Ob in Hamburg, Berlin, München oder Rhein-Ruhr: Olympia bringt mehr Schaden als Nutzen
Hamburg, Berlin, München, Rhein-Ruhr: vier deutsche Olympia-Bewerbungen, vier BUND-Landesverbände – und alle stehen „ihrer“ Kandidatur ablehnend gegenüber. Egal wo Olympische oder Paralympische Sommerspiele 2036, 2040 oder auch 2044 stattfinden würden, falls sich eine deutsche Bewerbung international durchsetzt: Die Folgen für Mensch und Natur, für Klima, Stadtentwicklung, Wohnungsmarkt, Verkehr und andere Bereiche wären größtenteils negativ. Das lassen die Erfahrungen früherer Ausrichter-Städte klar erwarten. Und Bewerbung und ggf. Durchführung des IOC-Events werden sich auch bei den knapper werdenden kommunalen Finanzen niederschlagen – was eine weitere Verschärfung der bereits jetzt vielerorts drastischen Kürzungen bei Klima- und Naturschutz, Kultur und Sozialem befürchten lässt. Denn Olympische Spiele überschreiten regelmäßig ihre Budgets um 200 bis 300 %.
Deshalb lehnen die von den vier aktuellen Olympia-Bewerbungen betroffenen BUND-Landesverbände gemeinsam alle Kandidaturen im laufenden Wettbewerb ab, widersetzen sich einer Standort-Logik und arbeiten zusammen daran, die Bevölkerung über die tatsächlichen Folgen hinter der bunten Werbung zu informieren.
Martin Geilhufe, Landesbeauftragter BUND Naturschutz in Bayern:
„Natürlich präsentiert auch München seine Bewerbung als nachhaltiger als alle anderen. Und für die Stimmung werden Erinnerungen an Olympia 1972 und die European Championships 2022 bemüht. Beides hat mit Olympia 2036 kaum etwas gemein. Realität ist: Durch die Spiele würde München noch voller, teurer, asphaltierter. Sie würden massiven zusätzlichen Verkehr generieren, wobei IOC-Funktionär*innen und Athlet*innen auf abmarkierten Olympic Lanes bevorzugt würden. Die 2. S-Bahn-Stammstrecke, eine schnelle Flughafen-Anbindung und nötige neue U-Bahn-Linien werden 2036 kaum fertig sein. Dafür würden längst fällige Projekte mindestens verschoben. Sogar der Sport würde unter Olympia leiden: Plätze von Vereinen wie dem FC Teutonia würden überbaut werden. Auch für die Sportförderung ist ein solches Großereignis nicht nur nicht nötig, sondern sogar schädlich.“
Sabine Sommer, Landesvorsitzende BUND Hamburg:
„Das Hamburger Olympia-Konzept präsentiert sich als besonders nachhaltig, weist jedoch erhebliche ökologische und soziale Risiken auf. Das versprochene ‚Green Olympia‘ bleibt Wunschdenken, nicht nur beim geplanten Hyperloop nach Kiel mit seiner unerprobten Technologie mit unklarem ökologischem Fußabdruck und fraglicher Realisierbarkeit. Der zusätzliche Flächenverbrauch nicht allein für Sportstätten, sondern auch für Parkplätze, Sicherheitszonen und Medienzentren, die unklare Klimabilanz, das Risiko von Kostenexplosionen und mögliche Verdrängungseffekte – das alles steht im Widerspruch zu den Zielen einer nachhaltigen Stadtentwicklung.“
Gabi Jung, Landesgeschäftsführerin BUND Berlin:
„Berlin ist seit Langem überfordert, seine Infrastruktur in einen ordentlichen Zustand zu versetzen. Es fehlt das Geld, es fehlen die Verwaltungsressourcen und Strukturen dafür. Das wird absehbar so bleiben. Sich in so einer Situation noch Großveranstaltungen wie Olympische Spiele ans Bein zu binden ist das letzte, was die Stadt braucht. Denn in der Folge müssten Mittel in Milliardenhöhe in das Projekt gesteckt werden, was die Not in anderen Bereichen noch vergrößern würde. Mit welcher Hybris der Berliner Senat an die Sache herangeht zeigt der Plan, das Olympische Dorf in einem planerisch so herausfordernden Areal zu errichten, dass eine rechtzeitige Fertigstellung zu den Spielen hochgradig unrealistisch erscheint.“
Dirk Jansen, Geschäftsleiter BUND Nordrhein-Westfalen:
„Auch das dezentrale Konzept für Olympia an Rhein und Ruhr mit 17 Austragungsorten allein in NRW wird als besonders nachhaltig dargestellt. Aber bislang haben alle Olympiamacher ihr jeweiliges Konzept als besonders umweltfreundlich und wirtschaftlich tragfähig beworben – die Realität war meist sehr ernüchternd. Bevor auch nur eine Planung konkretisiert wird, müssen deshalb durch eine Strategische Umweltprüfung die Umweltauswirkungen des Mega-Events systematisch und transparent ermittelt, beschrieben und bewertet werden. Auch die Akzeptanz der Bevölkerung ist essenziell. Zwingend erforderlich sind deshalb vorherige Bürgerentscheide in den geplanten Ausrichter-Gemeinden. Klar ist auch: Den Heilsversprechen von Olympia als Motor für eine zukunftsfähige Entwicklung der Region sollte die Politik keinen Glauben schenken. Für eine nachhaltige Regionalentwicklung brauchen wir Olympia nicht.“