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Regierung von Oberbayern genehmigt Kormoranabschuss im Naturschutzgebiet Achenmündung

Mit der Genehmigung zum Abschuss von 145 Kormoranen in der Brutkolonie am Chiemsee während der Brutzeit verstößt Bayern gegen nationales und internationales Naturschutzrecht.

14.03.2002

Nach Auffassung des südbayerischen Artenschutzreferenten des BN, Dr. Christian Magerl wird durch diesen staatlich sanktionierten Vogelmord während der Brutzeit dem Ansehen Bayerns schwerer Schaden zugefügt. Der Chiemsee und das Naturschutzgebiet (NSG) "Mündung an der Tiroler Achen" gehören zu den wichtigsten Schutzgebieten Bayerns. Das NSG gehört zur ersten Tranche der von Bayern gemeldeten FFH- und Vogelschutz-Gebieten, der Chiemsee ist als Ramsargebiet (Feuchtgebiet internationaler Bedeutung) von weltweiter Bedeutung. Gemäß Artikel 4 der Konvention von Ramsar sollen die Vertragsparteien bestrebt sein, durch Hege die Bestände von Wat- und Wasservögeln zu vergrößern. Der Abschuss von Brutvögeln steht klar im Gegensatz zur Konvention von Ramsar und ist deshalb abzulehnen. Mit einer intensiven Jagd während der Brutzeit und den damit verbundenen erhebliche Störungen für andere Arten u.a. den Seeadler wird eindeutig gegen das Verschlechterungsverbot der FFH-Richtlinie verstoßen. Eine zwingend notwendige FFH-Verträglichkeitsprüfung wurde nicht durchgeführt! Begründet wird die Abschussgenehmigung mit § 20g Bundesnaturschutzgesetz: "Ausnahmen sind zulässig, soweit dies zur Abwendung erheblicher land-, forst-, fischerei-, wasser- oder sonstiger gemeinwirtschaftlicher Schäden erforderlich ist." Belege, dass die Kormorane der Brutkolonie Einfluss auf die Fangerträge haben, werden keine angeführt. Die Fangstatistik am Chiemsee belegt dagegen eindeutig, dass dort im Jahr 2000 mehr als doppelt so viele Renken gefangen wurden als 1994 und der Gesamtfang (alle Fischarten) um über 20 % gestiegen ist. Magerl: "Es ist eine absolute Farce, dass in Anbetracht dieser Tatsachen die Ausnahmegenehmigung erteilt wurde." Die EU-Kommission hat mehrfach erklärt, dass aus wirtschaftlichen Gründe keine Ausnahmen erteilt werden dürfen!Hauptverantwortlich für die Genehmigung dieses Vogelmordes während der Brutzeit ist das Bayerische Kabinett, welches bereits im Januar die Halbierung der Brutkolonie beschlossen hat. Eine sachgerechte Entscheidung durch die Regierung von Oberbayern war nach diesem Kabinettsbeschluss nicht mehr möglich.Die "Kormoran-Verordnung" vom 29. Juli 1997 regelt den Abschuss von Kormoranen in Bayern. Demnach darf der Kormoran zwischen dem 16. August und dem 15. März an bestimmten Gewässern bejagt werden. Diese Regelung ist mehr als großzügig und hat dazu geführt, dass in den vergangenen Wintern mehr als 12.ooo Kormorane in Bayern geschossen wurden. Gemäß § 2 dieser Verordnung sind Naturschutzgebiete ausdrücklich von der Gestattung ausgenommen. Es kann nicht angehen, dass jetzt auch noch die Reduktion der Kormoranpopulation in einem international bedeutenden Schutzgebiet erlaubt wird. Der Chiemsee wurde wegen seiner herausragenden internationalen Bedeutung bewusst von der Gestattung, den Kormoran zu bejagen ausgenommen. Das Gebiet unterliegt internationalen (EU- Vogelschutzrichtlinie, FFH-Richtlinie und Ramsar-Konvention) und nationalen Schutzbestimmungen (NSG). Der geplante Abschuss von Kormoranen verstößt eindeutig gegen nationales und EU-Recht. Die erteilte Genehmigung, den Abschuss in der Zeit vom 15. März bis 6. April zu tätigen ist ein ungeheurer Skandal, da die Kormorane jetzt bereits mit dem Brutgeschäft begonnen haben. Durch den geplanten Eingriff in die Brutkolonie (Störung während der Brutzeit) besteht die Gefahr, dass die Brutkolonie vom Kormoran völlig aufgegeben wird.Der Chiemsee gehört dem Freistaat Bayern und dient gemäß Artikel 2 des Bayerischen Naturschutzgesetzes vorrangig Naturschutzzwecken ("ökologisch besonders wertvolle Grundstücke im Eigentum des Staates.... dienen vorrangig Naturschutzzwecken")! Im Kommentar zum Artikel 2 wird ausgeführt: "Bei "ökologisch besonders wertvollen" Grundstücken haben die Ziele des Naturschutzes Vorrang (Satz 4), d.h. andere Nutzungen müssen sich unterordnen bis hin zur Aufgabe. Gemeint sind damit vor allem Flächen, die nach Art. 7 ff. unter Schutz gestellt sind oder die Voraussetzungen dieses Schutzes erfüllen, und gesetzlich geschützte Flächen (Art. 13 d, 13 e). ...... Die öffentliche Hand als Eigentümer muss die nötigen und möglichen Maßnahmen ergreifen, um auf solchen Flächen den Naturschutzzwecken Vorrang zu verschaffen, z.B. bestehende Pachtverträge kündigen oder ändern, auch wenn damit fiskalische Nachteile (Einnahmeverluste) verbunden sein sollten. Der neue Satz 5 verlangt nunmehr, dass dieser Vorrang bei der Überlassung ökologisch besonders wertvoller Grundstücke an Dritte gewährleistet bleibt. Überlassung bedeutet sowohl Veräußerung des Eigentums als auch Einräumung des Besitzes oder der Nutzung, etwa durch Verpachtung. Entsprechende Vereinbarungen sind in Pachtverträgen zu treffen und bei erheblichen Verstößen ein sofortiges Kündigungsrecht festzulegen (einer Dienstbarkeit bedarf es hier nicht). Falls die öffentliche Hand Dritte mit der Verwaltung ökologisch besonders wertvoller Grundstücke betraut (z.B. mit der Verpachtung staatlicher Fischwasser in Naturschutzgebieten), muss sie dafür sorgen, dass der gesetzliche Vorrang der Naturschutzzwecke gewahrt wird." Der BN fordert die Einhaltung dieser im Bayerischen Naturschutzgesetz gemachten Vorgaben.Der Abschuss soll mit Kleinkalibergewehren mit Schalldämpfern durchgeführt werden. Dies verstößt klar gegen Art. 29 Bayerisches Jagdgesetz: "Verboten ist ....die Jagd unter Verwendung .... von Schusswaffen mit Schalldämpfern auszuüben." Die im Art. 29, Absatz 2 Nr. 7 genannten Verbotstatbestände werden im Kommentar zu diesem Gesetz "als besonders schwere Verstöße gegen die Grundsätze deutscher Weidgerechtigkeit." aufgeführt. Ausnahmen sind nicht zulässig!Der BN wird sich mit allen legalen Mitteln weiter gegen den Abschuss des Kormorans am Chiemsee wenden und in den nächsten Tagen bei der EU-Kommission in Brüssel vorstellig werden.Dr. Christian MagerlArtenschutzreferent SüdbayernTel. für Rückfragen: 089/ 54 82 98 63