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Deutsches Recht muss auch für US-Army gelten

Bund Naturschutz wendet sich mit Bundestagspetition gegen Ausnahmeregelung für Truppenübungsplatz Grafenwöhr

13.12.2002

Auch wenn lt. Jüngsten Zeitungsmeldungen die USA die Entscheidung über geplante Milliardeninvestitionen auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr um ein Jahr verschoben haben, ist die Angelegenheit damit keineswegs vom Tisch.

Nach Auffassung des Bundes Naturschutz wird der von der US-Army beim Bundesverteidigungsministerium gestellte Antrag auf Befreiung von deutschen Rechtsvorschriften bei entsprechender Finanzmittelbereitstellung sicherlich spätestens im Herbst 2003 wiederholt werden.

Der Bund Naturschutz hat deshalb den jetzt eingetretenen Zeitaufschub genutzt, sich mit einer Petition an den Deutschen Bundestag zu wenden und sich damit gegen die beantragte Ausnahmegenehmigung ausgesprochen.


In dieser Eingabe heißt es wörtlich:

wie mehreren Pressemeldungen der letzten Wochen zu entnehmen war, plant die US-Army auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr die Stationierung einer für weltweite Kriseneinsätze vorgesehenen "Schnellen Eingreiftruppe".
Für 3.400 Soldaten und ca. 5.000 Familienangehörige soll dort eine Kleinstadt mit bis zu 1.000 Wohnungen, Straßen, Kirche, Supermarkt und Sportplätzen errichtet werden.

Dies erfordert auf dem Truppenübungsplatz die Rodung umfangreicher Waldflächen.
Ebenso ist zu erwarten, dass der militärische Übungsbetrieb in Grafenwöhr ausgedehnt und intensiviert wird und dass in erheblichem Umfang zu allen Tages- und Nachtzeiten zusätzliche Militärtransporte auf der Straße zum Flughafen Nürnberg durchgeführt werden. Dabei ist als Alternative sogar mit einem weiteren Ausbau des bisherigen Luftlandesplatzes im Osten des Truppenübungsplatzes zu rechnen, nachdem dort erst im vergangenen Jahr ein mit neuester Technik ausgestatteter Tower in Betrieb genommen wurde.

Verbunden sind damit nicht nur erhebliche Eingriffe und zusätzliche Belastungen bzw. Störwirkungen für tlw. ökologisch hochwertige Bereiche innerhalb des Truppenübungsplatzes, sondern ebenso massive Lärm- und Abgasbelastungen für die Anwohner des Truppenübungsplatzes, aber auch für die Bewohner entlang der Zufahrtsstraße(n) zum Flugplatz Nürnberg - sei es durch Schießlärm, Hubschrauber, Transportmaschinen oder -fahrzeuge. Wie eine gemeinsame Studie der Städte Grafenwöhr, Eschenbach und Pressath ergeben hat, würde dies eine Zusatzbelastung von 40-170 Prozent für die Anrainer der B 299 in der Stadt Grafenwöhr bedeuten.

Die US-Army hat Mitte Oktober beim Bundesverteidigungsministerium die bei zwingenden Gründen der Landesverteidigung mögliche Ausnahmegenehmigung und damit eine Befreiung von den verpflichtenden Vorgaben und Anforderungen bundesdeutscher Gesetze, insbesondere des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes , beantragt. Begründet wurde dieser Antrag mit der besonderen Eilbedürftigkeit des Zusammenziehens von Antiterroreinheiten und der sich daraus ergebenden Notwendigkeit zur Geheimhaltung entsprechender Planungsunterlagen.


Für den BN ist eine solche Ausnahmegenehmigung v.a. aus folgenden Gründen nicht gerechtfertigt:


  • Die Ansiedlung von Antiterror-Spezialeinheiten mit weltweitem Einsatzgebiet ist kein Vorhaben, das für die Landesverteidigung der Bundesrepublik Deutschland relevant ist.

  • Große Teile des Truppenübungsplatzes sind als FFH-Gebiet an die EU-Kommission gemeldet - für diese Bereiche sind aber erhebliche direkte wie indirekte Beeinträchtigungen nicht auszuschließen.

  • Mit dem Vorhaben sind weitreichende und gravierende Beeinträchtigungen der Wohn-, Lebens- und Freizeitqualität für die Anwohner des Truppenübungsplatzes und der Zufahrtsstraßen verbunden. Diese sind bereits heute über die Zumutbarkeitsgrenzen hinaus massiven Lärm- und Abgasbelastungen (u.a. durch die Verwendung potenzielle gesundheitsschädlicher Treibstoffe) ausgesetzt. Anders als bei allen Übungsplätzen der Bundeswehr gelten auf den Übungsplätzen der US-Army bis heute nicht die zum Lärmschutz der Anwohner im Bundesimmissionsschutzgesetz enthaltenen Grenzwerte und Vorschriften bez. zumutbarer Lärmbelastung. Vielmehr werden trotz der schon erheblich ausgeweiteten Schießzeiten für den Truppenübungsplatz Grafenwöhr weitere Ausnahmegenehmigungen erteilt, die die ohnehin schon beträchtlich gestörte Nachtruhe der Anwohner weiter einschränken;

  • Den Geheimhaltungsinteressen der US-Army kann im Rahmen des Anhörungsverfahrens deutscher Behörden und Umweltverbände auch durch eine entsprechende Geheimhaltungsverpflichtung entsprochen werden. Dies wurde bei ähnlichen Fällen auch in der Vergangenheit schon mehrfach praktiziert. Zudem nach lt. Verfassungszusatz "Freedom of Information Act" der USA ohnehin Daten, die bei uns der Geheimhaltung unterlägen, in vielen Fällen auf Antrag zugänglich zu machen. Dieses Amendment ist also wesentlich weniger restriktiv als das bislang bei uns angewandte Umweltinformationsgesetz (UIG).



Der BN bittet deshalb den Petitionsausschuss bzw. die Mitglieder des Deutschen Bundestages, sich dafür einzusetzen, dass:


  • die beantragte Ausnahmegenehmigung nicht erteilt wird;

  • alle Bauvorhaben auf dem Truppenübungsplatz gemäß NATO-Truppenstatut und Zusatzabkommen in vollem Umfang nach deutschem Recht beantragt und geprüft werden. Dies beinhaltet auch die Durchführung eines Anhörungsverfahrens für die betroffenen Gemeinden, die zuständigen deutschen Behörden und die Umweltverbände;

  • eine umfassende Umweltverträglichkeitsprüfung entsprechend den Anforderungen des UVPG durchgeführt wird und dabei auch die zu erwartenden Zusatzbelastungen für die Anwohner des Truppenübungsplatzes und der Zufahrtsstrasse(n) Berücksichtigung finden;

  • für die potenziell betroffenen FFH-Flächen eine nach deutschem wie europäischem Naturschutzrecht verpflichtende Verträglichkeits- und Alternativenprüfung erfolgt.




gez.

Richard Mergner
Landesbeauftragter

Helmut Schultheiß
Regionalreferent
Tel. 0911/81 87 8-13 oder 0911/81 87 8-0
Fax 0911/86 95 68