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Naturschutzgebiet Sieben Buckel, Lkr. Neustadt/A.- Bad Windsheim

Geplanter Gipsabbau bleibt höchst umstritten
Umweltprobleme beim Gipsabbau durch KNAUF im In- und Ausland

27.05.2004

Seit 1996 will die Fa. KNAUF im direkten Anschluss zum bestehenden Naturschutzgebiet "Sieben Buckel und Gipshöhle Höllern" bei Markt Nordheim Gips abbauen. Der Bund Naturschutz sieht hier den Bestand des europaweit bedeutsamen Schutzgebietes bedroht und hat gegen die Abbaugenehmigung Ende 2001 Klage eingelegt.

Eine E-Mail-Kampagne des Bundes Naturschutz erbrachte mittlerweile über 600 Protestschreiben an den Gipskonzern. Damit soll KNAUF zum Umdenken gebracht werden (Protestmail unter www.bund-naturschutz.de).

Durch den Aufruf des BN zum Schutz der Sieben Buckel im Internet ergaben sich mittlerweile Kontakte zu Initiativen, die sich auch an anderer Stelle für den Erhalt der seltenen Gipssteppen einsetzen und damit mit KNAUF in Konflikt gerieten:
Im Südharz, wo sich die BUND-Landesverbände Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen gegen großflächige Ausbeutung der Gipslagerstätten im Südharzer Gipskarstgürtel wehrt und wo Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus erst Mitte März 2004 gegen ein neues Abbaugebiet entschied.
In Österreich, wo die "Plattform zum Schutz des Gesäuses" am Rand des gleichnamigen Nationalparks um den Erhalt des berges Dörfelstein kämpft.
In Moldawien, wo durch KNAUF die weltweit drittgrößte Gipshöhle
(Emil-Racovita-Höhle) mit über 70 km Länge bedroht ist und wo das "Moldovan Ecologist Movement" um deren Erhalt ringt.

Angesichts der im Regionalplan bereits ausgewiesenen 2.200 ha Vorrangflächen für Gipsabbau in West-Mittelfranken besteht derzeit keine Not für KNAUF, Gips abzubauen. Hier in Markt Nordheim soll unter dem Deckmantel des Naturschutzes der ungezügelte Abbau in geschützten und europaweit bedeutenden Gebieten durchgesetzt werden. Ein absoluter Präzedenzfall. KNAUF will durch sein Schau-Projekt die bereits unter Schutz stehenden großen Gipssteppen im Südharz und anderswo für den Abbau freibekommen.

Derzeit kann der Bedarf nach Gips für Bauzwecke vollständig durch Gips aus der Rauchgasentschwefelung großer Kraftwerke gedeckt werden. An diesen Kraftwerken fallen derzeit jährlich etwa 6,3 Mio. Tonnen Gips an, genug um einen Großteil der Gipsindustrie zu versorgen und ausreichend, um die schutzwürdigen Gebiete zu retten. In den neuen Bundesländern befinden sich derzeit riesige Halden solchen "REA-Gipses", allein die VEAG hat über 3 Mio. t REA-Gipse auf Halde liegen, die vertraglich nicht abgenommen werden.

Der Bund Naturschutz fordert von KNAUF deshalb den Einstieg in die nachhaltige Gipswirtschaft mit der vorrangigen Verwendung von Gips aus der Rauchgasentschwefelung. Außerdem die sparsame Verwendung dieses Baustoffes durch den Einsatz von Stroh-, Papier und Holzplatten aus nachwachsenden Rohstoffen. Und den Verzicht auf die umstrittenen Abbauvorhaben am NSG Sieben Buckel, im Südharz, am Dörfelstein und in Moldawien.

Geplanter Gipsabbau am NSG Sieben Buckel

Auf einer Fläche von 11,5 ha sollen nach dem Antrag 5,4 ha Gipslagerstätten am NSG "Sieben Buckel und Gipshöhle Höllern" ausgebeutet werden. Dafür sind Sprengarbeiten nötig. Die Fa. KNAUF rechnet mit der Gewinnung von 300.000 t Gipsgestein und einer Abbaudauer von zwei bis drei Jahren.

Nachdem das Ansbacher Verwaltungsgericht im Juni 2003 den Eilantrag des BN auf aufschiebende Wirkung abgelehnt hatte, hat KNAUF mit vorbereitenden Arbeiten begonnen. Das Urteil im Hauptsacheverfahren steht aber noch aus. Der Bund Naturschutz hat mehrere Gutachten zur Schutzwürdigkeit und zu den Grundwasserverhältnissen vorgelegt, die dem Gericht die Entscheidung offenbar nicht mehr so leicht machen wie noch im September 2002, als eine Gerichtsentscheidung bereits angekündigt worden war.

Insgesamt haben nun über 600 Unterzeichner die Protestaktion zum Erhalt der Sieben Buckel unterstützt. Neben den vielen Privatpersonen haben sich auch zahlreiche Verbände und Persönlichkeiten aus der Forschung zu einem breiten Bündnis gegen den Gipsabbau bei Sieben Buckel zusammengeschlossen. Die Umweltorganisation Robin Wood, zahlreiche Kreis- und Landesverbänden des BUND und des NABU, der Bundesverband der deutschen Höhlen- und Karstforscher, der Verein zur Erforschung der Flora des Regnitzgebietes und die Naturhistorische Gesellschaft Nürnberg haben sich mit uns solidarisiert. Namhafte Persönlichkeiten aus der Forschung wie Prof. Meischner (Universität Göttingen, Geologie und Paläontologie) haben sich mit ihrer Unterschrift ebenfalls gegen den Gipsabbau bei Sieben Buckel ausgesprochen.

Das Naturschutzgebiet ist überregional wegen seiner seltenen Gipssteppenvegetation und "fauna und der größten bayerischen Gipshöhle bekannt und folgerichtig vom Freistaat Bayern als europäisches Schutzgebiet gemeldet worden. Der Bund Naturschutz sieht den Bestand des Schutzgebietes bedroht. Damit würden nicht nur die berühmten gelbblühenden Frühlings-Adonisröschen und viele seltene Tierarten wie der Erd-Bock im Naturschutzgebiet gefährdet, auch ein Einsturz der als bedeutendes Fledermausquartier bekannten riesigen Gipshöhle Höllern durch Sprengungen in unmittelbarer Nähe wäre wahrscheinlich. Beeinträchtigungen der nur wenige hundert Quadratmeter (!) großen Gipssteppen durch Grundwasserabsenkungen sind nicht auszuschließen. Alle bisherigen Anstrengungen des BN - seit den 60er Jahren Eigentümer angrenzender Naturschutzflächen "zum Schutz und der Förderung der Naturkostbarkeiten wären in Frage gestellt.

Der Gipskonzern berief sich bei seinem Antrag auf bergrechtliche Genehmigung ausgerechnet auf den Naturschutz! Durch den Gipsabbau sollen offene Gipsböden zur Förderung der speziell angepassten Gipssteppenvegetation geschaffen werden, meint KNAUF und beruft sich dabei auf Unterstützung durch Fachleute aus dem Naturschutz. Tatsache ist, dass sich nicht nur der Bund Naturschutz gegen den Gipsabbau stemmen, sondern auch die Naturhistorische Gesellschaft Nürnberg, deren Abteilung Höhlen- und Karstkunde bereits vor vielen Jahren Kartierungen der Höhle vornahm. Auch ausgewiesene Fachleute der Vegetationskunde wie Prof. Dr. Werner Nezadal, Arbeitsgruppe Geobotanik der Universität Erlangen oder Dipl. Biol. Michael Bushart vom Institut für Vegetationskunde und Landschaftsökologie (Röttenbach), das seit Jahren Dauerbeobachtungsflächen im Naturschutzgebiet betreut, sprechen sich gegen das Vorhaben aus. Die ZoologInnen, die in den letzten Jahren Untersuchungen an den Sieben Buckeln vornahmen, Dr. Doris Heimbucher und der Vertreter der nordbayerischen Koordinationsstelle Fledermausschutz der Universität Erlangen, Dipl. Biol. Matthias Hammer, lehnen das Projekt von KNAUF ebenfalls aus fachlichen Gründen ab.

Das Gelände liegt außerhalb eines Vorranggebietes nach dem Regionalplan Westmittelfranken. Es war bis 1995 Teil einer Vorrangfläche für Gips- und Anhydritgewinnung ("G6"). Im gültigen Regionalplan ist die Fläche jedoch herausgenommen worden, um das Naturschutzgebiet "Sieben Buckel und Gipshöhle Höllern" erweitern zu können. Im Anhörungsverfahren 1995 hatten sich das Landratsamt Neustadt/A.-Bad Windsheim, das Bay. Landesamt für Umweltschutz, die Regierung von Mittelfranken und der BN für die Herausnahme eingesetzt. Die Herausnahme wurde vom Regionalen Planungsausschuss beschlossen und ist am 16.09.98 rechtskräftig geworden.

Derzeit sind in Westmittelfranken ca. 2.200 ha Vorranggebiete und ca. 10.000 ha Vorbehaltsgebiete für Gips/Anhydritgewinnung ausgewiesen. Der Bund Naturschutz hat in allen Verfahren die Ausweisung dieser enormen Fläche kritisiert und einen sparsameren Umgang mit den endlichen Ressourcen gefordert.

Naturgips-Alternativen

Rauchgasentschwefelungs-Gips

In Deutschland fallen die größten Mengen synthetischer Gipse durch die Rauchgasentschwefelung von Großfeuerungsanlagen (z.B. Kraftwerke) an.
Derzeit macht das deutsche REA - Gips - Aufkommen deutlich über 6,3 Millionen Tonnen aus, da Mengen aus kleineren ostdeutschen Kraftwerken in diesen Zahlen noch nicht enthalten sind.

Ersatz von Gips durch andere mineralische Rohstoffe

Gips kann im Produktbereich Bauplatten, Putze, Estriche und Zement durch Kalk ersetzt werden. Kalk kommt europaweit wesentlich häufiger vor als Naturgips. Aber wie für alle mineralischen Rohstoffe gilt auch hier: begrenzt landschaftsschonend kann nur ein untertägiger Abbau sein (da auch beim untertägigen Abbau Umweltbelastungen durch Zufahrten, LKW-Verkehr und Staub entstehen. Empfehlenswerter sind aber die folgenden Alternativen:

Ersatz von Gips durch nachwachsende Rohstoffe

Große Mengen des Naturgipses werden in Bauplatten verwendet (ca. 25-35 Prozent der deutschen Produktion). Diese Naturgips-Mengen können komplett durch den Einsatz von Stroh-, Papier-, oder Holz-Bauplatten eingespart werden. Wichtig ist aber, dass der Kunde diese Alternativen auch bei seinem Baustoffhändler nachfragt. Bauplatten aus nachwachsenden Rohstoffen sind zwar teuerer als Gipsplatten, aber nicht nur ökologisch verträglicher, sondern auch robuster (biegbar, verschraubbar, nagelbar). In Gipsbauplatten hingegen hält kein Bücherregal!

4. Recycling von Gipsprodukten

Recycling von Gipsprodukten ist prinzipiell bei Gipsbauplatten möglich. Bei jedem Hausbau und bei jeder Renovierung fallen größere Mengen an "Verschnitt" an, die in der Regel im Müllcontainer landen. Aktuell wird dieser Verschnitt kaum gesammelt, um ihn zu recyceln. Das Umweltbundesamt hat eine Studie erstellt, in der das gesamte Recycling-Potenzial der Bundesrepublik Deutschland auf 2 Millionen Tonnen Gips pro Jahr geschätzt wird, wenn möglichst umfangreich Gips - "Abfälle" gesammelt werden.