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Kanukonzept Pegnitz, Rednitz und Regnitz in Nürnberg und Fürth: Kanufahren: ja - aber naturverträglich!

In den letzten Jahren wurde unter Federführung der städtischen Umweltbehörden aus Nürnberg und Fürth und Einbeziehung aller relevanten Natur- und Umweltschutzorganisationen, der Fischereiverbände sowie der Kanuvereine ein Kanukonzept für Pegnitz, Rednitz und Regnitz im Bereich von Nürnberg und Fürth erstellt. Was andernorts zu erheblichen Beeinträchtigungen der Flusslandschaft und der Lebensräume geführt hat und letztlich vor Gericht landete (z.B. Wiesent, Isar), soll hier einvernehmlich besser geregelt werden.

05.04.2023

Bei einem Presse-Ortstermin am Fuchslochsteg an der Pegnitz in Nürnberg verdeutlichten BN-Vertreter am Mittwoch (05.04.) die hohe Wertigkeit der drei Flüsse im Bereich der Städte und stellten das Kanukonzept vor. Hier hatte die BN-Kreisgruppe Nürnberg-Stadt vor über 30 Jahren in Abstimmung mit der Stadt ein Altwasser (wieder) angelegt und damit der Flussaue ein Stück typischer Auenlandschaft zurückgebracht. In dem Sumpfgebiet lebt heute zum Beispiel der europäisch geschützte Eisvogel, am Fluss findet man die Gebirgsstelze, in der Nähe sogar Flussuferläufer. Die Unterwasservegetation ist besonders gut entwickelt mit Ähren-Tausendblatt, Flutendem Hahnenfuß, Kamm-Laichkraut und Einfachem Igelkolben.

Tom Konopka, Regionalreferent für Mittelfranken: „An der Wiesent bei Forchheim gibt es seit Jahren massive Beeinträchtigungen der dortigen Vogelpopulationen und der Unterwasservegetation. Dort hat der BN mehrfach Gerichte bemühen müssen, um die Regeln für Bootsverleihbetriebe ein bisschen enger zu fassen. Seit wenigen Jahren versuchen Bootsverleiher, z. T. von der Wiesent, auch an den Flüssen in Nürnberg und Fürth Fuß zu fassen. Auch hier stehen die Flussabschnitte unter Landschafts- und zum Teil unter Schutz der europäischen Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie.“

Reinhard Scheuerlein, Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Fürth-Stadt erklärt: „Wir begrüßen die Initiative der beiden Städte, den Wassersport auf den drei Flüssen naturverträglich zu regeln. In Fürth wurde die Pegnitz zwischen Röllingersteg und Quellensteg renaturiert und es wurden dort sogar zwei neue Flussschleifen angelegt. Nicht nur dort bieten Sandbänke und Flussufer zahllosen gefährdeten Arten wie seltenen Libellen, Vögeln und Wildbienen wieder eine Heimat. Der BUND Naturschutz hat sich an der Konzeptdiskussion beteiligt, es ist ein brauchbarer Kompromiss zwischen den Bedürfnissen der Kanufahrer*innen, der Fischerei und dem Natur- und Gewässerschutz. Nun muss er auch umgesetzt werden. Weitere Abschwächungen wären nicht akzeptabel.“

Klaus-Peter Murawski, 1. Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Nürnberg-Stadt: „Mit dem Bayerischen Volksbegehren „Artenvielfalt in Bayern - Rettet die Bienen“ haben hunderttausende Menschen einen besseren Schutz der Natur eingefordert. Das wollen wir auch an unseren Flüssen umsetzen. Weil der sogenannte Gemeingebrauch von Gewässern, das Befahren Privater mit eigenen Booten grundrechtlich gesichert ist, kann dieser nur eingeschränkt werden, wenn besonders hochwertige Lebensräume betroffen sind. Dies muss auch fachlich begründet sein. Das Konzept leistet hierfür eine gute Grundlage.“

Roland Straub, 2. Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Nürnberg-Stadt: „Die Pegnitz wurde im Bereich zwischen Johannisbrücke und Frankenschnellweg in den 1990er Jahren in Teilbereichen renaturiert. Hier haben wir wieder den Biber, und das mitten in der Stadt. Solche Erfolge sollten wir nicht mehr in Frage stellen“.

Bedeutung der Flüsse Pegnitz, Rednitz und Regnitz in Nürnberg und Fürth:

Laut Bestandserfassung durch das Büro GFN Umweltplanung gehören die Flüsse und ihre Talräume „zu den wichtigsten landschaftsprägenden Elementen (geschützt als Landschaftsschutzgebiet und teilweise an der Rednitz in Nürnberg als FFH-Gebiet) und bieten einen strukturreichen Lebensraum für zahlreiche Arten (u.a. Vögel, Libellen, Fledermäuse, Biber und Fische), darunter gefährdete und streng geschützte Vogelarten (z.B. Eisvogel, Flussuferläufer, Uferschwalbe, Teichralle). Von den 24 in den Gewässern nachgewiesenen typischen Fischarten sind 17 gefährdet bzw. auf der Vorwarnliste, so z. B. Mühlkoppe (Vorwarnliste), Schneider (stark gefährdet) und Bachneunauge (vom Aussterben bedroht).“ Häufige Arten der Unterwasservegetation sind z.B. Ähren-Tausendblatt, der gefährdete Flutende Wasserhahnenfuß sowie Einfacher Igelkolben. Es kommen Rote Liste-Arten vor wie der Europäische Froschbiss. Es geht bei den drei Flussabschnitten um eine Gesamtlänge von ca. 22 km.

Kanukonzept:

Weil bereits seit 2018/19 fünf Anträge auf Genehmigung von Bootstouren in den zwei Städten vorlagen, aber keine ausreichenden Daten und Erkenntnisse für rechtssichere Entscheidungen, mussten Bestandserfassungen, Konfliktanalysen (Flora und Fauna am und im Gewässer, Gewässernutzung, Pegel, Ein-/ Ausstiegsstellen) und ein Maßnahmenkonzept durchgeführt werden. 2021 gewährte die Regierung von Mittelfranken und das Bayerische Umweltministerium dafür Fördermittel, das Konzept wurde vom Büro GFN-Umweltplanung aus München erstellt. Auch die Fachberatung für Fischereiwesen und das Wasserwirtschaftsamt Nürnberg steuerten Daten bei. Mit dem Konzept „soll der Bootstourismus, d.h. sowohl das gemein-gebräuchliche Befahren der Gewässer als auch die genehmigungspflichtige Schifffahrt, naturverträglich gesteuert werden.“

Wie auch an anderen Flüssen in Bayern gelten hier drei rechtliche Regelungen: Der sog. Gemeingebrauch (§25 Satz 1 WHG, Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayWG), die Schiff- und Floßfahrt (Art. 28 Abs. 4 BayWG) und das Bereithalten von Wasserfahrzeugen am oder im Gewässer (Art. 28 Abs. 5 BayWG).

Der Entwurf des Kanukonzepts („Gemeinsames Konzept der Städte Nürnberg und Fürth für einen naturverträglichen Bootstourismus auf Pegnitz, Rednitz und Regnitz -Kanukonzept) sieht vor, dass Schifffahrtsgenehmigungen zur Bereitstellung von Wasserfahrzeugen ausschließlich orts- und sachkundigen Mitgliedern ortsansässiger Kanuvereine erteilt werden sollen.

Die Gewässer dürfen nur bei einem Mindestwasserstand von 50 cm befahren werden. Nebengewässer, Nebenarme und Zuflüsse dürfen nicht befahren werden. Nebenarme wie an der Pegnitz beim Westfriedhof sollen mit Totholz vor Befahren geschützt werden.

Einige Gewässer sind während der Vogelbrutzeit 1.3.- 15.7. für den Kanusport tabu. Die Ausnahmen betreffen kundige Kanut*innen der Kanuvereine mit Europäischem Paddel-Pass Deutschland, Stufe 2 (EPP-2) zu bestimmten Tageszeiten auf der Rednitz, Regnitz und Pegnitz (nicht zwischen Stehender Welle und Röllingersteg). Wie bisher soll die Pegnitz vom Lederersteg bis Stadtgrenze Fürth vom 1.11. bis 30.4. gesperrt bleiben.

Stand-up-paddling ist ausschließlich im Abschnitt Rednitz-Süd zwischen der Ausstiegstelle Steinhauserweg und dem Vereins-Steg in Mühlhof zugelassen. Schlauchboote und Flöße werden auf allen vier untersuchten Flussabschnitten ausgeschlossen.

Maßnahmen zur Information und Lenkung u.a. durch land- und wasserseitige Informations- und Hinweistafeln, Information zu geeigneten Ein- und Ausstiegsstellen, Pegelständen, Kennzeichnung sensibler Bereiche, Festlegen und Bekanntmachen von Verhaltensregeln sind vorgesehen. Ungeeignete Ein- und Ausstiegsstellen sollen geschlossen oder verlegt werden.

Maßnahmen zur Verbesserung gewässerökologischer Defizite (wie z. B. Anlage von Hochstaudensäumen und Schilfröhrichten, Strukturverbesserungen, Auengehölze, Lehmwände für den Eisvogel) sollen in Zusammenarbeit mit dem Wasserwirtschaftsamt realisiert werden.

Bei ausreichendem Wasserstand können damit von Jedermann befahren werden:

  • Rednitz/Mühlhof bis Steinhauser Weg (ganzjährig),
  • Rednitz/Steinhauser Weg bis Katzwang (außer Vogelbrutzeit),
  • Rednitz/öff. Einstieg Kanuverein bis Rothenburger Straße (ganzjährig),
  • Rednitz/Förstermühle bis Flussdreieck (ganzjährig),
  • Regnitz/Flussdreieck bis Stadelner Wasserrad (außer Vogelbrutzeit),
  • Regnitz/Stadelner Wasserrad bis Vach Kunstmühle (außer Vogelbrutzeit).

Im ersten Halbjahr 2023 sollen die Stadtratsgremien von Nürnberg und Fürth das Kanukonzept beraten. Der BN appelliert an die Parteien in den Ratsgremien, den gefundenen Kompromiss nicht politisch zu verwässern.