Stillstand beim Wachstum des Wolfsbestandes
Im Monitoringjahr 2024/2025 (1. Mai 2024 bis 30. April 2025) wurden in Bayern 12 Territorien nachgewiesen, ebenso viele wie im Vorjahr: sechs Rudel mit zusammen 19 Welpen (Vorjahr: sieben Rudel/35 Welpen), vier Paare ohne Nachwuchs und zwei territoriale Einzeltiere. Zusätzlich ziehen einzelne Wölfe durch, die im Monitoring nur begrenzt erfassbar sind. In den letzten fünf Jahren stieg die Zahl der bayerischen Territorien im Schnitt um rund zehn Prozent pro Jahr. Deutschlandweit wurden 276 Territorien erfasst (Vorjahr: 285; Veränderung: Minus 3,2 %).
Das Wachstum der deutschen Wolfspopulation hat sich über die letzten Jahre kontinuierlich verlangsamt (2024: 6,3 %; 2023: 9,8 %; 2022: 10,9 %; 2021: 16,4 %; 2020: 18,9 %; 2019: 30 %). Aktuell ist der deutsche Bestand nahe am Gleichgewichtszustand, bei dem Reproduktion und Sterbeereignisse ungefähr gleich groß sind. Das deutsche Wolfsvorkommen konzentriert sich weiterhin auf den Osten und Norden. Pro Fläche ist die Territorien‑Dichte in Brandenburg, Mecklenburg‑Vorpommern, Sachsen und Sachsen‑Anhalt durchschnittlich rund zwölfmal so hoch wie in Bayern. In Mittel‑ und Südbayern gibt es keine Reproduktion. Auch in den meisten angrenzenden Bundesländern und Regionen (Hessen: 1 Rudel; Thüringen: 2; Baden‑Württemberg, Vorarlberg, Tirol, Salzburg: kein Nachwuchs) bleibt Reproduktion selten; eine Ausnahme ist Tschechien.
Die stellvertretende BN‑Vorsitzende Beate Rutkowski erklärt: „Bayerns Wolfskarte bleibt weitgehend weiß. Reproduktion gibt es nur in wenigen Teilen – der Rhön, dem Bayerischen Wald und im bayerischen ‚Wolfshotspot‘ im Nordosten Bayerns. Es ist absurd, bei einer Tierart, deren reproduzierende Paare sich an zwei Händen abzählen lassen, von einer notwendigen Regulierung zu sprechen. Ebenso absurd ist die Behauptung, der Wolf in Bayern habe einen günstigen Erhaltungszustand erreicht. Wie soll ein Tier ohne Nachwuchs, wie im bayerischen und angrenzenden österreichischen Alpenraum, einen günstigen Erhaltungszustand haben?“
Der BN-Wolfsexperte Uwe Friedel kommentiert: „Zugewinne und Verluste von Rudeln halten sich im Moment in Bayern die Waage. Wir haben am Staffelsee und im Altmühltal zwei Rudel verloren. Der Stillstand im Wolfswachsum ist mit der natürlichen Populationsdynamik nicht erklärbar. Bei den vielen unbesetzten Lebensräumen in Bayern wäre ein viel deutlicheres Wachstum von bis zu 30 Prozent zu erwarten. Wir gehen davon aus, dass illegaler Abschuss und Vergiftungen von Wölfen eine gewichtige Rolle für den Stillstand haben.“
Friedel unterstreicht die Notwendigkeit des Herdenschutzes: „Mit Forderungen nach Alibi‑Aktivitäten wie Bejagung oder pauschalen Bestandsregulierungen punkten manche Politiker*innen vielleicht kurzfristig. Sie wecken jedoch die falsche Hoffnung, die Gefahr für Weidetiere lasse sich so managen. Unverzichtbar ist hingegen der gezielte Abschuss von Wölfen, die mehrfach ordnungsgemäßen Herdenschutz überwunden haben – als Teil eines funktionierenden Wolfsmanagements.“
Um zu verhindern, dass einwandernde durchziehende Wölfe sich zukünftig an die „leichte Beute Schaf“ gewöhnen, ist es notwendig, beim Aufbau eines wirkungsvollen Herdenschutzes in ganz Bayern entschlossener voranzuschreiten. Der BN fordert die Staatsregierung auf, auch zukünftig ausreichend Haushaltsmittel für die Herdenschutzförderung zur Verfügung zu stellen, insbesondere wenn mit der Einführung der neuen Förderrichtlinie ab 2027, wie vom BN seit Jahren gefordert, endlich eine flächendeckende Förderung für die Prävention zur Verfügung steht. „Um Probleme zu vermeiden und Tierhalter*innen zu unterstützen, braucht es die entsprechenden Mittel“, so Rutkowski abschließend.
Hintergrund
BfN und die Dokumentations‑ und Beratungsstelle des Bundes zum Wolf (DBBW, www.dbb-wolf.de) veröffentlichen jährlich im Spätherbst auf Basis der Meldungen der Bundesländer die Daten zum „Wolfsjahr“ (1. Mai bis 30. April), welches mit der Geburt der Welpen beginnt.. Wegen später Meldungen und der gründlichen Auswertung erscheint die Gesamtbilanz erst im Herbst. Die Welpen‑ und Jungtierzahlen schwanken stark (u. a. ca. 50 % natürliche Sterblichkeit im ersten Jahr; rund 10 % des Bestands verunglücken im Verkehr). Für robuste Vergleiche fokussiert das staatliche Monitoring daher auf erwachsene, sesshafte Tiere.



