Landesvorstand des Bundes Naturschutz zu Besuch im nördlichen Mittelfranken „Bayerns Naturreichtum bewahren: Bedrohung des ehemaligen Exerzierplatzes in Erlangen durch den beschlossenen Bebauungsplan“
Die BN-Vertreter sehen mit dieser Entscheidung Erlangens Ruf als umweltbewusste Stadt ramponiert. „Wer nach zahlreichen UN-Konferenzen zum Schutz der Biodiversität und unmittelbar nach dem Jahr der biologischen Vielfalt 2010 die Zerstörung eines solchen Naturgebiets beschließt, zeigt, dass ihm die Bedeutung der Artenvielfalt, auch für den Menschen, noch immer nicht klar ist“, so Prof. Dr. Hubert Weiger, Vorsitzender des Bundes Naturschutz.
„Damit geben die Stadt Erlangen und der Freistaat Bayern als Grundstückeigner ein denkbar schlechtes Beispiel für den Umgang mit der Artenvielfalt und vernachlässigen sträflich ihre Vorbildfunktion“, so Doris Tropper, 1. Vorsitzende der Kreisgruppe Erlangen.
Nach mehr als 15 Jahren des Einsatzes für die Erhaltung der Exerzierplatz-Freiflächen prüft der Bund Naturschutz nun, welche weiteren Handlungsoptionen in Frage kommen.
Bis zum Beginn der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts wurde der Exerzierplatz im Erlanger Osten von der US-Army als Übungsgelände genutzt. Durch diese spezielle Nutzung entstanden auf dem sandigen Untergrund besondere natürliche Lebensräume, die einer Vielzahl mittlerweile sehr seltener und bedrohter Tier- und Pflanzenarten eine Zuflucht ermöglicht haben.
Dies wurde durch die amtliche Biotopkartierung und durch das Arten- und Biotopschutzprogramm, das das Landesamt für Umwelt zusammen mit der Stadt Erlangen erstellt hat, eindrucksvoll dokumentiert.
Dort, wo heute noch dieses landesweit bedeutsames Biotop besteht, plant die Stadt Erlangen, eine massive Bebauung der Freiflächen mit Gebäudehöhen bis zu 20 Metern. Damit sollen auf einer Fläche von 11,5 Hektar (oder 115.000 Quadratmetern) im südlichen Bereich des beliebten Naturgebietes Neubauten u.a. für das Max-Planck-Institut für Licht entstehen.
Die geplanten Eingriffe beträfen eines der bedeutendsten Naturgebiete Erlangens. Es handelt sich um ein Kerngebiet der SandAchse Franken wie das Naturschutzgebiet (NSG) Tennenloher Forst bei Tennenlohe, das NSG Hainberg bei Oberasbach, das NSG Büg bei Eggolsheim oder das NSG Muna Bamberg.
Am Exerzierplatz kommt das Wappentier der SandAchse, die Blauflügelige Ödlandschrecke genauso vor wie das Silbergras, die Heide-Nelke und die Sand-Grasnelke. Hier kommen europäisch geschützte Arten wie die Zauneidechse oder die Kreuzkröte vor, hier brüten Heidelerche und sucht der Grauspecht nach Futter, hier jagen geschützte Fledermäuse wir der Große Abendsegler, der Kleine Abendsegler oder die Mückenfledermaus. Tausende von BiologiestudentInnen lernten hier die Besonderheiten der fränkischen Sandlebensräume kennen.
Die geplante Bebauung würde das in den 90er Jahren als "landesweit bedeutsam" kartierte Biotop des Exerzierplatzes (damals ca. 70 Hektar) nochmals empfindlich verkleinern. Von den heute noch vorhandenen 40 Hektar würden 11,5 Hektar oder 29% bebaut und damit als Lebensraum gefährdeter und geschützter Arten verloren gehen.
Daneben ist der Exerzierplatz aber auch ein bedeutendes Naherholungsgebiet für angrenzende Wohnquartiere und eine wichtige Möglichkeit für die Bevölkerung mit Natur in Kontakt zu kommen. Durch die Planung würde auch dafür fast ein Drittel der vorhandenen Freifläche entfallen.
Der Bund Naturschutz hat sich bereits seit dem Bekanntwerden der Abzugspläne der Amerikaner für die Erhaltung der ökologisch wertvollen Flächen eingesetzt. Erst die vom BN ins Leben gerufene Petition an den Bayerischen Landtag führte zur Sicherung eines Teils des Exerzierplatzes als Naturschutzgebiet.
Besonders kritikwürdig hält der Bund Naturschutz das Fehlen einer echten Alternativenprüfung für den Standort des Max-Planck-Instituts in Erlangen. Stattdessen haben die Verantwortlichen die Anforderungen an eine Standortalternative so hoch angesetzt, dass keine anderweitigen Flächen dabei herauskommen konnten.
Erfreulich war, dass der Einsatz des Bund Naturschutz für den Erhalt des Exerzierplatzes eine deutliche Resonanz in der Bevölkerung gefunden hat. So haben ca. 900 Erlanger Bürgerinnen und Bürger im offiziellen Verfahren Einwendungen gegen die Planung erhoben. In den letzten Monaten hat sich zudem eine Bürgerinitiatve gegründet, die sich mit zahlreichen Aktionen für den Erhalt der Freiflächen eingesetzt hat. Auch der Landesbund für Vogelschutz hat sich sehr engagiert für den Erhalt des Exerzierplatzes eingesetzt.
für Rückfragen: Tom Konopka, Regionalreferent für Mittel- und Oberfranken
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Tel. 0911/81878-24, Fax 0911/869568, tom.konopka(at)bund-naturschutz.de