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Der Alpenplan: wichtigstes Schutzinstrument für die bayerischen Berge

Erschließung und Entwicklung mit Augenmaß, Schutz und Erhalt mit Weitsicht - so lässt sich die über 40-jährige Geschichte des Alpenplans zusammenfassen. Gerade der Tourismus lebt vom Ausgleich zwischen Wirtschaften einerseits und dem Naturangebot andererseits. Doch der Alpenplan droht geändert und aufgeweicht zu werden. Was bedeutet das für Baumaßnahmen, wo drohen konkrete Gefahren?

Für viele ist die Alpenlandschaft der Inbegriff kraftvoller, reiner Natur in Deutschland. Das wichtigste Instrument zum Schutz der bayerischen Alpen ist der sogenannte Alpenplan aus dem Jahr 1972. Er regelt, wo und in welchem Maße die Berge erschlossen werden dürfen und wo nicht. Ziel des Alpenplans ist es, verbindlich für eine ausgewogene Entwicklung der bayerischen Alpen zu sorgen und zugleich ihren Erhalt zu sichern. Er definiert einerseits Räume für Tourismus, Gewerbe und Wohnen und bündelt dort die dafür notwendigen Infrastrukturen. Andererseits bewahrt er unberührte Landschaften für naturnahe Erholung. Dafür teilt der Alpenplan die bayerischen Alpen in drei Zonen ein.

Zone A: Erschließungszone (35 Prozent des bayerischen Alpenraums)

Hier gelten zum Beispiel Seilbahnen oder Straßen prinzipiell als unbedenklich, sofern keine spezifischen fachlichen Gründe dagegen sprechen.

Zone B: Übergangszone (22 Prozent des bayerischen Alpenraums)

Hier sind Erschließungen nur unter strengeren Auflagen und erst nach einer Einzelfallprüfung der Verträglichkeit möglich.

Zone C: Ruhezone (43 Prozent des bayerischen Alpenraums)

Die Erschließung mit Seilbahnen, Skipisten, Sommerrodelbahnen und öffentlichen Straßen ist grundsätzlich verboten.

So soll der Alpenplan alle Interessen berücksichtigen und dafür sorgen, dass es auch in Zukunft noch Berge gibt, bei denen wir die natürliche Schönheit der Alpen weitestgehend unberührt genießen können. Dies dient zugleich dem Erhalt der Artenvielfalt und weiterer wichtiger Funktionen des Alpenraums, etwa dem Lawinenschutz durch einen gesunden Bergwald oder dem Wasserhaushalt. Entscheidend ist dabei, dass der Alpenplan keine lokalwirtschaftlich motivierten Einzelfallentscheidungen zulässt. 


Das Riedberger Horn stand besonders im Fokus um die Änderungen des Alpenplans.

Weitere Informationen zum Riedberger Horn

Forderungen des BUND Naturschutz

Der BN fordert den Erhalt des Alpenplans ohne Änderungen, von keiner anderen Übereinkunft profitieren die bayerischen Alpen mehr. Der Alpenplan steht für:

  • einen naturorientierten Tourismus, indem er Räume für ein naturnahes Bergerlebnis freihält.
  • eine ausgewogene Tourismusstrategie, indem er Räume für Sommer- und Wintertourismus gleichermaßen sichert, für infrastrukturgebundenen Tourismus ebenso wie für naturnahe Erholungsformen. So entstehen keine touristischen Monostrukturen, wie in einigen Wintersportorten Österreichs, die kaum mehr Sommertourismus haben. Zudem beschränkt er die Aufrüstungsspirale und damit einen ruinösen Wettbewerb der Gemeinden untereinander.
  • eine natürliche Vorsorge gegen Naturgefahren, denn die Ruhezonen schützen intakte Bergwälder und -hänge. Dies trägt zur Prävention gegen Gefahren wie Hangerosion, Lawinen und Hochwasser bei, was in Zeiten des Klimawandels immer relevanter wird.
  • besseren Alpen-Naturschutz, weil durch die Ruhezonen lebenswichtige Rückzugsräume für seltene Tier- und  Pflanzenarten erhalten bleiben.

Der Alpenplan: heute so wichtig wie im ersten Jahr

Aufgrund des Klimawandels verschieben sich die Schneegrenzen nach oben, damit steigt die Zahl der Versuche, bisher unberührte Gipfel in höheren Lagen für den Alpinskisport zu erschließen. In den über 40 Jahren, in denen der Alpenplan besteht, hat er sich als sehr wirkungsvolles rechtliches Mittel erwiesen, auch attraktive Gipfel vor einem Ausbau zu bewahren. Diese Gipfel können heute als Skitouren- und Wanderberge geschätzt werden, weil in all dieser Zeit nie am Status des Alpenplans gerüttelt wurde. Die aktuelle Diskussion um das Riedberger Horn stellt für eine Einzelfallentscheidung den gesamten Alpenplan in Frage.

Hätte man vor 50 Jahren in Berchtesgaden durch eine Bürgerbefragung entscheiden lassen, ob eine Seilbahn auf den Watzmann gebaut werden soll, so hätten wir heute mit großer Wahrscheinlichkeit anstelle eines einzigartigen Nationalparks einen „Erlebnispark Watzmann“. Auch das Koblat, heute Teil des Naturschutzgebiets Allgäuer Hochalpen, hätte ökologischen Wert verloren. Sollte in einem Fall erfolgreich am Alpenplan gerüttelt werden, ist es wahrscheinlich, dass auch an anderen Bergen der Ruhezone C „Ausnahmen“ folgen. Deshalb fordern wir: Hände weg vom Alpenplan!

Als der Erschließungsdruck auf den Alpenbereich in den 1960er-Jahren immer größer wurde, mehrten sich zugleich die Stimmen, die zur Vorsicht mahnten. Eine ganz im heutigen Sinne gedachte nachhaltige Entwicklung, die in den Alpen zugleich Wirtschafts- wie auch Naturraum verstand, war das Anliegen der Kritiker. Schon damals hielt man den Alpenraum somit für bedroht und erkannte mit viel Weitblick, dass gerade die intakten Natur- und Kulturlandschaften des Alpenraums entscheidend für das touristische Interesse waren. Bauvorhaben auf dem Watzmann, der Rotwand und am Riedberger Horn motivierten besonders Dr. Helmut Karl von der Bayerischen Landesstelle für Naturschutz sowie Dr. Fritz März vom Deutschen Alpenverein (DAV), ein Gesamtkonzept für Erhalt wie Erschließung der Alpen gleichermaßen zu entwickeln. 1972 erhielt die Verordnung „Erholungslandschaft Alpen“ Rechtskraft, der Bayerische Alpenplan war geboren. 1976 wurde er dann Teil des Bayerischen Landesentwicklungsprogramms (LEP), mit dem der Ausbau der bayerischen Regionen geplant und geregelt wird. Insbesondere die Geschichte der strengsten Schutzzone C verdient dabei Anerkennung: Fast 45 Jahre lang wurden weder deren Vorgaben noch ihre Flächen angetastet, auch nicht für Einzelfälle – bis zur aktuellen Änderung des LEP für das Riedberger Horn.

Die immer wieder gelobte Besonderheit des Alpenplans ist sein ganzheitlicher Ansatz. Seinen Initiatoren ging es darum, wirtschaftliche Entwicklung und Naturschutz innerhalb eines klaren Rahmens unter einem Dach zu organisieren. Zusammenhängende Biotope sollten auch ohne ständige neue Kämpfe aufgrund lokaler Begehrlichkeiten geschützt werden, Gemeinden und Bauherren sollten langfristige Planungssicherheit für ihre Vorhaben erhalten, die Ressource Natur sollte für die verschiedenen touristischen Anliegen bewahrt bleiben.

Mehr zur Geschichte des Alpenplans beim Verein zum Schutz der Bergwelt e. V.


Gerettete Berge

Bei Skitourengehern und Wanderern hat das Riedberger Horn wegen seiner grandiosen Aussicht, seinem einzigartigen Biotopmosaik und der guten Erreichbarkeit schon lange den Ruf eines „Lieblingsgipfels“ inne: Der große Skipionier C.L. Luther hat es einst als den „schönsten Skiberg Deutschlands“ bezeichnet. Doch seit Jahren gibt es Bemühungen, das Riedberger Horn von zwei Seiten mit Seilbahnen für den Sommer- und Winterbetrieb zu erschließen. Dadurch würden geschützte Biotope zerstört, sechs Hektar Bergwald in zum Teil rutschungsgefährdetem Gelände würden gerodet und das vom Aussterben bedrohte Birkhuhn wäre stark gefährdet. Der beliebte Wanderberg würde dem Massentourismus preisgegeben. Das Riedberger Horn wurde daher aus gutem Grund in der Alpenplan Ruhezone C aufgenommen, in der Lifterschließungen verboten sind.

Immer wieder gab es Überlegungen, Lifte vom Nebelhorn über das Koblat in Richtung Giebelhaus am Ende des Hintersteiner Tals zu bauen. Das Koblat ist eine verkarstete Hochebene mit höchster ökologischer Wertigkeit. Hier fühlen sich unter anderem Scheehühner wohl. In den 1980er-Jahren arbeitete die Nebelhornbahn detaillierte Planungen zur Erschließung aus, doch die Ruhezone C des bayerischen Alpenplanes verhinderte die Umsetzung. 1992 wurde das Gebiet dann Teil des Naturschutzgebiets Allgäuer Hochalpen.

Ihre pyramidenähnliche Silhouette ist wohl noch berühmter als die ihrer großen Schwester, der Zugspitze. Die Alpspitze ist weit über unsere Grenzen hinaus für ihre felsige Schönheit bekannt. Anders als bei der voll erschlossenen Zugspitze kommt man hier nur über einen der zahlreichen Steige bis zum Gipfel, was ein einzigartiges Bergerlebnis garantiert! Auch hier war vor Inkrafttreten des Alpenplans eine Seilbahn bis auf ihren Gipfel im Gespräch. Nachdem dieser jedoch durch die Zone C geschützt war, wurden Seilbahnen nur noch bis zur Hälfte, dem Osterfelderkopf, gebaut, wo die Zone B beginnt. Bis heute gibt es Überlegungen einer Seilbahnerschließung über den Osterfelderkopf hinaus.

Mit 1884 Metern ist die Rotwand der höchste Gipfel des bayerischen Mangfallgebirges und bietet eine herrliche Aussicht. Zahlreiche Gipfel der Münchner Hausberge wurden bis Anfang der 1970er-Jahre durch Bergbahnen erschlossen. Rund um den Spitzingsee wurden Seilbahnen auf den Stümpfling und den Taubenstein gebaut.

Doch damit sollte es nicht genug sein. Auch die Rotwand sollte vom Bayerischzeller Tal mit einer Seilbahn und zehn Schleppliften erschlossen werden. Nach vielen Anfang der 1960er-Jahre gescheiterten und später wieder vorgebrachten Liftplänen, gegen die es von Anfang an Bürgerproteste gab, konnte der Alpenplan von 1972 den auch hier immer wiederkehrenden Einzelfalldebatten endgültig und erfolgreich einen Riegel vorschieben. Die Rotwand blieb den Wanderern und Skitourengehern in ihrer natürlichen Form erhalten.

Der berühmte „Blumenberg“ Geigelstein hat eine einzigartige Flora und Fauna zu bieten. Doch das Naturjuwel war über die Jahre oft bedroht. Selbst noch in den 1970er-, 1980er- und 1990er-Jahren wurden ständig neue Liftprojekte vorgebracht. Zuletzt wurde zwar nicht mehr angestrebt, den Gipfel des Geigelsteins selbst zu erschließen, denn dieser wird durch die Zone C geschützt. Beständig wird jedoch versucht, sich durch Baumaßnahmen in der Pufferzone B immer weiter an den Gipfelbereich heranzutasten.
Dank der unermüdlichen Arbeit der schon 1974 gegründeten Initiative „Rettet den Geigelstein“ und der Ruhezone konnte bis heute verhindert werden, dass sich das Skigebiet weiter die Hänge des Geigelsteins hinauf ausdehnte. In der Folge wurde 1991 der Geigelstein als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Heute ist die Gemeinde Schleching für ihren naturnahen Tourismusansatz und ihr Ökomodell überregional bekannt.

Bis heute brandaktuell sind die seit über 30 Jahren diskutierten Pläne, das Sonntagshorn von der österreichischen Seite her mit Skiliften zu erschließen. Es ist mit 1961 Metern der höchste Gipfel der Chiemgauer Alpen und befindet sich nicht nur in der Ruhezone C des Alpenplans, sondern auch in einem Naturschutzgebiet. Mit neuen Liftanlagen würden wertvolle Biotope und ein beliebtes Skitourengebiet zerstört werden.

Durch einen technisierten Skizirkus am Sonntagshorn könnte es auch Probleme für die Trinkwasserversorgung im Landkreis Traunstein geben: Das betroffene Gebiet entwässert nämlich über den Fischbach direkt in das Wasserschutzgebiet der Laubau. Von dort beziehen die Stadt Traunstein sowie Inzell, Ruhpolding und Siegsdorf ihr Trinkwasser. Die 1992 gegründete Aktionsgemeinschaft zum Schutz der Saalforste und des Sonntagshorns konnte sich bisher erfolgreich gegen eine Erschließung wehren.

„König Watze“ übt seit langem einen besonderen Bann auf Bergbegeisterte aus. Noch immer zählt er zu den schönsten Gipfeln Bayerns, vor allem aufgrund seiner Unberührtheit und wilden Schönheit. Doch ohne den Alpenplan wäre der Watzmann heute mit einer Seilbahn erschlossen. Schon seit den 1920er-Jahren gibt es Überlegungen den Watzmann zu „zähmen“. Erst der Alpenplan machte 1972 den bereits sehr konkreten Plänen ein Ende. Dank dieser ersten Schutzmaßnahme wurde das Gebiet um den Watzmann 1978 sogar zu Bayerns zweitem Nationalpark, dem Nationalpark Berchtesgaden, und später Teil des UNESCO-Biosphärenreservates.