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Lebensmittelkennzeichnung "Ohne Gentechnik" - ist Verbraucherschutz und Beitrag für ein gentechnikfreies Bayern

Bund Naturschutz (BN) kritisiert Angstkampagne des deutschen Raiffeisenverbandes zu Gunsten der Gentechnikkonzerne

28.02.2008

Durch die beschlossene  Novellierung des deutschen Gentechnikgesetzes haben Lebensmittelverarbeiter ab Herbst die Möglichkeit,  ihre Lebensmittel mit einem "Ohne Gentechnik"  Label zu versehen. Der BN begrüßt diese Verordnung als wichtige Möglichkeit, den Einsatz von genmanipulierten Futtermitteln in der Schweine-, Geflügel und Rindermast sowie bei der Milchproduktion in Bayern massiv zu verringern. Hubert Weiger, BN Landesvorsitzender: „Diese Kennzeichnung kann  Transparenz im Markt für Futtermittel schaffen, denn derzeit stammen  ca. 50 % des in Deutschland eingesetzten Sojaschrotes in der Fütterung von gentechnisch veränderten Sojabohnen.“ Auf den Weltmärkten landen ca. 80 % aller gentechnisch veränderten Pflanzen, in der Hauptsache Soja und Mais, im Futtertrog. Der BN wendet sich entschieden gegen die Aussagen des Präsidenten des deutschen Raiffeisenverbandes, Manfred  Nüssel, die neue Kennzeichnung sei Verbrauchertäuschung, und es gäbe weltweit schon nicht mehr genügend gentechnikfrei erzeugtes Futter. „ Das sind die Wunschträume von Manfred Nüssel, der als Steigbügelhalter der Gentechnikkonzerne nichts unversucht lässt, den Absatzmarkt für genmanipulierte Futterpflanzen in Europa zu vergrößern, so Weiger, und weiter: „Raiffeisen versucht auch, Angstkampagnen zu schüren, gentechnikfreies Futter würde sehr viel teurer, um Metzger, Molkereien und Lebensmittelhandel davon abzuhalten ,die jetzt erleichterte Kennzeichnung „ohne Gentechnik“ im Sinne des Verbraucherschutzes zu nutzen“. Begleitet werden diese Vorstöße von großen internationalen Handelsunternehmen, wie z.B. der Töpfer International GmbH in Hamburg, die die Zulassung neuer gentechnisch veränderter Sojasorten in der EU vorantreiben möchten. Behauptet wird,  dass 2009 in den Gentechnikanbauländern USA, Argentinien und Teilen Brasiliens neue gentechnisch veränderte Sojalinien zum Einsatz kämen, die in der EU noch keine Zulassung haben, so dass es zu Engpässen bei der Versorgung des europäischen Viehs kommen wird, falls die EU nicht ihr Zulassungsverfahren für gentechnisch veränderte Pflanzen beschleunigen würde. Gefordert wird von Gentechnikbefürwortern auch, die EU solle die Kontamination der Futtermittel durch noch nicht zugelassene gentechnisch veränderte Linien erlauben, um die Fleischerzeugung in Europa zu sichern.

 

Marktzahlen für gentechnikfreien Soja

 

Töpfer international arbeitet mit falschen, künstlich erhöhten Zahlen über den internationalen Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen , und versucht, die europäische Fleischbranche unter Druck zu setzen. Diese ist jedoch mit den  Anforderungen der europäischen Verbraucher konfrontiert, die in ihrer großen Mehrheit genmanipulierte Produkte ablehnen.

In die  EU werden jährlich ca. 40 Mio Tonnen Soja und Sojaschrot importiert. Tatsache ist, dass in  Brasilien und Indien genügend gentechnisch nicht verändertes Soja erzeugt wird, um jede realistisch denkbare Nachfrage aus Europa zu befriedigen. Allerdings sind dafür Überwachungs – und Zertifizierungsanstrengungen erforderlich, um die Ware vom Ursprung über die gesamte Infrastruktur des Transports und der Verladung bis zur Vermarktung in Europa getrennt von gentechnisch veränderter Ware zu halten. Eine solche Kette bringt gewisse Mehrkosten mit sich.

 

      Bislang gab es ausreichend als gentechnikfrei zertifizierte Ware, um der Nachfrage in Europa gerecht zu werden. In 2007 wurden ca. 4 Mio zertifiziert gentechnikfreie Ware angeboten, das zertifizierbare Volumen betrug über 6 Mio Tonnen. Erst in den letzten Monaten ist die Nachfrage nach zertifiziert gentechnikfreier Ware wegen neuer Qualitätskonzepte sehr stark gestiegen. Die Produzenten und Ölmühlen konnten diese zusätzlichen Mengen nicht so schnell zertifizieren, so dass derzeit ein gewisser Lieferengpass aufgetreten ist, da die bereits seit längerer Zeit gentechnikfrei produzierenden Lebensmittelverarbeiter sich frühzeitig mit Rahmenverträgen über das gesamte Jahr 2008 eingedeckt haben.

 

Allerdings kommen auch neue Anbieter an den Markt – sowohl aus Brasilien (nahezu 2 Mio. t insgesamt neu) als auch kleinere Mengen aus Indien. Die sind ebenfalls zertifiziert (max. 0.1% GMO-Gehalt, und überwiegend sogar nach den sog. Basler Kriterien, die auch einen sozial- und umweltverträglichen Anbau sicherstellen.)

Die in Deutschland verwendeten Mengen an Soja bestehen nur zu ca. 50% aus gentechnisch verändertem Soja. Um ihr Haftungsrisiko zu begrenzen, bringen einige größere Anbieter die Ware jedoch als gentechnisch verändert auf dem Markt.  Der BN ruft alle Landwirte und Lebensmittelverarbeiter auf, die gentechnikfrei produzieren wollen, sich von dieser Marktstrategie und versuchten Preissteigerungen  nicht abhalten zu lassen, und gegebenenfalls ihren Anbieter zu wechseln. Das Raiffeisenkraftfutterwerk Würzburg ist als Ganzes gentechnikfrei zertifiziert. Markttransparenz für gentechnikfrei erzeugtes Futter schafft die private Website: www.zivilcourage.ro.

Der BN rechnet damit, dass  sich viele weitere Molkereien und Fleischvermarkter mit der ohne Gentechnik Kennzeichnung am Markt platzieren werden, und sich deshalb schon jetzt Gedanken darüber machen,  woher sie ihre Ware im kommenden Jahr beziehen werden. Die entsprechenden Rahmenverträge für die  Abnahme in 2009 sollten, laut Branchenkennern, spätestens im Juli bis Oktober 2008 abgeschlossen werden.

 

Heimische eiweißreiche Futtermittel

 

Neben dem Importfuttermitteleinsatz bietet sich – aus Naturschutzsicht zu bevorzugen – auch der regionale Bezug von Eiweißfuttermitteln an. Soja lässt sich auch in Bayern in klimatisch geeigneten Räumen gut erzeugen. Josef Asam, Landwirt und  Inhaber einer bayerischen Sojaanbau- und Handels-GmbH im Landkreis Aichach Friedberg konnte in 2007 über 1000 t bayerisches gentechnikfreies Soja an Landwirte vermarkten. Zu den Kunden gehören neben den „Unser Land“ Betrieben auch die Erzeugergemeinschaft Neuland. Darüber hinaus werden  in Aichach auch Biosojabohnen weiterverarbeitet.

In Deutschland lassen sich neben Soja auch noch andere eiweißreiche Futtermittel anbauen:

·         Wiesenheu ist für die Rinderfütterung, vor allem  zur Milcherzeugung die ideale Eiweißquelle.

·         Ackerbohnen, Erbsen und Lupinen -  ihr Anteil beträgt in Deutschland derzeit nur ca. 2% der Ackerfläche und könnte gut ausgeweitet werden.

·         Kleegras ist ein Gemenge aus Gras und Klee, und wird als Feldfutter angebaut

·         Nebenprodukte der Rapsölgewinnung, z.B. Rapsölkuchen oder Rapsextraktionsschrot kann in der Rinderernährung  und der Schweinemast eingesetzt werden.

·         Kartoffeleiweiß fällt als Nebenprodukt bei der Stärkeherstellung aus Kartoffeln an

 

BN Forderungen

 

Der BN fordert die bayerischen Lebensmittelverarbeiter, insbesondere das  Metzgerhandwerk und die bayerischen Molkereien auf, für mehr Transparenz durch die Verwendung gentechnikfreier Futtermittel zu sorgen, um den Wünschen der Verbraucher entgegenzukommen.

 

Gleichzeitig fordert der BN die bayerischen Staatsregierungauf, eine Verbraucheraufklärungskampagne  zu der jetzt erleichterten „Ohne Gentechnik“ zu starten.

 

Weitere Forderung ist, von staatlicher Seite her für mehr Transparenz am Markt für Zusatzstoffe zu sorgen, ob mit Hilfe gentechnisch veränderter Mikroorganismen erzeugt wurden. Bislang gilt für Zusatzstoffe keine Deklarationspflicht, so dass es dem einzelnen Metzger oder der Molkerei nicht offensichtlich ist, wo die Waren bei der Verarbeitung mit Gentechnik in Berührung gekommen sein könnten. Zur Anwendung und dann auch zur  Überwachung des Labels ohne Gentechnik, das auch für pflanzliche Lebensmittel verwendet werden kann, muss ein transparentes, für Verarbeiter im Internet zugängliches „Gefahrenstoffregister“ vorliegen, das  den Lebensmittelverarbeitern und dem Handwerk die Umsetzung des nötigen Qualitätssicherungssystems erleichtert.

 

Für Rückfragen: Marion Ruppaner, BN Referentin für Landwirtschaft ,Tel. 0911/81 87 8-20, E-Mail: marion.ruppaner@bund-naturschutz.de

 

Anlage zu PM 015-08/LFGS vom 28.2.08

 

Kennzeichnungsmöglichkeit: „ohne Gentechnik“

Die Möglichkeit, Lebensmittel  mit dem Label „ohne Gentechnik“ zu kennzeichnen besteht seit 1998 (Verordnung über neuartige Lebensmittel und Lebensmittelzutaten und über deren Kennzeichnung). Diese Regelung war jedoch sehr streng ausgelegt, so dass Lebensmittelverarbeiter das rechtliche Risiko nicht auf sich nehmen wollten, und deshalb  Lebensmittel mit „ohne Gentechnik“ Label  im Handel bis heute kaum zu finden sind.

Die  Neuregelung erleichtert es den Verarbeitern, Transparenz zu schaffen.
Folgende Anforderungen müssen erfüllt werden, um ein in Deutschland hergestelltes Lebensmittel künftig mit r "Ohne Gentechnik"-auszuloben:

Lebensmittel „ohne Gentechnik“ dürfen weder gentechnisch veränderte Bestandteile enthalten noch bestehen sie aus gentechnisch veränderten Organismen oder sind aus solchen hergestellt. (Grenzwert 0,1 %).

 

Das gilt auch für Zusatzstoffe und Enzyme, mit .der Ausnahme, die auch für die  EU-Vorschriften für ökologische Erzeugung gilt: Wenn ein Zusatzstoff bzw. ein Enzym unverzichtbar und nur noch ausschließlich durch gentechnische Verfahren hergestellt verfügbar ist, dann darf dieser Stoff nach besonderer Zulassung eingesetzt werden.

Bei Lebensmittelntierischer Herkunft – Milch- und Molkereiprodukten, Eiern sowie  Fleisch-und Wurstwaren - bedeutet die "Ohne Gentechnik"-Kennzeichnung nicht nur, dass das Lebensmittel selbst gentechnikfrei ist - wie oben beschrieben -  sondern dass die Tiere, von denen diese Produkte stammen, ohne gentechnisch veränderte Futterpflanzen ernährt wurden und zwar in folgenden Zeiträumen:

Zeiträume vor Gewinnung eines Lebensmittels, innerhalb deren eine Verfütterung von Futtermitteln mit EU-Gentechnik-Kennzeichnung unzulässig ist:

 

Rindern:  Zwölf Monate und mindestens drei Viertel ihres Lebens

Schafe und Ziegen: Sechs Monate

Schweine: Vier Monate

Milchproduzierende Tiere: Drei Monate

Mastgeflügel, das eingestellt wurde, bevor es drei Tage alt war: zehn Wochen

Geflügel vor der Eierzeugung: Sechs Wochen

 

Bei tierischen Lebensmitteln dürfen im Futter Zusatzstoffe mit Hilfe von GVO hergestellt sein (sind aber selber kein GVO)

Auch die Verwendung von Tierarzneimitteln , die mit Hilfe von GVO hergestellt sind (sind aber selber kein GVO) ist erlaubt.

 

Die Ausgestaltung des Labels ist dem Nutzer überlassen.

Vorgaben zur Nachvollziehbarkeit:

Wer Lebensmittel mit der „ohne Gentechnik“ Kennzeichnung in den Verkehr bringt oder bewirbt, muss über das Zubereiten, Bearbeiten, Verarbeiten oder Mischen der Lebensmittel oder das Füttern der Tiere Nachweise führen, dass die vorgeschriebenen Anforderungen eingehalten worden sind. Als geeignete Nachweise werden insbesondere Erklärungen des Vorlieferanten, Dokumentationen und Analyseberichte genannt. Verstöße sollen mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe geahndet werden.