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Ohne Landwirtschaftswende nur eine halbe Sache

Im Interview: Marianne Schenk, langjährigen BN-Ortsgruppenvorsitzenden in Waldmünchen, spricht über den langen und kräftezehrenden Kampf für eine naturnahe Schwarzach.

Marianne, wenn Du heute an der Schwarzach spazieren gehst, mit welchen Gefühlen bist Du da unterwegs?

… gemischte Gefühle: Einerseits bin ich natürlich froh, dass das Flussbett nicht radikal begradigt wurde, wie das noch in den sechziger Jahren üblich war. Die Mäander sind nach wie vor vorhanden, was die Fließgeschwindigkeit reduziert. Andererseits verursacht die intensive Landwirtschaft nach wie vor eine ständige Verschlechterung der Wasserqualität. Es genügt nicht, viel zu schmale Randstreifen vorzuschreiben, die dann auch gar nicht kontrolliert werden. Es fehlt fast überall der breite Bewuchs an beiden Uferseiten. Über weite Strecken ist deshalb ein Spaziergang an der Schwarzach einfach nur langweilig.

Was hat Dich als gebürtige Würzburgerin bewogen, Dich so nachdrücklich für die Schwarzach zu engagieren? Haben Auswärtige vielleicht ein besseres Gespür für die Schönheit dieser ruhigen Landschaft als diejenigen, die dort aufgewachsen sind?

Als ich 1980 von Würzburg nach Waldmünchen zog, war ich von der Natur begeistert. Ich schloss ziemlich schnell Bekanntschaft mit Einheimischen, die ihre heimatliche Natur zu schätzen wussten. Sehr vielen war aber die landschaftliche Schönheit egal, für sie zählte in erster Linie, dass endlich so viele und so breite Straßen wie möglich gebaut würden, damit man die Idylle so schnell wie möglich verlassen konnte.

Wer waren damals Deine wichtigsten Mitstreiter, wie habt Ihr zusammengefunden, und welche Rollenverteilung hat sich unter Euch entwickelt?

Die wichtigsten Mitstreiter vor Ort waren die Mitglieder der Ortsgruppe, allen voran Robert Kurzmann, der damals mein Stellvertreter war. Dann natürlich die berühmt-berüchtigte „Bäuerin von Ast“ (ich weiß gar nicht mehr, wie sie geheißen hat), die ihre Grundstücke, die für den Ausbau erforderlich gewesen wären, mit Zähnen und Klauen verteidigt hat. Helmut Schultheiß hat Exkursionen abgehalten und mit viel Sachverstand Gutachten erstellt. Hubert Weiger hat sich mit seiner bekannten Eloquenz bei Vorträgen und Exkursionen nachdrücklich für unser Anliegen eingesetzt.

Gab es irgendeine Initialzündung für Euren Widerstand, mit dem die Sache losging und mit dem Ihr Euch bemerkbar gemacht habt?

Initialzündung gab es eigentlich keine. Wir haben das Thema mit Gründung der Ortsgruppe Waldmünchen von der Kreisgruppe Cham „geerbt“.

Was waren die anfänglichen Reaktionen von Behörden, Politik und Bevölkerung?

Die anfänglichen Reaktionen waren in erster Linie Unverständnis. Der damalige Waldmünchner Bürgermeister hielt die ganze Ortsgruppe für überflüssig, schließlich sei „bei uns doch alles so schön grün“.

Was waren wichtige Stationen der Auseinandersetzung – Ereignisse, die Dir im Gedächtnis geblieben sind und die sich zu erzählen lohnen?

Ich kann mich vor allem an den Vortrag von Hubert Weiger vor einem Saal voller Schwarzachbauern erinnert, der hohe Wellen geschlagen hat. Wichtig waren die Exkursionen und eine Petition an den bayerischen Landtag mit Ortsbegehung.

Einmal redeten wütende Bauern sogar darüber, Dich in der Schwarzach zu ersäufen – aus heutiger Sicht ein Beleg dafür, dass es "Hate Speech" und Gewaltfantasien auch schon vor den Social Media gab. Wie sehr ist Dir das nahegegangen?

Die Feindseligkeit mancher Landwirte hat mich anfangs weniger, später aber immer stärker belastet. Schlimm fand ich auch, dass sich sogar Mandatsträger der CSU daran beteiligten. Unvergessen die Aussage eines sehr populären Kreisrates, der in einer öffentlichen Veranstaltung, also vor vielen Zeugen, wetterte, die Naturschützer seien für die Abtreibung bis vier Wochen vor der Geburt, regten sich aber über jede totgefahrene Kröte auf. Erfreulicherweise wurde er dafür von einer couragierten freien Mitarbeiterin der Mittelbayerischen Zeitung heftig kritisiert.

Solche Anfeindungen haben letztlich dazu geführt, dass ich nach zwei Wahlperioden nicht mehr als Ortsvorsitzende kandidieren wollte. Mich hatte die Kraft verlassen, und die letzten Kämpfe gegen den Schwarzachausbau haben dann andere geführt.

War der lange und kräftezehrende Kampf für eine naturnahe Schwarzach aus Deiner Sicht im Rückblick ein Erfolg, eine Niederlage oder irgendetwas dazwischen?

Den Kampf gegen den Ausbau der Schwarzach sehe ich nicht als Niederlage. Ein durchschlagender Erfolg war es sicher auch nicht, sagen wir so: Es hätte schlimmer kommen können.

Und Dein persönliches Resümee: War es die Zeit, die Kraft, die Nerven wert?

Mein persönliches Resümee: Es war die Zeit, die Kraft und die Nerven wert. Der Kampf gegen den Schwarzachausbau war ein Teil des Kampfes, der zu einem Umdenken in weiten Kreisen der Bevölkerung geführt hat.

Was nach wie vor fehlt, ist eine Änderung der Landwirtschaftspolitik. Das Negativbeispiel ist der Eixendorfer Stausee, der jedes Jahr von Blaualgen überwuchert wird. Mit allen technischen Raffinessen wird versucht, das Problem zu lösen und abseitige Gründe für das Algenwachstum werden angeführt, weil man nicht zugeben darf, dass es am Gülleeintrag aus der Landwirtschaft liegt. Darum meine ständige Forderung: Breite Randstreifen mit Bewuchs, Schluss mit der Güllewirtschaft und den überdüngten Wiesen. Solange sich an diesem Zustand nichts ändert, ist der Sieg gegen den Schwarzachausbau, wie er ursprünglich geplant war, eine halbe Sache.

Interview: Winfried Berner