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Skisport auf Kosten von Natur und Steuerzahlern

BN kritisiert starke Förderung des Skisportes und derzeitige Genehmigungspraxis in Bayern

09.03.2004

Völlig unbeeindruckt von der aktuellen kontroversen Diskussion um die radikalen Einsparungen der bayerischen Staatsregierung wird für den bayerischen Skisport sehr viel Geld verheizt und werden mehr denn je Zuschüsse der öffentlichen Hand gefordert. Damit wird ein extrem energieintensiver " und damit klimarelevanter - Sport künstlich weiter angekurbelt, der in Bayern wegen der Klimaerwärmung schon bald keine sichere Zukunft mehr hat. Dafür fordern Seilbahnunternehmer immer deutlicher Zuschüsse der öffentlichen Hand, Kapazitäten und künstliche Beschneiung werden weiterhin ausgebaut und bestehende Vorgaben wie der "Bergwald-Beschluss" werden zunehmend mißachtet, die ohnehin kaum mehr beachteten Genehmigungsgrundsätze für die künstliche Beschneiung sollen sogar aufgeweicht werden. Unterstützt vom bayerischen Kulturministerium läuft zudem eine Initiative des deutschen und bayerischen Skiverband "Pro Skisport" für mehr Skisport an Schulen.

"Dies alles erfolgt auf Kosten der Natur und auf Kosten der bayerischen Steuerzahler". kritisierte der Landesvorsitzende des Bundes Naturschutz in Bayern e.V. (BN), Prof. Dr. Hubert Weiger. "Den Profit machen Banken und Großkonzerne, während die Kommunen über hohe Verschuldung klagen und dennoch in weitere ökonomisch höchst fragwürdige Beschneiungsanlagen investieren." Nach Ansicht des BN könnten viele der Anlagen und Lifterweiterungen obsolet werden, bevor sie sich amortisiert haben.

Wenn aber die Wachstumsschraube beim Alpinski tatsächlich so angedreht wird, wie es derzeit den Anschein hat, dann ist das nicht nur eine Investition in die falschen Projekte, sondern auch eine Unverantwortlichkeit der ganz besonderen Güte: Beschneiung, neue Bahnen & Co verbrauchen unzumutbar viel Energie und verstärken damit auch den Klimawandel. Sie belasten darüber hinaus die Bergnatur, die mehr denn je als Schutz vor Rutschungen, Muren, Hochwasser etc. gebraucht wird.

Intelligentes Sparen würde nach Ansicht des BN bedeuten, die Klimaprognosen endlich ernst zu nehmen. "Statt forcierter staatlicher Förderung des Skisportes, des Leistungssportes und weiterer Massenveranstaltungen brauchen wir in Bayern Konzepte für die Zeit nach 2010 " 2015, wie der bayerische Wintersport auf die veränderten Klimaverhältnisse reagiert." forderte Werner Fees, stellvertretender Sprecher des BN AK Alpen. Staatliche Förderung muss für die Alternativen zum Skisport verstärkt werden. Viele der naturverträglichen Winteraktivitäten, die der BN als Alternative betrachtet, sind unabhängig von Schneegarantien oder dem perfekten Wetter. Sie sind sowohl in wirtschaftlicher als auch ökologischer Art zukunftsfähig.
Als besonders unzulänglich und änderungsbedürftig sieht der BN die derzeitige Praxis der Genehmigung von Skitourismus-Einrichtungen durch Behörden und Kommunalparlamente an. Nach Salamitaktik werden nahezu alle beantragten Vorhaben genehmigt, ohne die Auswirkung der gesamten Entwicklung auf die Leistungsfähigkeit der betroffenen Landschaftsteile, insbesondere der Tierwelt, der Bergwälder, der, Gewässerökosysteme und der Böden zu prüfen.

Der BN fordert deshalb von der bayerischen Staatsregierung

- keine weitere staatliche Förderung und Schwerpunktsetzung im Alpin-Skisport;
- keine Aufweichung der Genehmigungsgrundsätze für Beschneiungsanlagen, stattdessen keine weitere Genehmigung von Beschneiungsanlagen;
- keine Zulassung von Bergwald-Rodungen;
- die Erstellung langfristiger Gesamtkonzepte für gesamte Skigebiete zur übergeordneten Lenkung der Entwicklung im Wintersport; Ausrichtung der Genehmigungspraxis an solchen Gesamtkonzepten;
- verstärkte Förderung von alternativen Wintersportfreizeiten an Schulen;
- konsequente und restriktive Beachtung der Ziele der Alpenkonvention

Hintergründe:

Verpulvert Bayern sein Geld im Alpin-Skisport ohne Zukunft "

Das Ende der Investitionen im Skisport kann schneller kommen als gedacht. In den letzten Jahren überschlagen sich die Klimaprognosen und die Meldungen über Auswirkungen auf die Skigebiete der Alpen. Nach einer neuen Studie der UNO steigt die durchschnittliche sichere Schneegrenze bis 2030 um 300 m an. In der Schweiz, wo heute 85 % der Skigebiete als schneesicher gelten, werden es in 50 Jahren nur noch 44% sein. Zudem werden Permafrostböden auftauen und zahlreiche Seilbahnen in ihrer Stabilität gefährden. Als kritische Grenze für die Rentabilität von Skigebieten wird von den Experten bereits seit Jahren die Höhe von 1.500 m genannt " der Großteil der Pistenflächen der bayerischen Skigebiete liegt unter dieser Höhengrenze.

Ob in 50 Jahren überhaupt noch jemand über Skisport in den bayerischen Alpen nachdenkt " Die Frage scheint berechtigt, Banken interessieren sich bereits heute für die Klimaveränderungen, weil sie Kredite nur noch in aussichtsreiche Tourismusgebiete stecken wollen.

Der Klimawandel ist nicht nur in aktuellen UN-Studien nachgewiesen, sondern findet für jeden spürbar aktuell statt, wie die letzten Jahre (Hitzesommer 2003, Hochwasser) eindrucksvoll gezeigt haben. Auch der letzte Winter mit einem heftigem Wärmeeinbruch (Dezember 02/ Januar 03) ließ den künstlich produzierten Schnee rapide wegschmelzen. Damit schmolz auch die Rentabilität dahin.

Die Natur bleibt auf der Strecke, wer profitiert "

Die negativen ökologischen Folgen des Skisportes sind seit langem bekannt. Die Belastungsgrenze vieler Skigebiete ist aus ökologischer Sicht bereits vielfach überschritten. Dennoch sind mit Kapazitätserweiterungen und neuen Schneekanonen immer neue Eingriffe verbunden, die die Natur weiter zurückdrängen. Nicht einmal verbindlich festgeschriebene Ausgleichsmaßnahmen für die Natur werden eingehalten, wie ein aktuelles Gutachten des BN am Götschen (Gemeinde Bischofswiesen im Berchtesgadener Land) nachgewiesen hat. Auch das Verbot der Bergwald-Rodungen (Landtags-Beschluss !) wird in letzter Zeit wieder verstärkt durchbrochen. Für den Skifahrer und einen angeblichen touristischen Aufschwung durch neue Attraktionen wird heutzutage mehr denn je Natur geopfert. Kaum sind die Protokolle der Alpenkonvention in Kraft getreten und auch von Deutschland unterzeichnet, scheinen die Ziele und Vorgaben der Alpenkonvention weniger denn je beachtet zu werden.

Mit all diesen Maßnahmen wird letztlich der Weg bereitet für weitere Massensportveranstaltungen und für die Fortsetzung der Aufrüstungsspirale. Die Natur bleibt weiter auf der Strecke, Gemeinden verschulden sich und der große Profit bleibt bei einigen Groß-Konzernen. Dies zeigen aktuelle Planungen am Spitzingsee (Fa. Schörghuber) und die Aufbruchstimmung, die in Garmisch-Partenkirchen in Zusammenhang mit der Bewerbung um die Ski-WM entstanden ist. Die Vorbereitung der WM-Bewerbung dient wiederum als Argument für die Durchführung anderer "sportlicher Großereignisse" und nach Salamitaktik werden immer neue und weitere Planungen bekannt, zuletzt die Ausdehnung und Beschneiung am Hausberg. Wirtschaftliche Verheißung und erwarteter Wirtschaftsboom scheinen sich verselbständigt zu haben und dienen als Totschlagargument gegen jegliche die Natur schützende Stimme.

Der BN fordert daher mehr denn je die Grenzen dieser Wachstums-Manie ein. Grundlage des gesamten Skitourismus ist und bleibt die Natur " auch wenn dies scheinbar manche mittlerweile vergessen haben. Eine Stagnation des Skisportes darf nicht zur Aufweichung von Grenzen führen, sondern muss im Gegenteil als Chance zur Umorientierung genutzt werden. Der BN fordert strikter denn je die Einhaltung von Grenzen zum Schutz der hochbelasteten Natur in den bayerischen Alpen. Insbesondere fordert der BN die Einhaltung des Beschlusses des Bayerischen Landtages zum Verbot von Bergwald-Rodungen und die Beibehaltung, Anwendung und Verschärfung der Genehmigungsgrundsätze für Beschneiungsanlagen. Der BN lehnt sowohl Bergwald-Rodungen als auch Kunstschnee strikt ab.

Wer finanziert den Skizirkus "

Der Skisport ist mit zahlreichen Investitionen verbunden. Dazu zählen v.a. Erweiterungen und Erneuerungen von Seilbahnen und weitere Schneekanonen. Allein im letzten Jahr hat sich die Fläche der beschneiten Fläche in den bayerischen Alpen um 12 % auf ca. 380 ha erhöht. Dabei ist insbesondere ein verstärkter Trend zur Beschneiung von Loipen festzustellen ! Auch für 2004 liegen bereits etliche Anträge auf neue Beschneiungsanlagen vor, z.B. am Sudelfeld, das ebenfalls unter der im Hinblick auf die Schneesicherheit kritisch geltenden Höhenlage von 1.500 m liegt.

Die ökonomischen Folgen der Investitionsspirale "Skisport" haben mittlerweile ein erhebliches Ausmaß angenommen, das auch den Steuerzahler interessieren muss " denn er zahlt indirekt daran mit. Hoch subventioniert ist z.B. der Olympia-Stützpunkt Alpinski in Garmisch-Partenkirchen. Nachdem der Deutsche Skiverband mit seinen Neu-Planungen an einem Bürgerentscheid in Rettenberg gescheitert ist, werden die Zuschüsse nun in neue Anlagen nach Garmisch-Partenkirchen gelenkt. Allein für gewaltige geplante Eingriffe am Hausberg, wo auf 15 ha gebaggert werden soll, 6-8 ha Bergwald fallen sollen und 25,7 ha neue Beschneiungsflächen geplant sind, stehen 4,8 Millionen Euro zur Verfügung.

Viele Bergbahnen sind bereits überschuldet, in Frankreich sind die meisten von Ihnen mittlerweile in Besitz von Banken. Insbesondere die Kosten für die Installation und den Unterhalt der künstlichen Beschneiung sind immens. In Bayern wird der Ruf des Verbands deutscher Seilbahnen nach Zuschüssen der öffentlichen Hand immer lauter. Bereits jetzt leisten viele Gemeinden einen großen finanziellen Anteil zu Modernisierungen und Betrieb von Skigebieten, einige Bergbahnen sind sogar ganz in kommunaler Hand. So ist die Gemeinde Oberaudorf im Landkreis Rosenheim mit 1,35 Millionen Euro an den Investitionen im Skigebiet Hocheck beteiligt. Die Gemeinde Oberammergau finanzierte die 750.000 Euro teure Anlage ganz aus der Gemeindekasse. Die Allgäuer Gemeinde Ofterschwang beschloss zur Aufrechterhaltung der mit rund 3 Mio. verschuldeten Liftgesellschaft, den Anteil der Gemeinde ihren Anteil mit weiteren 200.000 Euro zu verdoppeln.

Da die Zahl der Alpin-Skifahrer alpenweit seit vielen Jahren zurückgeht - besonders ausgeprägt ist der Rückgang unter den Urlaubsgästen in den bayerischen Alpen " ist offensichtlich eine verstärkte Werbung für den Alpin-Skisport nötig geworden. Der BN bewertet es als massiven Rückschritt, dass nun mit Unterstützung des bayerischen Kultusministeriums wieder verstärkt an den Schulen für den Alpin-Skisport geworben wird. Gerade in den letzten Jahren haben Schulen zunehmend alternative Winterfreizeiten durchgeführt " eine Entwicklung, die der Deutsche Skiverband nun offensichtlich wieder rückgängig machen will. Ein weiterer massiver Rückschritt ist die Ankündigung des bayerischen Wirtschaftsministers, die Beschränkungen für den Bau von Beschneiungsanlagen zu lockern.

Im gnadenlosen Kampf um den Skifahrer werden alle Waffen eingesetzt, von der Schneekanone bis zu Nacht-Abfahrten bei Flutlicht Angesichts drohender Klimaerwärmung erinnern die derzeitigen Aktivitäten an eine Art Torschlusspanik, in der kurz vor gravierenden Umwälzungen im Wintersport noch einmal alles getan wird, um an alten Strukturen festzuhalten.

Der BN fordert deshalb:

von der bayerischen Staatsregierung
- keine weitere staatliche Förderung und Schwerpunktsetzung im Alpin-Skisport;
- keine Aufweichung der Genehmigungsgrundsätze für Beschneiungsanlagen, stattdessen keine weitere Genehmigung von Beschneiungsanlagen;
- keine Zulassung von Bergwald-Rodungen;
- die Erstellung langfristiger Gesamtkonzepte für gesamte Skigebiete zur übergeordneten Lenkung der Entwicklung im Wintersport; Ausrichtung der Genehmigungspraxis an solchen Gesamtkonzepten;
- verstärkte Förderung von alternativen Wintersportfreizeiten an Schulen;
- konsequente und restriktive Beachtung der Ziele der Alpenkonvention

von den bayerischen Fremdenverkehrsgemeinden:
- Abkehr von der massiven Werbung für Alpin-Skisport und Förderung und Darstellung der zahlreichen meist schon vorhandenen Alternativ-Angebote;

vom deutschen und bayerischen Skiverband:
- vorbildliches Verhalten der Skilehrer und Beachtung aller jeweils geltender Regelungen zum Schutz von Natur und Umwelt.

Die Chancen, dass alternative Angebote von einem breiten Urlauberkreis angenommen werden, sind in den bayerischen Alpen sogar weit besser als in Salzburg, Tirol, Südtirol oder den französischen Alpen, denn der typische" Winterurlauber in den bayerischen Alpen ist nicht der klassische Alpin-Skifahrer, sondern legt Wert auf Abwechslung und vielfältige Angebote aus Sport, Naturerlebnis, Gastronomie, Kultur und Sehenswürdigkeiten. Das Alpin-Skifahren hat für den Winterurlaub in den bayerischen Alpen bei weitem nicht den Stellenwert wie in den Groß-Skidestinationen Österreichs, der Schweiz und Frankreichs. Ein großer Teil der Winterurlauber in den bayerischen Alpen fährt überhaupt nicht Abfahrtsski. Viele Winterurlauber sind nur einen oder wenige Tage auf der Piste unterwegs und machen an den restlichen Tagen Winterwanderungen, besichtigen schöne Dörfer, Schlösser, Kirchen und Museen, gehen zum Rodeln oder fahren mit einer Kutsche u.a..

Gerade angesichts dieses touristischen Profils ist es nicht nachzuvollziehen, weshalb die touristische Bewerbung für die Wintersaison sowohl von den einzelnen Fremdenverkehrsämtern, wie auch insbesondere von den touristischen Zusammenschlüssen immer noch v.a. auf den Alpin-Skisport setzt. Dabei haben eine Reihe von v.a. kleineren Wintersportorten sehr ansprechende Alternativangebote zum Pistenskifahren im Programm. Dazu gehören gut präparierte Loipen aller Schwierigkeitsgrade, Rodelbahnen, Schlittenhunderennen, Pferdekutschenfahrten, geführten Winterwanderungen und Schneeschuhtouren, Schauwildfütterungen, Montgolfiaden, Wellnessangebote und vieles andere mehr. Zunehmender Beliebtheit erfreuen sich auch Winterwanderungen auf geräumten Wegen. Auch diesen Trend greifen die Fremdenverkehrsorganisationen bislang eher abwartend auf, statt " wie in der Schweiz " offensiv dafür zu werben und das Angebot zu optimieren. Besonders großes Interesse finden geräumte Winterwanderwege wegen mehr Sonne und besserer Aussicht in mittleren Lagen. Aber nur in Einzelfällen gibt es in den bayerischen Alpen bislang solche Wege, z.B. 2,5 km geräumte Wege am Predigtstuhl bei Bad Reichenhall.