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Bund Naturschutz zieht Grüne Bilanz 2003 in Niederbayern

Naturschutzmaßnahmen zur BN-Aktion "Bayerns Schönheit bewahren" standen im Vordergrund

27.02.2004

Die Bilanz 2003 des Bundes Naturschutz in Niederbayern belegt die vielfältigen Aktivitäten der neun niederbayerischen Kreisgruppen und ihrer Ortsgruppen, die im vergangenen Jahr geleistet wurden. Im Vordergrund stand dabei die Umsetzung der BN-Schwerpunktaktion "Bayerns Schönheit bewahren".

Hierzu führten die BN-Gruppen zahlreiche Maßnahmen zum Schutz der Natur und zur Bewahrung wertvoller Landschaftsräume durch. Besondere Bedeutung hatte dabei in vielen Kreisgruppen die Erhaltung und Renaturierung der Fließgewässer und Feuchtgebiete. So verstärkte die Kreisgruppe Dingolfing-Landau im vergangenen Jahr ihre Bemühungen zur Verbesserung des Naturschutzgebiets Königsauer-Moos im Rahmen des Wiesenbrüter-Biotopverbundprojekts im Isartal. Die Kreisgruppen Freyung-Grafenau und Passau setzen sich weiterhin speziell für den Schutz der Ilz und ihrer Nebenbäche ein. Der drohende Bau eines überdimensionierten Rad- und Wanderweges entlang der Ilz konnte auf Grund des Widerstands des BN und anderer Organisationen bereits 2002 gerade noch verhindert werden. Die Kreisgruppen vor Ort haben sich dann 2003 intensiv mit den neuen Planungen befasst. Es soll jetzt eine deutlich abgespeckte Variante realisiert werden, die den Naturhaushalt im NSG und FFH-Gebiet "Obere Ilz" weitestgehend schont und Beeinträchtigungen störungsempfindlicher Arten minimiert. Kritisiert hat der BN im Landkreis Freyung- Grafenau jedoch den Bau einer 2,5 km langen geteerten Skaterstrecke als Ergänzung des Langlaufzentrums Finsterau. Das geplante Vorhaben liegt im Landschaftsschutzgebiet und ist auf Grund der Arten- und Biotopausstattung naturschutzfachlich äußerst hochwertig. Zu befürchten ist, dass hier ohne erkennbares Gesamtkonzept ein großes Sport- und Veranstaltungszentrum entsehen soll, das einen der wertvollsten Naturräume Ostbayerns sukzessive entwertet und eine drastische Zunahme des motorisierten Verkehrs zur Folge hat. Wegen der überregionalen Auswirkungen des Vorhabens wäre deshalb zumindest die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens erforderlich gewesen und nicht, wie geschehen, lediglich eine Baugenehmigung durch das Landratsamt.

Bei den klassischen Artenschutzprojekten, die von allen Kreisgruppen kontinuierlich durchgeführt werden, reichte die Palette von speziellen Hilfsmaßnahmen, wie beispielsweise für die gefährdete Waldschnepfe im Landkreis Rottal-Inn, bis hin zu den nahezu flächendeckend durchgeführten Amphibienschutz-Aktionen. Auch landschaftspflegerische Maßnahmen, die zahlreiche BN-Gruppen regelmäßig durchführen, liefen weiter. So verstärkte beispielsweise die BN-Ortsgruppe Offenberg/Metten (Lkr. Deggendorf) die Arbeiten zur Erhaltung der kleinstrukturierten Kulturlandschaft im Vorderen Bayerischen Wald.

Erfolgreich war letztendlich der Protest der Kreisgruppe Landshut, wegen einem im November 2003 durchgeführten, 500 m langen Kahlschlag entlang der Bahnlinie nach Mühldorf durch die SüdostBayernBahn, einer Tochter der Deutschen Bahn AG. Auf Grund einer Ordnungswidrigkeitsanzeige beim Landratsamt hat der BN mittlerweile die definitive Zusage von Spitzenvertretern der DB, dass derart überzogene Maßnahmen zur Verkehrssicherung an keiner Bahnstrecke mehr erfolgen.
Aufgrund des Widerstandes der BN-Ortsgruppen Ortenburg und Fürstenzell, zusammen mit einer Bürgerinitiative, konnte 2003 der geplante Bau einer Asphaltmischanlage bei Kemating im südlichen Landkreis Passau verhindert werden. Dieser Erfolg ist auch auf ein von der BN-Ortsgruppe zusammen mit der Gemeinde Ortenburg in Auftrag gegebenes Flechtengutachten zurückzuführen, mit dem die vorhandene Luftschadstoffbelastung durch den bestehenden Kiesabbau sowie die Frischluftbereiche in diesem Raum ermittelt wurden.
Ein Schwerpunkt, der ebenfalls im Zusammenhang steht mit der BN-Aktion "Bayerns Schönheit bewahren", war im vergangenen Jahr natürlich erneut der Einsatz für die Erhaltung der frei fließenden Donau zwischen Straubing und Vilshofen. Wie bereits seit Jahren ist hierbei insbesondere das Engagement des BN im Landkreis Deggendorf hervorzuheben.
Trotz hoffnungsvoller Anzeichen im Jahr 2002, wie beispielsweise dem klaren Bundestagsbeschluss dass keine Staustufen errichtet werden und die gleichzeitige Aufforderung an die Bundesregierung das Raumordnungsverfahren für die so genannte Variante A einzuleiten, zeigte sich 2003 immer mehr, dass der Kampf für die Donau in Niederbayern noch längst nicht beendet ist. Die Bayerische Staatsregierung, allen voran Verkehrsminister Wiesheu, setzt nach wie vor auf den Bau von Staustufen und damit die Vernichtung des einmaligen Fluss-Ökosystems. Das Bundesverkehrsministerium hat zwar die Erstellung der Unterlagen für die Variante A in Auftrag gegeben, duldet aber offensichtlich die parallele Durchführung der Prüfung der staugestützten Varianten durch den Freistaat. Eine weitere Hiobsbotschaft kam von der EU-Kommission: im Bericht einer "hochrangigen Gruppe" für das Transeuropäische Verkehrsnetz (TEN) wird der Ausbau auf eine Fahrtiefe von mindestens 2,50 m und die Beseitigung von Engpässen im Bereich der gesamten Donau gefordert. Dies würde nicht nur die Zerstörung des Flusses im niederbayerischen Raum bedeuten, sondern in der Folge auch die wertvollsten noch existierenden Donau-Flussauen in Österreich oder Ungarn extrem gefährden. Um den Widerstand gegen die Kanalisierungspläne zu optimieren wurde beim 12. Internationalen Donaukongress am 6./7.12.2003 in Deggendorf ein Aktionsbündnis ins Leben gerufen, dem zunächst neben dem BN, der österreichische WWF und die Stiftung Euronatur angehören. Im weitergehenden Kampf um die Donau sind die Hauptforderungen und Ziele des BN in diesem Jahr die schnellstmögliche Einleitung des Raumordnungsverfahrens ausschließlich für die Variante A sowie die rasche Umsetzung natürlicher Hochwasserschutzmaßnahmen. Die anhaltende Hinhalte- und Verschleppungstaktik der Staatsregierung und der Kanalbaulobby muss jetzt endlich beendet werden. Am 20. Mai 2004 veranstaltet der BN deshalb ein großes Donaufest in Niederalteich, um überregional auf die aktuelle, nach wie vor bestehende Bedrohung der frei fließenden Donau durch die Ausbaupläne aufmerksam zu machen.

Großes Interesse in der Öffentlichkeit fanden 2003 erneut die regionale Umweltbildungsarbeit sowie die zahlreichen Naturerlebnisangebote aller BN-Gruppen. Hervorzuheben ist die Entwicklung eines "rollenden Umwelt-Klassenzimmers" der Kreisgruppe Kelheim. Mit einem ausleihbaren PKW-Anhänger, der mit allen notwendigen Utensilien zur Erforschung der Natur ausgestattet ist, soll insbesondere Kindern die Schönheiten ihrer Heimat und deren Lebensräume spielerisch nahe gebracht werden. Das Angebot wurde durchwegs positiv von Kindern, Jugendlichen und Lehrern angenommen. In diesem Jahr wird das rollende Klassenzimmer zusätzlich von einer Fachkraft betreut. Im Landkreis Landshut wurden 2003 vier neue BN-Kindergruppen ins Leben gerufen, womit es jetzt insgesamt dreizehn sind. Dies belegt den hohen Stellenwert, den die Kinder- und Jugendarbeit bei allen BN-Gruppen hat. Auf großes Interesse stieß 2003 auch die neue BN-Broschüre "Naturerlebnis Bayerischer Wald mit Bus und Bahn", in der 20 Wanderungen und Radtouren ausführlich vorgestellt werden.

Wie bereits seit vielen Jahren setzten auch 2003 die niederbayerischen BN-Gruppen ihre Bemühungen zur Förderung regenerativer Energiequellen fort. Hinzuweisen ist diesbezüglich insbesondere auf ein vom BN im Landkreis Dingolfing-Landau initiiertes und koordiniertes Bürgersolarkraftwerk-Projekt. So konnten im vergangenen Jahr drei Gemeinden (Moosthenning, Eichendorf, Frontenhausen) dafür gewonnen werden, Dächer öffentlicher Gebäude für "Bürgerfotovoltaikanlagen" zur Verfügung zu stellen. Die Anlagen gingen im Juli 2003 in Betrieb mit einem erwarteten Stromertrag von 88.580 kWh. Unter aktiver Beteiligung der BN-Ortsgruppe konnte 2003 auch das erste Bürgersolarkraftwerk in Bad Abbach (Lkr. Kelheim) eingeweiht werden. Niederbayern hat, nicht zuletzt wegen den zahlreichen Aktivitäten der BN-Gruppen, weiterhin bundesweit eine führende Position bei der Nutzung der Solartechnik, wobei Stadt und Landkreis Landshut den Spitzenplatz bei Fotovoltaikanlagen haben.

Eine große Enttäuschung war für den BN, als das dem Bundesumweltministerium unterstellte Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) am 22. September 2003 die "Atomrechtliche Genehmigung zur Aufbewahrung von Kernbrennstoffen am Standort-Zwischenlager Niederaichbach" erteilte. 70.000 Menschen hatten Einwendungen gegen die Einlagerung des hochradioaktiven Atommülls erhoben. Drei betroffene Anwohner haben gegen die atomrechtliche Genehmigung Klage beim bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingereicht. Sie werden juristisch und finanziell vom BN unterstützt. Eine Genehmigung zum Bau der Castor-Halle, für die der Landkreis Landshut zuständig ist, wurde noch nicht erteilt. Landrat Josef Eppeneder versicherte, dies vom Vorliegen einer rechtskräftigen atomrechtlichen Genehmigung, d.h. vom Ausgang der Klage abhängig zu machen.

Obwohl mittlerweile durch eine Studie der Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) allgemein bekannt ist, dass das Atomkraftwerk Isar 1 in Ohu nicht ausreichend gegen den Absturz moderner Militärflugzeuge oder eines Verkehrsflugzeugs geschützt ist, läuft der als unsicher qualifizierte Atomreaktor noch immer und stellt somit eine tickende Zeitbombe für die Bevölkerung dar. Auch das BfS wies vor kurzem unmissverständlich auf die Gefährlichkeit von Isar 1 hin und forderte die Betreiber zur Stilllegung auf. Damit wurden die bereits in den 70er Jahren vom BN gegenüber dem Bayerischen Umweltministerium mehrfach geäußerten Befürchtungen hinsichtlich nicht ausreichender Sicherheitsbestimmungen voll bestätigt. Der BN fordert daher die sofortige Stilllegung des Atomkraftwerks Isar 1.
Wie in anderen Teilen Bayerns drohen auch in Niederbayern zahlreiche überzogene und unnötige Verkehrsprojekte, die dem Ziel einer umwelt" und sozialverträglichen Verkehrspolitik diametral widersprechen. Beispiele hierfür sind: Die nach wie vor angestrebte "Nordtangente Passau", durch die Teile des Landschaftsschutzgebietes "Gaißatal" und des FFH-Gebiets Ilztal zerstört würden sowie der Aus- und Neubau weiterer Autobahnzubringern zur A 3 durch bisher relativ ruhige, unberührte Landschaften oder der Ausbau verschiedener Kreis-, Staats- und Bundesstraßen als neue Transitstrecken nach Tschechien und Österreich. Die betroffenen Kreisgruppen haben sich durch vielfältige Aktivitäten gegen diese Projekte engagiert und umweltverträglichere, flächensparende und naturschonende Alternativen, wie z. B. bestandsorientierte Lösungen aufgezeigt.
Ein Schwerpunkt der BN-Arbeit in Niederbayern bleibt auch heuer der Widerstand gegen natur- und landschaftszerstörende Straßengroßprojekte, wie z.B. die geplanten überdimensionierten Ausbaumaßnahmen zahlreicher Bundesstraßen (B 8, B 11, B 20, B 85, B 308, B 555) in der Region Donau-Wald oder der vorgesehene Bau der A 94 von Simbach bis Pocking und der autobahnähnlichen B 15 neu. Angesichts der bevorstehenden EU-Osterweiterung werden diese Vorhaben immer lauter und massiver gefordert.
Im Landkreis Regen wehrt sich der BN bereits seit Jahren gegen die geplante Ortsumgehung von Thalersdorf im Zuge der St 2132 von Kötzting nach Zwiesel. Das Projekt ist angesichts des sehr geringen, eher rückläufigen Verkehrsaufkommens absolut unnötig, würde 4 Millionen Euro kosten und ein naturnahes Bachtal zerstören. Um dieses Vorhaben doch noch zu verhindern, hat der BN jetzt eine Petition beim Landtag eingereicht.
Entschieden abgelehnt wird vom BN auch der Ausbau des Flugplatzes Landshut-Ellermühle. Die Erweiterung würde die Störungen und Beeinträchtigungen der umliegenden Ortsteile sowie einer großen Anzahl Erholungssuchender in diesem Naherholungsgebiet deutlich steigern. Außerdem hätte der Ausbau erhebliche negative Auswirkungen auf das angrenzende, offiziell gemeldete FFH-Gebiet Klötzlmühlbach.

Neben den Straßenbauprojekten stellt bayernweit der Flächenverbrauch durch neue Baugebiete eines der größten Umweltprobleme dar. Ein Beispiel für Fehlentwicklungen in diesem Bereich, mit dem sich der BN intensiver auseinandersetzte, ist das im Isartal geplante 30 ha umfassende Industriegebiet Gündlkofen (Gemeinde Bruckberg, Lkr. Landshut). Das Vorhaben wird vom BN, der Stadt Landshut und dem regionalen Planungsverband aus Gründen des Natur und Landschaftsschutzes abgelehnt. Als nicht notwendig, da kein schlüssiger Bedarfsnachweis existiert, hat die BN-Kreisgruppe Deggendorf auch die Planungen der Stadt Plattling für 22 ha neue Wohngebiete und fast 50 ha neue Gewerbe- und Industriegebietsflächen im Rahmen der Änderung des Flächennutzungsplans kritisiert. Eine besonders gravierende Fehlentwicklung ist weiterhin die regionalplanerische Festlegung von ca. 300 ha als Erweiterungsfläche/ Gewerbegebiet für den Freihaften Deggendorf. Bei dem naturschutzfachlich sehr wertvollen Areal handelt es sich außerdem um potentielle Auen-Standorte, die angesichts der Hochwasserproblematik als ökologische Rückhalteflächen dringend benötigt würden.

Trotz einiger herber Rückschläge und vieler ungelöster Probleme zieht der BN in Niederbayern insgesamt eine durchaus positive Bilanz seiner primär ehrenamtlichen Arbeit für den Natur- und Umweltschutz. Auch die Zahl der Mitglieder und Förderer im Regierungsbezirk stieg seit Januar 2003 von 14.835 auf 15.041 im Dezember und drei Kreisgruppen (Freyung-Grafenau, Passau, Rottal-Inn) konnten vergangenes Jahr ihr 30-jähriges Bestehen feiern.