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Tiere und Pflanzen

Ökosystem Fluss – Lebensraum in Bewegung

Naturnahe, lebendige Bäche und Flüsse sind das Rückgrat des Artenschutzes. So gehören die Auen zu den artenreichsten Naturräumen Europas. Ihr dynamisches Mosaik unterschiedlicher Lebensräumen bietet vielen seltenen und gefährdeten Tier- und Pflanzenarten eine Heimat.

Das Ökosystem Fluss und seine Bewohner

Tiere und Pflanzen, die in oder an Bach, Fluss oder Aue leben, müssen hervorragend an die dort herrschenden, extrem wechselnden Lebensbedingungen angepasst sein. Denn in naturbelassenen Fließgewässern

  • schwanken mit dem Wechsel der Jahreszeiten die Wasserstände stark. So führen beispielsweise Bäche und Flüsse in Alpennähe nach der Schneeschmelze im Frühjahr oft Hochwasser. Ist der Sommer dann heiß und es regnet wenig müssen sich Tiere wie Pflanzen auf Niedrigwasser einstellen.
  • wechselt die Wasserführung ständig,
  • ändert sich das Gefälle,
  • kommen verschiedene Bodenarten von schlammig bis kiesig vor.

Dies und ein ausgeprägtes Kleinrelief bedingen außerdem eine enorme Vielfalt an Lebensbedingungen von extrem trocken bis nass. Sie kennzeichnen das Ökosystem Aue. Von den etwa 50 verschiedene Biotoptypen in Bayern (außerhalb der Alpen) kommen etwa zwei Drittel entweder ausschließlich in Auen vor oder sind typische Vertreter von Auen.

Lebensraum Aue

Je nach naturräumlicher Lage weisen Auen sehr unterschiedliche Erscheinungsformen auf. Sie reichen von dynamischen Wildflusslandschaften im Alpenvorland bis hin zu den weitläufigen Talmooren und Niederungen im nordostdeutschen Tiefland. Entlang der Aue wechseln sich reißende Strömung mit Stillwasser und ruhigen Altarmen ab. Kahle Kiesbänke und trockene Sanddünen folgen auf feuchte Auwälder – viele, sich immer wieder verändernde Lebensräume für ebenso viele hochspezialisierte Tier- und Pflanzenarten.

Auen sind Uferlandschaften von Bächen und Flüssen, die regelmäßig bei Hochwasser überflutet werden.

Vogelarten wie Eisvogel, Schwarzstorch oder Flussregenpfeifer sind in den Auen anzutreffen und Biber sowie Fischotter finden dort ihren Lebensraum. Außerdem sind Auen wichtig für Amphibien und Reptilien. Fischen und Amphibien dient die Aue als wichtiges Laich- und Aufwuchsgebiet. Je größer der Anteil an Auen entlang eines Flusses ist, desto höher ist in der Regel auch der Fischreichtum. Insekten wie viele Libellenarten profitieren von der abwechslungsreichen Vegetation, die sich je nach Jahreszeit und Wasserstand verändert. 

Der Artenreichtum in unseren Auen ist durchaus vergleichbar mit dem der tropischen Regenwälder. Doch Flüsse und Auen sind nicht nur Lebensraum, sie sind auch zentrale Leitlinie und Wanderachse für viele Tierarten, ein natürlicher Biotopverbund und damit das Rückgrat des Artenschutzes.

Hoch- und Niedrigwasser wechseln sich in der Aue ab. Bei Hochwasser durchflutet der Fluss die Aue, das Grundwasser steigt. Bei Niedrigwasser fällt sie wieder trocken: Der Lebensraum Aue „atmet“. Solche „Wechselwasserstandorte“ kommen nur in Auen mit intakter Flussdynamik vor. Besonders die zahlreichen Gewässer und Flutrinnen mit ihren Rohböden, Flutrasen, Röhrichten, Silberweidenauen und natürlichen Auenwiesen der großen Ströme sind davon geprägt. Pionierarten oder junge Silberweiden sind Kinder des Hochwassers und auf den Lebensraum Aue angewiesen.

Das Gestein, das Alpenflüsse mit sich führen, gestaltet eine Vielzahl verschiedener Lebensräume entlang des Flusslaufes. Bei Hochwasser lagern die Alpenflüsse sehr viel von diesem „Geschiebe“ ab. Sie weisen breite Kiesflächen mit kiesigen Pionierstandorten, orchideenreichen Magerrasen, Grauerlen-Auwäldern und lichten Kiefernwäldern auf. Arten wie die Blauflügelige Ödlandschrecke brauchen diese natürlichen Offenflächen. Nur wenn der Fluss bei Hochwasser immer wieder neues Geschiebe umlagert, bleibt die ganze Vielfalt von der lückig bis zur dicht bewachsenen Kiesbank mit ihren jeweils spezialisierten Bewohnern erhalten.

Weich- und Hartholzaue

In der Weichholzaue steht das Wasser häufig und lange hoch. An großen Flüssen ist die Aue mehrere Kilometer breit. Bei Hochwasser zeigt sie ihre ganze Ausdehnung, dann werden Fluss und Aue eins. In der Weichholzaue ist die Silberweide konkurrenzlos. Sie kann bis zu 300 Tage im Nassen stehen. Nach dem Hochwasser keimt sie mit anderen Pionierarten auf dem trockenfallenden Rohboden. Das Hochwasser verjüngt die Aue.

Die Hartholzaue wird seltener und nur bei Spitzenhochwassern vom Fluss durchströmt.Die Wälder dort sind die struktur- und baumartenreichsten in Mitteleuropa: Knorrige Eichen sowie mächtige alte Ulmen und Eschen wachsen dort, darunter die kleineren Traubenkirschen. Lianen und Sträucher verweben sich zu einer schier undurchdringlichen Wildnis; alte Bäume und Totholz bieten Spechten und Fledermäusen lebenswichtige Höhlen. Übrigens ist die Hartholzaue auch die Heimat der Wilden Weinrebe und des Hopfens – also sozusagen der Ursprung der bayerischen Bierwürze. Besonders beeindruckend und weltweit einmalig ist aber der Reichtum der Hartholzaue an Frühjahrsblühern: Der Märzenbecher eröffnet den bunten Blütenreigen und der Blaustern verwandelt die Donauauen in ein Blütenmeer.

Auen sind um 80 Prozent geschrumpft

Die Flussauen gehören heute zu den gefährdetsten Lebensräumen Europas. Wie schlecht es ihnen in Deutschland geht, zeigt der Auenzustandsbericht des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) von 2009. Danach sind an Rhein, Elbe, Donau und Oder durch den Bau von Deichen nur noch zehn bis 20 Prozent der ehemaligen Auen und nur noch ein Prozent der naturnahen Hartholzauwälder übrig.

Um die bayerischen Auen ist es im bundesweiten Vergleich leider besonders schlecht bestellt. Flüsse wie Donau, Isar oder Lech haben bis zu 90 Prozent ihrer Überflutungsflächen und damit ihrer überflutbaren Auen verloren. Weitgehend intakte Auen finden sich nur noch an ganz wenigen Stellen, beispielsweise im alpinen Bereich der Isar, am Unterlauf des Inns oder an den nördlichen Donauzuflüssen Altmühl, Naab und Regen.

Alle verbliebenen und noch halbwegs intakten Auen in Bayern müssen streng geschützt und wo möglich, geschädigte Auen wieder reaktiviert werden. Dafür macht sich der BN stark. Und an vielen bayerischen Flüssen, kann man das jahrzehntelange Engagement des Verbandes und seiner Mitstreiter*innen heute auch sehen:

  • An der Salzach, deren Auen heute renaturiert und nicht durch Staustufen zerstört sind.
  • An der Donau, die zwischen Straubing und Vilshofen noch frei und ungestaut strömen darf.
  • An der Isar, die durch Renaturierung nach und nach wieder zu einem reißenden Alpenfluss wird.