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Schluss mit der Rumpelbahn im Ost-West-Verkehr

Moderner Güterverkehr gehört auf eine moderne Schiene und nicht in den Stau

21.07.2005

Bei einer Pressefahrt ins oberfränkische Grenzland zu Tschechien und zum Containerterminal in Hof verdeutlichte der Bund Naturschutz gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern der Bahn-Gewerkschaft Transnet, der BI gegen die Fichtelgebirgsautobahn, der evangelischen Kirche und engagierten Kollegen aus Tschechien die derzeit unbefriedigende Bahnpolitik im Ost-West-Verkehr:

Bundes- und Staatsregierung sprechen zwar immer wieder gern von der nötigen Verlagerung der Güter auf die Bahn, beim notwendigen Ausbau der Infrastruktur auf der Schiene tut sich im Ost-West-Verkehr zwischen Tschechien und Bayern aber nichts.

Während die Bahn auf der wichtigsten Linie von Nürnberg nach Prag in vielen Teilen Bayerns noch eingleisig und nicht elektrifiziert auf alten Gleisen dahinrumpelt und sich Güterbahnhöfe zu Birkenwäldern entwickeln, boomt der Straßenbau.
"Kein Bahnverkehr von und zu den neuen EU-Partnern im Osten hat sich so katastrophal negativ entwickelt wie der zwischen Bayern und Tschechien", so Hubert Weiger, Vorsitzender des BN. "In Sachen Verkehrspolitik regiert in Berlin bereits eine große Koalition mit entsprechenden schlimmen Auswirkungen auf unsere Umwelt. Auch die bayerische Staatsregierung hat hier jahrelang geschlafen. Bei den umweltschädlichen ICE-Neubaustrecken oder beim Autobahnbau ist sie immer ganz vorne dran mit Forderungen nach Baumaßnahmen und Geld, im Ost-West-Verkehr setzt sie ausschließlich auf den LKW mit seinen verheerenden Folgen für Klima, Lärm und Flächenverbrauch."
"Wir müssen endlich den eisernen Vorhang auf der Schiene zwischen Bayern und Tschechien niederreißen und die Bahn auf bayerischer Seite wenigstens auf tschechisches Niveau bringen, damit die Güter nicht länger an der Grenze von den tschechischen Bahnen auf LKW umgeladen werden müssen", so Weiger. "Es kommt einem Skandal gleich, dass seit Verabschiedung des Bundesverkehrswegeplans 2003 mehrere Milliarden € für neue Autobahnen und allein 2.218 Mio. € bis Ende 2003 für die ICE-Trasse Nürnberg-Ingolstadt bereitgestellt wurden, für die Bahn zwischen Nürnberg und Prag aber "!"

Der BN fordert deshalb die Kommunen in Nordbayern auf, sich im Rahmen einer kommunalen Allianz für die Schiene stark zu machen.

Die Vorschläge des BN:
 Elektrifizierung zwischen Nürnberg, Marktredwitz, Hof und Reichenbach (tschechische Grenze), wie im Bundesverkehrswegeplan als prioritär (!) und als Transeuropäische Verbindung vorgesehen.
 Elektrifizierung zwischen Marktredwitz und tschechischer Grenze bei Schirnding, wie im Bundesverkehrswegeplan als prioritär (!) und als Transeuropäische Verbindung vorgesehen, bei Bedarf zweigleisiger Ausbau.
 Reaktivierung der Bahnlinie Hof - Selb - As (CZ) - Cheb (CZ) für den Güter- und Personenverkehr (Bäderdreieck).
 Verzicht auf den bis zu 500 Mio. € teuren Neubau einer Fichtelgebirgsautobahn, stattdessen Ertüchtigung der bestehenden B 303 für den Straßenverkehr in Teilbereichen (Schaffung weiterer Überholmöglichkeiten langsam fahrender LKW), Nachtfahrverbot für den Transitgüterverkehr und Ausweitung der Maut auf die B 303.
 Abbau der Wettbewerbsverzerrungen, die dem LKW gegenüber der Bahn enorme Vorteile verschaffen.

Dass es auch Zukunft für den Bahngüterverkehr geben kann, zeigt die private Initiative für einen Containerterminal in Hof. Dort hat die Spedition Pöhland vor wenigen Jahren begonnen, Containerzüge an die Nordseeküste zusammenzustellen. Fuhren zunächst drei Züge je Richtung pro Woche, sind es 2005 schon fünf, die jährlich 10.000 LKW-Fahrten zwischen Bremerhaven oder Hamburg und Ost-Oberfranken sparen. Bei der Spedition denkt man bereits über weitere Verbindungen nach.


Der LKW-Verkehr hat nach der Studie "Marktbeobachtung Güterverkehr" (Dez. 2004) des Bundesamtes für Güterverkehr zwischen Deutschland und Tschechien enorm zugenommen. Waren es 1998 noch 850.000 LKW-Fahrten über die Grenzen, sind es 2003 bereits 1.350.000 Fahrten gewesen. Den Zuwachs bewältigten dabei v. a. die Übergänge Waidhaus und Furth im Wald, weniger LKW-Verkehrszuwachs entfiel bis 2004 auf den Übergang Schirnding.

Hintergrund ist der massive Wettbewerbsvorteil des LKW-Verkehrs gegenüber der Bahn: Der LKW-Verkehr wird hoch subventioniert (z.B. LKW-Maut nur auf Autobahnen und für LKW über 12 t, Maut für die Bahn auf 100% der Strecken; Dieselpreise), die Sicherheit wird auf Kosten von Personal und Verkehrsteilnehmern massiv missachtet (Preisdumping), durch die Grenzöffnungen wurde er zeitlich noch attraktiver, während die nationalen Bahnen mit unterschiedlichen Strom-, Leit- und Sicherheitssystemen kämpfen und auf alten Gleisen dahinrumpeln.

Erst vor wenigen Tagen hatte Innenminister Beckstein auf die enorme Zunahme des LKW-Verkehrs auf der B 303 bei Schirnding seit Anfang 2005 um fast 42% aufmerksam gemacht. Dass es sich dabei um sog. "Mautflüchtlinge" handelt zeigte sich durch den Rückgang des LKW-Verkehrs auf den Autobahnen.

Der KFZ-Verkehr zwischen Bayern und Tschechien ist zwar seit Jahren (nach dem Boom 1990 - 1996) rückläufig, jedoch steigt der LKW-Anteil kontinuierlich an. Diese bemerkenswerten Daten veröffentlichte die Oberste Baubehörde des Bay. Innenministeriums 2005.

Ursache dürfte der Rückgang des Gütertransportes zwischen Deutschland und Tschechien auf der Bahn sein. Nach der o.g. Studie des Bundesamtes für Güterverkehr konnten die Transporte auf der Bahn zwischen Deutschland und den neuen EU-Mitgliedern Polen, Slowakei, Ungarn, Slowenien und Litauen auf gleichem Niveau gehalten werden, zwischen Deutschland und Tschechien ging der Bahntransport von 1998 bis 2004 jedoch um ca. 16% zurück.

Sieht man sich die Situation auf der Schiene an, kann man sehr schnell die Hintergründe feststellen: Während die Bahn in Tschechien von Prag über Marianske Lazne (Marienbad) nach Cheb (Eger) und Frantiskovy Lazne (Franzensbad) elektrifiziert ist, klafft im Netz zwischen Cheb und Nürnberg eine Lücke bei der Elektrifizierung. Die Bahnlinie Hof - Selb - As (Asch) wurde noch nicht reaktiviert.

Der Ausbau der Verbindungen Nürnberg - Marktredwitz - Reichenbach/Grenze zu Tschechien ist seit dem Bundesverkehrswegeplan 2003 zwar als prioritär eingestuft, bis zum 18. Juli 2005 wurden nach Auskunft von DB-Netz in Frankfurt aber noch keinerlei Mittel für Planungen ausgegeben. Hintergrund ist eine Vereinbarung des Bundesverkehrsministeriums mit der Bahn über die Finanzierung von 66 Schienenprojekten bis 2008. Die o. g. Verbindung gehört nicht dazu.

Die Verbindung Nürnberg - Tschechische Grenze gehört als Projekt Nr. 22 zu den Transeuropäischen Netzen. Sie soll den Schienengüterverkehr zwischen Südost-Europa und Nord-West-Deutschland abwickeln. Am 20. Juni 2005 beklagte Heinz Hilbrecht, TEN bei der Generaldirektion Energie und Verkehr der EU, dass sich die Investitionsdynamik seit 2003 in Deutschland bei Schienenprojekten stark verringert habe. Dies beträfe auch das Projekt Nr. 22, das für 467 Mio. € nach den TEN-V-Leitlinien bis 2010 ausgebaut sein sollte. Derzeit rechnet man beim BmVBW mit der Fertigstellung im Jahr 2015!

Seit Öffnung der Grenzen 1989 wurden das Straßennetz in Ost-Oberfranken mit enormen Mittel ausgebaut: z.B. die B 303 (Ortsumfahrung Schirnding oder bei Marktredwitz), die A 6 (Nürnberg - Waidhaus), die A 9 Nürnberg - Berlin (sechsspurig) und die A 93 Hof - Regensburg.

Der BN steht zum umweltfreundlichen Güterverkehr auf der Bahn, weil pro Tonne und Kilometer
 der LKW fünfmal soviel Energie verbraucht,
 der Lkw fünfmal soviel klimaschädliches CO2 ausstößt,
 der LKW zwölfmal soviel klimaschädliche Stickoxide ausstößt,
 der LKW- bzw. der KFZ-Verkehr zu den Hauptverursachern von Lärm gehört
 der LKW viermal soviel versiegelte Landschaft und Boden beansprucht.