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Nationalpark Bayerischer Wald in Gefahr

Bund Naturschutz fordert sofortige Umsetzung des Konzeptes zur Erweiterung des Nationalparks

02.02.2007

Nach dem jahrelangen Widerstand örtlicher Nationalparkgegner hat sich die bayerische Staatsregierung und Ministerpräsident Edmund Stoiber persönlich im vergangenen Jahr bei de Eröffnung des Hauses zur Wildnis klar zum Nationalpark bekannt und die Umsetzung der internationalen Vorgaben im Erweiterungsgebiet zugesagt. Danach soll auf einem Anteil von insgesamt 75 Prozent der Fläche das Prinzip „Natur Natur sein lassen“ herrschen und weitere Naturzonen ausgewiesen werden.

Der Bund Naturschutz hat diese Ankündigung ausdrücklich begrüßt. Auch der Kommunale Nationalparkausschuss, in dem alle acht unmittelbar an den Nationalpark angrenzenden Gemeinden, die Städte Zwiesel und Freyung und die beiden Nationalparklandkreise Freyung-Grafenau und Regen vertreten sind, hatte sich daraufhin einstimmig zu diesen Zielen bekannt. Doch jetzt torpedieren die Gegner des Nationalparks, insbesondere eine lokale Bürgerbewegung und CSU-Politiker vor Ort, diese Entwicklung. Mit einem Landtags-Antrag des örtlichen Landtagsabgeordneten Helmut Brunner wurde sogar die weitere Umsetzung des Konzeptes von Staatsregierung und Nationalparkverwaltung im kommunalen Nationalparkausschuss blockiert. Der Bund Naturschutz appelliert eindringlich an die verantwortliche Politik, dass bis zum Jahr 2017 die Mischwälder im Erweiterungsgebiet, abgesehen vom Bergfichtenwald, als Naturzonen ausgewiesen werden. Als zwar nicht notwendiger aber akzeptabler Kompromiss kann die Borkenkäferbekämpfung zum Schutz des Bergfichtenwaldes bis zum Jahr 2027 fortgeführt werden. Dies ist eine für die internationale Anerkennung des Nationalparks Bayerischer Wald unverzichtbare Position des Naturschutzes.

 

Nur international anerkannter Nationalpark ist Tourismusmagnet

Aufgrund der dramatischen Folgen der Klimaerwärmung, wonach im Bayerischen Wald Wintertourismus, der auf ausreichende Schneelagen angewiesen ist, mittelfristig keine wirkliche Zukunft mehr hat, besteht für den Bayerischen Wald touristisch die einzige Chance darin, den Nationalpark, der wie Berichte in den Medien bestätigen auch im Winter eine hohe Attraktivität aufweist, als Alleinstellungsmerkmal zu nutzen. Der Nationalpark darf dabei aber nicht zum Etikettenschwindel verkommen. Die Mehrzahl der Touristen erwartet im Nationalpark Bayerischer Wald die Begegnung mit Wildnis. Deshalb haben in den letzten Jahren auch die Übernachtungszahlen in den Randgemeinden des Altparks nicht abgenommen im Gegensatz zum Erweiterungsgebiet im Landkreis Regen.

 

Die Absicht des Landtagsabgeordneten Brunner „Fichtenreinbestände in widerstandsfähige Mischwälder umzubauen“ ist nach den Erfahrungen im alten Nationalparkgebiet Geldverschwendung. Wie im Altnationalpark bewiesen, entstehen unter Fichtenbeständen auf natürliche Weise differenziertere und damit stabilere Mischbestände als wenn gepflanzt wird. Die gepflanzten Jungbäume werden nach diesen Erfahrungen auch sehr viel stärker von Rehen verbissen. Gleichzeitig werden im Schutze der abgestorbenen stehenden oder liegenden Fichten die Jungbestände wesentlich rascher wachsen. Die bei einem Waldumbau notwendigen Auflichtungen erhöhen gleichzeitig die Gefahr von anschließenden flächendeckenden Windwürfen, wie das gerade auch durch die Folgen des Sturms Kyrill dokumentiert wurde. Die Erfahrungen im Altgebiet des Nationalparks zeigen klar, dass eine „Unterpflanzung mit jungen Bäumen“ keinen Sinn ergibt. Den Nationalpark "borkenkäfersicherer" zu machen ist im Hinblick auf die zunehmend heißen Sommer ohnehin eine Utopie. Dies belegen die Erfahrungen mit Borkenkäferkalamitäten im vergangenen Jahr in ganz Bayern. Der Vorschlag des Landtagsabgeordneten Brunner "die Borkenkäferbekämpfung in den Schutzzonen zu den angrenzenden Privatwäldern den neuesten Erkenntnissen anzupassen", ist ein Vorschlag den der Bund Naturschutz unterstützt. Es ist deshalb rasch zu entscheiden, dass die Bekämpfungszone auf 500 Meter maximal reduziert wird. Im österreichischen Nationalpark Kalkalpen beträgt die Schutzzone lediglich 300 Meter. Nach geltendem bayerischem Recht wird der Abtransport von Borkenkäfer befallenen Fichten bis zu 500 Meter Entfernung finanziell gefördert. Damit ist klar bewiesen, dass 500 Meter ausreichen und keineswegs wie praktiziert 1 000 Meter notwendig sind.

 

Der Bund Naturschutz fordert weiterhin, dass die Ausweisung der Naturzonen im Erweiterungsgebiet bis 2017 zum Abschluss gebracht wird und in den nächsten 10 Jahren kontinuierlich erfolgt. Das jeweilige Einvernehmen mit den betroffenen Kommunen soll zwar durchaus angestrebt werden, kann und darf aber nicht die Ausweisungsbedingung sein. Es gibt dafür auch kein fachliches Erfordernis, da gerade im Erweiterungsgebiet in der Bergmischwaldzone laubholzreichere Bestände dominieren. Deshalb hat auch einstimmig der Kommunale Nationalparkausschuss 1998 (!) folgende Formulierung zur Waldbehandlung und damit zur möglichen Vergrößerung der Naturzonen im Nationalpark-Erweiterungsgebiet in den Nationalparkplan aufgenommen: „Die Wälder der Entwicklungszone II c sollen schrittweise der natürlichen Entwicklung zugeführt werden. Laubholzbestände sollen möglichst bald und strukturreiche, naturnah aufgebaute Mischbestände sollen mittelfristig sich unbeeinflusst entwickeln. … Bis zum Jahr 2017 sollen die Wälder der Entwicklungszone II c weitgehend der natürlichen Entwicklung überlassen werden.“ Leider wurde dieser Beschluss in der Umsetzung bis heute durch die auch von Herrn Abgeordneten Brunner unterstützen Proteste vor allem der Gemeinde Lindberg und der Bürgerbewegung zum Schutz des Bayerischen Waldes e.V. bis auf rund 1200 ha Naturzonenausweisung verhindert.

 

Der Bund Naturschutz erwartet, dass endlich im Erweiterungsgebiet des Nationalparks die vorrangigen Naturschutzziele für den Nationalpark konsequent umgesetzt werden. Sollte dies nicht der Fall sein, wird der Bund Naturschutz eine externe von internationalen Fachleuten durchzuführende Überprüfung der Einhaltung der IUCN-Kriterien (International Union for Conservation of Nature) im Nationalpark Bayerischer Wald veranlassen. Nach diesen weltweit anerkannten Kriterien muss auf mindestens 75 % der Fläche eines Nationalparks die Natur nach dem Prinzip „Natur Natur sein lassen“ ihrer eigenen Entwicklung überlassen bleiben. Auf den restlichen 25 % ist keine wirtschaftliche Nutzung zulässig. Auf diesen Flächen sind lediglich Einrichtungen für Naturtourismus, bzw. Maßnahmen mit spezifischen Artenschutzzielen, wie der Erhaltung der historisch bedeutsamen Schachten im Nationalpark Bayerischer Wald, zulässig.

 

Unabhängig von diesen Fragen fordert der BN die Entnahme der Biomasse aus dem Nationalpark, die durch die Aufarbeitung von Borkenkäferschäden, Stürmen und Schneebruch anfällt, massiv zu reduzieren. Denn nach der zentralen Zielsetzung des Nationalparks muss die organische Masse im Wald verbleiben. Bereits 1985 hatte Herr Staatsminister Dr. Eisenmann entschieden, dass zwar in der Waldpflegezone Borkenkäfer bekämpft werden, das Holz aber im Wald verbleiben muss. Auch diese für einen Nationalpark selbstverständliche Forderung wird nicht mehr erfüllt.