Was interessiert Sie besonders?

Zur Startseite

Eichhörnchen beobachten und melden

Themen

  • Übersicht
  • Klimakrise

Tiere und Pflanzen

Klima- und Flächenschutz ist Hochwasserschutz

Bund Naturschutz fordert Konsequenzen für das neue bayerische Landesentwicklungsprogramm

20.11.2002

Für den Bund Naturschutz sind die sintflutartigen Regenfälle, tragischen Hochwasserereignisse und Stürme dieses Jahres Folgen des menschengemachten Klimawandels und hausgemachter Versäumnisse im vorbeugenden Klima- und Hochwasserschutz. Trotz allgemeiner positiver Nachhaltigkeitsziele im aktuellen Entwurf des neuen bayerischen Landesentwicklungsprogramm werden auch in Bayern keine ausreichenden Konsequenzen für eine klimaverträgliche Energie-, Verkehrs und Flächenschutzpolitik gezogen. Der Bund Naturschutz begrüßt die im Landesentwicklungsprogramm vorgesehene Pflicht zur Ausweisung von Hochwasserschutzflächen in den Regionalplänen, was einer langjährigen Forderung des Verbandes entspricht. Trotzdem droht der Bau neuer Straßen in bislang noch naturnahen Talauen. Nach wie vor verliert Bayern weiter sein Gesicht und mit der Zerstörung der landwirtschaftlichen Flächen ein Potential für nachhaltig umweltverträgliche Entwicklung. Mit der kommunalen Konkurrenz bei der Flächenausweisung sind Fehlinvestitionen und weitere kommunale Verschuldung vorprogrammiert. Angesichts immer erschreckenderer Ergebnisse neuer Untersuchungen zu den Auswirkungen des Klimawandels in Bayern fordert der Bund Naturschutz eine Klima- und Hochwasserschutzverträglichkeitsprüfung für Gesetze, Programme, Pläne und Projekte. Vom Bund über den Freistaat Bayern bis zu den Kommunen sind Konsequenzen für alle Planungs- und Genehmigungsverfahren zu ziehen, um weitere volkswirtschaftliche Schäden zu vermeiden und um den Ausstoß von klimaverändernden Gasen zu verringern. Der Bund Naturschutz appelliert an den bayerischen Landtag, an die Staatsregierung und das Parlament, im neuen Landesentwicklungsprogramm für eine deutliche Umkehr bei der Wohngebietsausweisung und der Gewerbeflächenpolitik zu sorgen. Ziel muss sein, dass ab 2010 keine neuen Flächen bebaut werden oder in dem Maß des Neubaus an anderer Stelle versiegelte Flächen renaturiert werden. Dies erfordert Vorrang für Flächenrecycling, Nachverdichtung und Umnutzung, Maßnahmen gegen die kommunale Konkurrenz bei Gewerbegebietsausweisungen und ein Ende des Straßenneubaus.


Vorbeugender Klima- und Hochwasserschutz im Siedlungsbereich

Der Bund Naturschutz begrüßt die im Landesentwicklungsprogramm vorgesehene Pflicht zur Ausweisung von Hochwasserschutzflächen in den Regionalplänen, was einer langjährigen Forderung des Verbandes entspricht. Bayern ist jedoch bundesweit Spitzenreiter beim Flächenverbrauch. Täglich werden rund 40 Fußballfelder für Infrastruktur- und Siedlungszwecke beansprucht. Ein nicht unerheblicher Teil dieser Baumaßnahmen wurde bislang auch in den Talauen durchgeführt und führte damit zum Verlust von Hochwasserrückhaltegebieten.

Seit dem ersten europäischen Naturschutzjahr im Jahr 1970 wurden in den alten Bundesländern rund 11 Milliarden Quadratmeter Land, meist landwirtschaftlich nutzbarer Boden, verbraucht. Von den 35 Millionen Hektar in Deutschland werden 4, 2 Millionen oder 11,8 Prozent als Siedlungs- und Verkehrsfläche genutzt. Die neuen Bundesländer ziehen im Flächenverbrauch nach. Allein die überörtlichen Straßen von der Autobahn bis zur Kreisstraße sind in diesem Zeitraum um 68.000 Kilometer auf eine Länge von 231.000 Kilometer erweitert worden. In Bayern gab es in diesem Zeitraum ein Wachstum um 4.500 auf 42.000 Kilometer im Jahr 2000. In nur 18 Jahren (1979 bis 1997), das heißt in nicht einmal einer Generation, wurde die bayerische Siedlungsfläche um 51 Prozent dramatisch ausgeweitet. Trotz aller aktueller politischer Aussagen der Staatsregierung zum Schutz der Landschaft und einer nachhaltigen Siedlungsentwicklung, insbesondere von Ministerpräsident Edmund Stoiber und Umweltminister Werner Schnappauf, ist eine Trendwende nicht in Sicht.

Eine besonders schlimmer Fall ist die geplante Ausweisung eines 1500 Hektar oder 2145 Fußballfelder großen Vorranggebietes für Gewerbegebiete und eine dritte Startbahn im Norden des Großflughafen München im Entwurf des neuen Landesentwicklungsprogramms. Dort drohen Ortschaften wie Eittinger und Schwaiger Moos bei einer Expansion des Flughafens der Abriss, da sie im Vorranggebiet liegen würden. Dabei wird im Landkreis Freising schon jetzt täglich mit 4577 Quadratmetern die eineinhalbfache Fläche des Münchner Marienplatzes zugebaut. Der Bund Naturschutz fordert den Stopp dieser Pläne sowie die Überprüfung aller kommunalen Flächennutzungspläne auf ihre Verträglichkeit mit dem Hochwasser- und Klimaschutz sowie ein Ende geplanter Flusskanalisierungen wie am Main und Straßenbauprojekten in Talauen.


Vordringlicher Handlungsbedarf im Energie- und Verkehrsbereich

Auf Landesebene ist derzeit kaum erkennbar, dass ressortübergreifend konsequenter Klimaschutz betrieben werden soll. Deutlich wird dies vor allem im Verkehrs- und Energiebereich. Neben der Ablehnung einer ökologischen Steuerreform, die nachweislich einen Beitrag zum Rückgang der Verkehrsleistung im Autoverkehr geleistet hat, setzt Bayern weiterhin auf den Neu- und Ausbau des Straßennetzes und Ausdehnung des Flugverkehrs statt einer konsequenten Förderung der Bahn und des öffentlichen Verkehrs. Allein für die Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplans hat die Staatsregierung 360 Straßenprojekte für 12,5 Milliarden Euro darunter den sechs- und achtstreifigen Ausbau des Autobahnnetzes und neue Autobahnen beispielsweise durch das Fichtelgebirge vorgeschlagen. Dem gegenüber hat der für den Schienenbereich verantwortliche Wirtschaftsminister Otto Wiesheu nur 14 Schienenprojekte vorgeschlagen und blockiert zudem die Reaktivierung von Schienenstrecken und neue Stadt-Umland-Bahnen in Ballungsräumen zugunsten von überflüssigen Prestigeprojekten wie dem Transrapid oder der ICE-Neubaustrecke Nürnberg-Erfurt. Das derzeit im Landtag diskutierte Landesentwicklungsprogramm, welches unter dem Schlagwort der "Nachhaltigen Entwicklung" fortgeschrieben werden soll, enthält keine verbindlichen Zielwerte für die Absenkung der Kohlendioxidemissionen im Verkehrsbereich, der einen Anteil von 20 Prozent am Ausstoß klimaverändernder Gase in Bayern ausmacht. Stattdessen wird im Landesentwicklungsprogramm für den Verkehrsflughafen Nürnberg eine zweite Start- und Landebahn freigehalten und der Neubau von Regionalflughäfen wie beispielsweise für Hof in Oberfranken gefordert. Im neuen Doppelhaushalt sollen allein für Hof 20 Millionen Euro bereitgestellt werden. Der Bund Naturschutz hat dagegen eine Reihe von Vorschlägen für eine klimaschutzverträgliche Mobilitätspolitik in Bayern in seiner Stellungnahme zum Landesentwicklungsprogramm vorgelegt.

Im Energiebereich werden von der bayerischen Staatsregierung die gesetzgeberische Rahmenbedingung zur Senkung des Kohlendioxidausstoßes, wie z.B. das Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz und das Erneuerbare Energien Gesetz kritisiert. Ebenso existiert keine ausreichende eigene Förderung erneuerbarer Energien. Gerade als Agrarland muss Bayern nach Ansicht des Bund Naturschutz die Bioenergien, wie Holz- und Biogas engagierter als bisher ausbauen. Statt einer Anweisung des Freistaates, öffentliche Gebäude für Mobilfunkantennen zur Verfügung zu stellen, sollten die Dachflächen für Sonnenstromanlagen genutzt werden.



gez.
Prof. Dr. Hubert Weiger
1. Vorsitzender

gez.
Richard Mergner
Landesbeauftragter