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BN geht neuen Weg der Mitgliederbeteiligung - Mitgliederabstimmung zum Frankenschnellweg soll Anfang 2021 stattfinden

Der BUND Naturschutz wird zum zweiten Mal in seiner Verbandsgeschichte eine Mitgliederabstimmung durchführen, um eine politisch umstrittene Position durch seine Mitglieder entscheiden zu lassen. Thema ist die umstrittene Planung einer kreuzungsfreien „Stadtautobahn“, dem Frankenschnellweg.

19.11.2020

„Die Entscheidungen des BN sind durchaus demokratisch legitimiert, auf Kreisgruppenebene entscheidet der gewählte Kreisgruppenvorstand, auf Landesebene der durch die Delegierten gewählte Landesvorstand, aber bei der komplexen Thematik des Frankenschnellwegs wollen wir zusätzlich die Mitglieder entscheiden lassen“, so Richard Mergner, Landesvorsitzender des BN.

Über 8.400 Mitglieder der BN-Kreisgruppe Nürnberg-Stadt werden voraussichtlich Anfang des nächsten Jahres befragt, ob sie einen zwischen dem Freistaat Bayern, der Stadt Nürnberg und dem BUND Naturschutz seit 2016 ausgehandelten Vergleich befürworten oder ablehnen.

Die Annahme des Vergleichs würde bedeuten, dass der BN seine Klage gegen den Ausbau des Frankenschnellweges in Nürnberg zurückziehen würde. Dafür haben die Stadt und die Regierung von Mittelfranken einige Regelungen zugesagt, die die negativen Folgen der Stadtautobahn durch besseren Lärmschutz, Verhinderung des LKW-Durchgangsverkehrs und ein Tempolimit verringern würden. Dazu kämen Zusagen für die bessere Förderung des Radverkehrs und des öffentlichen Personennahverkehrs. Eine Ablehnung des Vergleichs würde bedeuten, dass die Klage des BN weitergeführt würde. Der Ausgang der Klage ist aber mehr als ungewiss.

Wegen einiger formaler Änderungen, die durch die Stadt noch anstanden, hat sich die ursprünglich für Herbst 2020 angekündigte Abstimmung verzögert. Die Verhandlungsparteien haben sich aber inzwischen auf einen Vergleichstext geeinigt. Derzeit wartet der BN noch auf eine schriftliche Zusage des Nürnberger Oberbürgermeisters Marcus König, dass er – vorbehaltlich der Zustimmung des Stadtrates – den Vergleich auch tatsächlich abschließen würde. Ebenso muss der Freistaat Bayern seine im Vergleichsentwurf gemachten Zusagen noch bestätigen. Der BUND Naturschutz geht davon aus, dass die Abstimmung zu Beginn des Jahres 2021 stattfinden kann.

Der BUND Naturschutz hat 2013 gegen den Planfeststellungsbeschluss für den kreuzungsfreien Ausbau des Frankenschnellweges geklagt, weil er das Straßenbauprojekt als Zeichen einer verfehlten Infrastrukturpolitik zu Lasten des öffentlichen Verkehrs entschieden ablehnt. Sein erstes Klageziel hat er erreicht: Die Prüfung der Auswirkungen des Projektes durch eine Umweltverträglichkeitsstudie (UVS).

Da aber die großen Fraktionen des Nürnberger Stadtrates, die CSU und die SPD, weiterhin an dem Bau des Frankenschnellweges festhalten, galt es für den BUND Naturschutz abzuwägen, ob mit erheblichen finanziellem Aufwand und höchst unsicheren Prozesschancen an der Klage festgehalten wird oder ob durch diverse Verbesserungen die negativen ökologischen und verkehrspolitischen Folgen des Projektes abgemildert werden sollten. Dies hatte der ehemalige Vorsitzende Richter des Bay. Verwaltungsgerichtshofes Erwin Allesch dem BN in der Gerichtsverhandlung 2015 ausdrücklich empfohlen.

Seit 2016 verhandelt der BUND Naturschutz in Bayern e.V. mit der Stadt Nürnberg und dem Freistaat Bayern darüber, den Rechtsstreit über den Frankenschnellweg vergleichsweise beizulegen. Die Verhandlungen dauerten so lange, weil sich der Abschluss der Umweltverträglichkeitsstudie (UVS) seitens der Stadt Nürnberg sehr stark verzögerte. Die UVS und ein ergänzender Planfeststellungsbeschluss liegen inzwischen vor und wurden vom BUND Naturschutz ausgiebig geprüft.

In ausführlichen Verhandlungsrunden ist es gelungen, den von der Stadt Nürnberg zunächst vorgelegten Vergleichsentwurf zu verbessern und zusätzlich den Freistaat Bayern zu bewegen, auf dem Frankenschnellweg im Bereich der Gartenstadt ein Tempolimit vorzusehen. Dieses soll auf 300 Metern stadteinwärts mit Tempo 80 zu einem Verkehrstrichter führen, damit am südlichen Beginn der Tempo-60-Strecke keine Unfälle passieren. Außerdem wird dadurch diese Passage als Durchgangsstrecke unattraktiver.

Der Vergleich enthält u.a. folgende Vereinbarungen:

Maßnahmen gegen den Durchgangsverkehr zwischen der A3 einerseits und der A6 und A9 andererseits auf dem Frankenschnellweg wie

  • Tempo 60 auf dem Frankenschnellweg mit Überwachung des Tempolimits
  • Entsprechende Beschilderung zur Verminderung von Durchgangsverkehr
  • Durchfahrverbot für LKW über 7,5 Tonnen
  • Verhinderung einer zu hohen NOx Konzentration auf dem Innenstadtring zwischen Plärrer und Opernhaus durch eine immissionsgesteuerte Pförtnerampel in der Kohlenhofstr.
  • Errichtung einer Umweltzone innerhalb des Mittleren Ringes
  • Erweiterte Umweltzone gegen Stickoxide, wenn eines Tages zulässig
  • Höhere Förderung des ÖPNV und des Fahrradverkehrs
  • Prüfung von Verkehrsrückbauten einzelner Straßen, insbes. der Fürther Str., nach Beendigung der Bauarbeiten (Mitte der 2030er Jahre)
  • Vorrangschaltung Straßenbahn Kohlenhofstraße/Steinbühlstraße
  • Runder Tisch zur Sicherstellung der Luftreinhalteplanung in Nürnberg
  • Vereinbarung von Maßnahmen zur Planung einer oder mehrerer neuer Straßenbahnlinien
  • Durchsetzung eines Tempolimits 100 km/h zwischen Kreuz Hafen-Ost und Anschluss Zollhaus auf der A73 stadteinwärts und stadtauswärts.

Diese Maßnahmen gehen darüber hinaus, was der BN in einem Gerichtsverfahren zur Verbesserung des Planfeststellungsbeschlusses erreichen könnte, weitere Zugeständnisse waren nicht zu erlangen.

Gegen die Annahme des Vergleiches spricht, dass der Ausbau des Frankenschnellweges ein Projekt von „Gestern“ ist, das große Geldmengen verschlingt und dieses Geld dann für die Einleitung der Mobilitätswende in Nürnberg und in Bayern fehlt. Ebenso ist in Anbetracht der finanziellen Situation ausgelöst durch die Covid-19-Pandemie Vorsicht bei Großprojekten geboten.

Der BN hätte es begrüßt, wenn die Verantwortlichen der Stadt und die Staatsregierung dieses Projekt aufgegeben hätten. Der BUND Naturschutz stand und steht allerdings in der schwierigen Verantwortung, nunmehr darüber zu entscheiden, ob er das Projekt weiterhin mit großen Geld- und Mitteleinsatz im Klageweg bekämpft oder ob er versucht, durch diverse Maßnahmen das Projekt so zu verbessern, dass die schlimmsten Auswirkungen, insbesondere die Vermeidung des Durchgangsverkehrs zwischen der A3 und A73 im Norden und den Autobahnen A6, A9 und B2A im Süden verringert wird.

Der Vorstand der Kreisgruppe Nürnberg und der Landesvorstand haben sich für diesen Vergleich entschieden. Sie haben weiterhin beschlossen diese komplexe Frage die Mitglieder der Kreisgruppe Nürnberg entscheiden zu lassen und legen den fertig ausgehandelten Vergleichsvertrag zur Abstimmung vor.

Dem Landesvorstand und dem Vorstand der Kreisgruppe ist es ein Anliegen die Mitglieder umfassend zu informieren. Daher werden Informationsveranstaltungen (voraussichtlich in digitaler Form) durchgeführt und die Mitglieder, erhalten den Vergleichstext, sowie umfassende Erläuterungen zu den Vor- und Nachteilen des Vergleichsvorschlags.

Nur wenn die Mehrheit der Mitglieder dem Vergleich zustimmen, wird der BUND Naturschutz Landesvorstand seine Klage zurückziehen. Die Abstimmung wird voraussichtlich zwischen Januar und März 2021 durchgeführt, je nachdem wann die Stadt Nürnberg den Vergleich paraphiert und die Regierung von Mittelfranken und die Autobahndirektion ebenso dem Vergleich zustimmen.

Für Rückfragen:

Martin Geilhufe, BN-Landesbeauftragter:  Tel.: 0172/7954607