Neonicotinoide: Lebensmittel stark mit hochwirksamem Nervengift belastet
Ab dem 19. August 2025 gelten neue EU-weite Rückstandshöchstwerte für das Nervengift Acetamiprid aus der Gruppe der Neonicotinoide. Hintergrund sind Untersuchungen, die zeigten, dass Gemüse, Salat und Obst teils stark belastet sind. „Vielen Verbraucher*innen ist nicht bewusst, dass Neonikotinoide systemisch wirken – sie durchdringen die ganze Pflanze, vom Blatt bis zur Frucht. Ein einfaches Waschen reicht da nicht aus“, warnt Günter Ries vom BUND Naturschutz Ansbach. Acetamiprid wird derzeit deutschlandweit gegen die Schilfglasflügelzikade auf zahlreichen Zuckerrüben-, Kartoffel-, Obst- und Gemüsefeldern eingesetzt. Es tötet nicht nur Schadinsekten, sondern auch Bienen, Wasserorganismen und viele andere Nützlinge.
Die gesetzlichen Regelungen erlauben eine begrenzte Notfallzulassung für Pestizide durch das Bundesamt für Verbraucherschutz. Von dieser Möglichkeit wurde in diesem Jahr in Deutschland bereits über hundert Mal Gebrauch gemacht, davon allein zehnmal für den Wirkstoff Acetamiprid. Das ist ein Rekordwert. „Diese Entwicklung gefährdet nicht nur unsere Gesundheit, sondern auch die Artenvielfalt und das Grundwasser“, kritisiert Claudia Lehner-Sepp vom Bündnis für Neonicotinoidfreie Landwirtschaft.
Acetamiprid wird damit immer häufiger im Freiland gespritzt - trotz bekannter Umweltgefahren, etwa der Gefahr der Verdriftung und damit der Belastung größerer Gebiete.
Zweifel gibt es auch an der Datenlage, auf deren Basis gespritzt wird. So wurden etwa im Landkreis Neustadt/Aisch im Juni lediglich zwei Zikaden gefangen – dennoch wurde eine Spritzfreigabe erteilt. „Die Entscheidungspraxis wirkt willkürlich und entzieht sich öffentlicher Kontrolle. Wir fordern eine vollständige, digitale Erfassung und Veröffentlichung aller Pestizideinsätze – damit Imker und Bevölkerung rechtzeitig reagieren können“, so der Imker Matthias Rühl vom Imkernetzwerk Bayern.
Das Pflanzenschutzgesetz schreibt vor, dass chemische Mittel nur als letzte Maßnahme eingesetzt werden dürfen. Doch dieser Grundsatz wird regelmäßig umgangen. Deshalb fordert das Bündnis:
• Stopp der Notfallzulassungen für Acetamiprid im Freiland
• Transparente Online-Meldung aller Pestizideinsätze
• Verpflichtende Anwendung des integrierten Pflanzenschutzes
• Förderung ökologischer Alternativen
„Die gesenkten Grenzwerte belegen: Der Einsatz von Acetamiprid ist kein harmloses Routinegeschäft, sondern ein Rückschritt für Verbraucher-, Umwelt- und Bienenschutz“, sagt Eléonore Pattery, Initiatorin einer Petition gegen Acetamiprid mit über zwei Millionen Unterzeichner*innen in Frankreich.
Für Rückfragen
Bündnis für eine neonikotinoidfreie Landwirtschaft
Matthias Rühl
Krassolzheim 39
91484 Sugenheim
Festnetz: 09165 959831
Mobil: 0160 700 19 17