaltungen spielen bei der Ausbreitung der Vogelgrippe in Europa nachweislich überhaupt keine Rolle. Vogelgrippeviren vertragen weder Sonnenlicht, noch Austrocknung oder höhere Temperaturen; zudem hat sich gezeigt, dass Kontakte zu infizierten Wildvögeln in der Realität nicht vorkommen. Dennoch konzentrieren sich die prophylaktischen Gegenmaßnahmen auf Freilandhaltungen, die durch die 2007 novellierte Geflügelpest-Verordnung grundsätzlich verboten sind, und nur quasi per Gnadenerweis der lokalen Veterinärbehörden "ausnahmsweise" genehmigt werden können.

9. Fazit: Geflügel-Massentierhaltungen sind ein erhebliches Gesundheitsrisiko, da sie die Entstehung von hoch pathogenen Influenzaviren begünstigen. Gefährdet werden dadurch auch naturnäher wirtschaftende Geflügel­betriebe, aber auch Wildvögel. Die angeblichen Gegenmaßnahmen, insbesondere die Stallpflicht, haben sich als sinnlos, wenn nicht kontraproduktiv, erwiesen und sollten so schnell wie möglich beendet werden.

Gez. Dr. Peter Petermann,

64625 Bensheim,Tel.: 06251-72009 PPeterman@aol.com;www.wai.netzwerk-phoenix.net