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BUND Naturschutz und die "Bayern Allianz für Atomausstieg und Klimaschutz" stellen den Atommüll-Sorgenbericht in Bayern vor

Standortauswahlgesetz für Atommüll als Vertuschungsaktion eingestuft

17.10.2013

Am 27. Juli 2013 trat das neue Standortauswahlgesetz für Atommüll in Kraft. Es soll suggerieren, dass die großen Probleme der Atomenergienutzung in Deutschland gelöst werden könnten.

Der BUND Naturschutz in Bayern und die Bayern Allianz für Atomausstieg und Klimaschutz stufen das neue Gesetz als Vertuschungsaktion ein - der Atommüll wird an den Standorten der AKWs verbleiben, Probleme werden nicht gelöst.

Der „Sorgenbericht der Atommüllkonferenz“ legt jedoch in einer detaillierten Atommüll-Bestandsaufnahme für die gesamte Bundesrepublik Deutschland dar, dass das Problem Atommüll weiterhin flächendeckend akut und ungelöst ist – und das gilt auch in Bayern! „Es gibt tausende Atommüllprobleme im ganzen Land und unmittelbaren Handlungsbedarf“, erklärt Ursula Schönberger, Autorin des Berichts und Politikwissenschaftlerin, von der Arbeitsgemeinschaft Schacht KONRAD e.V.

Der Sorgenbericht der Atommüllkonferenz bietet fundierte Informationen über die fatale Situation von Atommüll in Bayern und entlarvt Aussagen der Profiteure der Atomenergie aus Politik und Wissenschaft“, stellt Edo Günther fest, Sprecher der Bayern Allianz für Atomausstieg und Klimaschutz.

„Der BUND Naturschutz fordert daher den Sofortausstieg aus der Atomkraft, damit kein weiterer Atommüll produziert wird. Ebenso muss die Suche nach Lösungen für die riesigen Probleme bei Behandlung und Lagerung von Atommüll transparenter und mit besserer Bürgerbeteiligung erfolgen. Das mit heißer Nadel kurz vor den Bundestagswahlen gestrickte „Standortsuchgesetz“ ist dazu nicht geeignet“, so Richard Mergner, Landesbeauftragter des BUND Naturschutz in Bayern.

Der offiziellen Politik der Problementsorgung durch Vertuschen stellen BUND Naturschutz und Bayern Allianz für Atomausstieg und Klimaschutz mit der Bestandsaufnahme „Atommüll in der Bundesrepublik Deutschland“ Fakten gegenüber – den Sorgenbericht Atommüll.

  • Im AKW Gundremmingen sind immer noch Siedewasserreaktoren am Netz – analoger Bautyp wie die Unglücksreaktoren von Fukushima. In Gundremmingen lagert mehr hochradioaktiver Atommüll als an jedem anderen AKW Standort in Deutschland, jedoch außerhalb des Containments und damit schlecht gesichert.
  • Im AKW Grafenrheinfeld wurde ein Riss in einer zentralen Rohrleitung über Jahre vertuscht!
  • Das AKW Isar 2 bei Landshut liegt in der Einflugschneise des internationalen Flughafens München.
  • An den Standorten Grafenrheinfeld und Isar 2 lagern weiterhin große Mengen hochradioaktiven Atommülls.
  • Über dem Zwischenlager für radioaktive Abfälle in Mitterteich in der Oberpfalz und über dem AKW und dem Atommülllager Grafenrheinfeld übt die deutsche Luftwaffe mit Kampfjets.


Atommüll – Eine Bestandsaufnahme für Bayern

 

AKW Gundremmingen bei Günzburg

 

Das AKW Gundremmingen bei Günzburg erzeugt seit 1984 bzw. 1985 Strom, Block B soll noch bis 2017 und Block C noch bis 2021 laufen. Block A, 1967 in Betrieb genommen, wurde 1977 nach einem schweren Unfall stillgelegt und befindet sich im Abriss. Eigentümer sind zu 75 % die RWE und zu 25 % die E.ON. Das AKW arbeitet mit Uran-Brennelementen, aber auch mit MOX-Brennelementen, die auch Plutonium enthalten. Die gelieferte elektrische Leistung für die beiden Blöcke B und C liegt bei ca. 2500 MW, die ungenutzte und venichtete Abwärme liegt damit bei über 5000 MW. Für die Restlaufzeit werden noch über 2100 Tonnen hochradioaktiven Abfalls anfallen. Die „Endlagerung“ der radioaktiven Abfälle war ursprünglich in Asse II und Gorleben in Niedersachsen geplant.

Die Atomreaktoren Gundremmingen B und C sind die beiden letzten noch laufenden Siedewasserreaktoren in Deutschland, diese haben nur einen Hauptkreislauf, bei einem Unfall müssen die Steuerstäbe der Kernreaktion von unten gegen die Schwerkraft in den Reaktor gedrückt werden. Die Unglücksreaktoren von Fukushima waren von analoger Bauart.

Das Zwischenlager beruht auf Bauweise Hallenbau WTI-Konzept mit Wand-von 85 cm und Deckenstärken von 55 cm und ist damit nicht sicher gegen den Absturz größerer Flugzeuge. Moderne Lager in Deutschland sind mit 120 cm und 80 cm starken Wänden ausgerüstet – wären dann aber auch nicht sicher gegen den Absturz großer Verkehrsflugzeuge. Aktuell werden 41 CASTOR®-Behälter eingelagert, ca. 100 werden noch hinzukommen, die Genehmigung des Lagers läuft bis 2046.

 

AKW Grafenrheinfeld bei Schweinfurt

 

Das Atomkraftwerk Grafenrheinfeld erzeugt seit 1982 Strom und soll noch bis 2015 laufen. Die gelieferte elektrische Leistung liegt bei knapp 1300 MW, so-mit werden ca. 2600 MW anfallende Wärme durch Kühlung vernichtet. Eigentümer ist die E.ON. Für die Restlaufzeit werden noch knapp 1000 Tonnen hochradioaktiven Abfalls anfallen. Die „Endlagerung“ des Atommülls war ursprünglich in Schacht Konrad, in der Asse und in Gorleben in Niedersachsen geplant.

Atommüllbehälter werden in Gochsheim in unmittelbarer Nähe zu Wohnhäusern von der Straße auf die Schiene verladen. Die Grünen im bayerischen Landtag hatten bereits 1998 eine epidemiologische Studie für Gochsheim gefordert, da von ortsansässigen Ärzten auf vermehrte Leukämie- und Brustkrebserkrankungen hingewiesen worden war.

Während der Revision im Juni 2010 wurde ein Riss im Thermoschutzrohr entdeckt und erst im Dezember 2010 der Atomaufsicht gemeldet. Da nicht ausge-schlossen werden konnte, dass der Riss während des Betriebes entstanden war und sich vergrößern würde, erließ der Leiter der Unterabteilung Sicherheit kerntechnischer Anlagen im Bundesumweltministerium die Anordnung, den Reaktor sofort abzuschalten und einen Austausch vorzunehmen. Diese Anordnung wurde jedoch auf der politischen Ebene, durch den damaligen Umweltminister Röttgen und dessen Abteilungsleiter für Reaktorsicherheit, Hennenhöfer, zurückgehalten. Nur aufgrund öffentlichen Drucks wurde das Bauteil dann während der Revisionsarbeiten 2011 und nicht erst 2012 ausgetauscht.

Im AKW Grafenrheinfeld sind bereits 232 meldepflichtige Störfälle aufgetreten.

Wie am AKW Gundremmingen ist das Zwischenlager in Bauweise Hallenbau WTI-Konzept mit Wandstärken von 85 cm und Deckenstärken von 55 cm ausgeführt und damit nicht sicher gegen den Absturz größerer Flugzeuge.

 

AKW Ohu / Isar bei Landshut

 

Das AKW Isar 1 erzeugte seit 1972 Strom und wurde 2011 aus dem Leistungsbetrieb genommen, die ca. 1700 Brennelemente wurden aus dem Reaktor entfernt und befinden sich im Abklingbecken. Das Abklingbecken liegt wie im AKW Fukushima außerhalb des Containments unter dem Dach. Eigentümerin ist die E.ON; E.ON klagt wegen der Stillung vor dem Bundesverfassungsgericht auf Schadensersatz. Die E.ON hat im Frühjahr 2013 den Abriss beantragt.

Das AKW Isar 2 erzeugt seit 1988 Strom und soll bis 2022 laufen, ist somit das am längsten laufende AKW in Bayern nach Atomgesetz 2011. Eigentümer sind zu 75 % E.ON und zu 25 % die Stadtwerke München. Die elektrische Leistung liegt bei knapp 1500 MW, die vernichtete Abwärme erreicht somit ca. 3000 MW. In der Restlaufzeit werden noch knapp 1000 MW hochradioaktiver Abfall produziert.

Die „Endlagerung“ des Atommülls des AKW Isar war ursprünglich in Schacht Konrad, in der Asse und in Gorleben in Niedersachsen geplant. Wie am AKW Gundremmingen und am AKW Grafenrheinfeld ist das Zwischenlager in Bauweise Hallenbau WTI-Konzept mit Wandstärken von 85 cm und Deckenstärken von 55 cm ausgeführt und damit nicht sicher gegen den Absturz größerer Flugzeuge.

Der Standort AKW Isar liegt im Bereich der Einflugschneisen des internationalen Flughafen Franz Josef Strauß bei Freising / München. Im März 1988 stürzte in nur zwei Kilometer Entfernung ein französisches Kampfflugzeug (Mirage) ab - der Kühlturm der Atomanlage gilt als beliebte Wendemarke.

 

Atommülllager Mitterteich in der Oberpfalz

 

Das Atommülllager Mitterteich wurde 1981 gegründet als Gesellschaft zur Behandlung radioaktiver Stoffe in Bayern mbH mit Inbetriebnahme im Juli 1987. Eigentümer sind der Freistaat Bayern (79,1%), kommunale Spitzen-verbände (6,5%) und Vertreter der Wirtschaft (14,4%).

Das Zwischenlager Mitterteich liegt mitten im Industriegebiet in direkter Nachbarschaft zu McDonalds, Raiffeisen, der A39 und von Hotels, Rast- und Tankstellen.

Regelmäßige Tiefflüge von Kampfjets und Transall-Flugzeugen erfolgen bis 300m Höhe. Das Verteidigungsministerium erklärte hierzu, dass es sich beim Zwischenlager Mitterteich um keine schützenswerte Industrieanlage handelt und der Bereich keinen besonderen Einschränkungen für den militärischen Flugbetrieb unterliegt.

Atommüll – Eine Bestandsaufnahme für die Bundesrepublik Deutschland

 

In Jülich lagern 1.000 Tonnen graphithaltige Abfälle, in Gronau fallen 100.000 Kubikmeter uranhaltige Abfälle an, Kernbauteile sind hohem Neutronenfluss ausgesetzt – alles Abfälle für die Schacht KONRAD gar nicht oder nur in geringen Mengen genehmigt ist. 150.000 Kubikmeter fallen bei der Rückholung des Atommülls aus der ASSE II an kontaminierten Abfällen an - diese Abfälle sind derzeit keinem vorhandenen „Entsorgungsweg“ zugeordnet.

Nicht betrachtet werden in Deutschland die radioaktiven Abfälle, die bei der Urangewinnung für die Nutzung der Atomenergie ent­stehen - und das sind mit Abstand die größten Mengen an Atommüll. Diese verbleiben in den Ländern, in denen Uran abgebaut wird. Für 33 Tonnen Brennelemente bedarf es einer Menge von 440.000 Tonnen Uranerz, von denen 400.000 Tonnen in den Hal-den und Tailings der Abbau­gebiete verbleiben, weitere 40.000 Tonnen fallen bei Aufbereitung, Konversion und Anreicherung an. Die Förderung von Uranerz, seine Aufarbeitung und Abfallstoffe sind mit dauerhaften Strahlenfolgen, vor allem durch den kontaminierten Staub, die Verseuchung des Grund- und Oberflächenwassers, sowie der Direktstrahlung des radioaktiven Edelgases Radon-222 verbunden. Davon betroffen sind nicht nur Bergarbeiter, sondern alle Menschen, die in den Abbaugebieten leben.

Ein echter Neuanfang in der Debatte um den zukünftigen Umgang mit Atommüll muss die Erfahrungen mit den gescheiterten Projekten und Altlasten zu einem wesentlichen Bezugspunkt machen.

„Wie kann es sein, dass Atommüll in die ASSE II eingelagert wurde, obwohl Bergleute, die den Salzstock kannten, bereits in den 60er Jahren vor Wasser-einbrüchen gewarnt hatten? Wie kann es sein, dass die Verantwortlichen für das ASSE-II-Desaster noch Jahrzehnte später einen guten Namen in der Wissenschaftsgemeinde haben und ihre damaligen Eignungsaussagen für Gorleben und Schacht KONRAD nicht ange­zweifelt werden? Wie kann es sein, dass gerade die großen staatlichen Forschungszentren in Jülich, Geesthacht und Karlsruhe völlig sorglos mit den Gefahren der radioaktiven Stoffe umge­gangen sind, dass sie zu den größten Problemverursachern gehören und die Probleme in ihren Anlagen heute immer noch herunterspielen?“ fragt Ursula Schönberger.

 

 

Richard Mergner,                            Dr. Herbert Barthel,

Landesbeauftragter                        Referent für Energie und Klimaschutz

Tel 0911 8187815                           Tel 0911 8187817

 

Ursula Schönberger,                       Edo Günther,

Arbeitsgemeinschaft                       Sprecher der Bayern Allianz

Schacht KONRAD e.V.                   für Atomausstieg und Klimaschutz