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Reichswaldbilanz 2005

Forstreform wirft ihre Schatten voraus
Reichswald braucht weiterhin Bürgerengagement

20.06.2005

Am Samstag, 25. Juni, und Sonntag, 26. Juni 2005 findet zum 33. Mal das Reichswaldfest des Bundes Naturschutz mit befreundeten Verbänden am Schmausenbuck, östlich des Nürnberger Tiergartens, statt. Der Bund Naturschutz lädt dazu herzlich ein.

Anlässlich des Reichswaldfestes zieht der Bund Naturschutz Bilanz über die Niederlagen und Erfolge des Engagements für die "Grüne Lunge der Region".

2004 traten der Bund Naturschutz und tausende am Wald interessierten Bürgerinnen und Bürger unter dem Motto "Aus Liebe zum Wald" an, um nicht nur den Reichswald, sondern den gesamten Wald Bayerns vor Fehlentwicklungen zu schützen: mit der von der Staatsregierung beschlossenen so genannten Forstreform war und ist die Qualität der Waldwirtschaft vor allem in den öffentlichen Wäldern auf Dauer massiv gefährdet. Mit über 50 Verbänden wollte der Bund Naturschutz diese Forstreform stoppen. In Nürnberg und Mittelfranken wurde die 10 %-Hürde aufgrund der Unterstützung zahlreicher Waldfreunde deutlich übersprungen. Bayernweit scheiterte das Volksbegehren "Aus Liebe zum Wald" im November 2004 aber knapp an der 10%-Hürde, obwohl sich 855.000 wahlberechtigte BürgerInnen innerhalb von zwei Wochen in die Listen eintrugen (9,3%).

Das Forstamt Nürnberg wird beim diesjährigen Reichswaldfest wieder als Mitveranstalter dabei sein. Allerdings zum letzten Mal. Es wird wie alle weiteren 127 Forstämter in Bayern zum 01.07. aufgelöst. Der Reichswald und die angrenzenden Staatswälder werden künftig vom Forstbetrieb Nürnberg bewirtschaftet. Damit sind die neuen Forstbetriebe im Vergleich zu den bisherigen Forstämtern für die etwa 3-fache Waldfläche verantwortlich. Die Vertreter des Wald Bündnisses Nürnberg befürchten, dass der Holzeinschlag - überwiegend mit Großmaschinen - deutlich gesteigert wird und dass die Investitionen in die Schutz - und Erholungsfunktionen massiv zurückgefahren werden. So sollen laut Waldgesetz nur noch Gelder für die Instandhaltung gesondert ausgewiesener Rad- und Wanderwege fließen. Der allergrößte Teil des Wegenetzes im Reichswald gehört jedoch nicht zu dieser Kategorie und wird deshalb kaum gepflegt, weil die großen Holzernte - und abfuhrmaschinen darauf fahren können. Für Radler, Jogger oder Spaziergänger bedeutet dies aber wesentlich schlechtere Wege. Wenn das Modell der Österreichischen Bundesforst AG auf Bayern übertragen wird, werden die Kommunen zur Kasse gebeten und damit der Wegeunterhalt im angrenzenden Staatsforst finanziert.

Seit 1972 wurde der Reichswald Stück für Stück durch die Forstbehörden erfolgreich ökologisch umgebaut und monotone Kiefernforste in standortgerechte und ökologisch stabile Mischwälder umgestaltet. Der "Steckerleswald" ist inzwischen zu stattlichen Baumbeständen herangereift, unter deren Schutz der laubbaumreiche Mischwald für morgen heranwächst. "Dies sind sehr wichtige Investitionen in die Zukunft unserer Wälder. Erst beim Reichswaldfest 2003 haben wir das Erfolgsmodell Reichswaldprogramm gefeiert und gefordert, den Waldumbau auf ganz Bayern auszudehnen. Damit sollen aus den Nadelholz-Monokulturen gesunde Mischwälder entwickelt werden. Dies wird nun durch die Forstreform massiv gefährdet", so Hubert Weiger, Vorsitzender des BN.

Auch in und um Nürnberg ist der Wald gefährdet: Die geplante Nordspange zum Flughafen oder eine Südumfahrung der Orte Buckenhof, Uttenreuth und Weiher durch den Sebalder Reichswald sind weiter geplant. Sie werden beide vom BN abgelehnt und stattdessen die umweltfreundlichen Alternativen Stadt-Umland-Bahn und Erschließung des Flughafens über die Marienbergstraße-Flughafenstraße gefordert.

Erfolglos war auch im letzten Jahr der Einsatz für die Walderhaltung nicht: Bei der Neuauflage der Bannwaldverordnung zum Lorenzer Reichswald wurden vom BN geforderte Erweiterungen 2004 aufgegriffen: Zwischen Zollhausstraße und Münchener Straße, westlich Moorenbrunn, südlich der Stockweiher, beim Königshof und im Bereich der Kettelersiedlung. In Fürth wurden 11 ha zusätzlicher Bannwald in die Verordnung des Fürther und Zirndorfer Stadtwaldes aufgenommen, wie gefordert.

Mit dem ersten Reichswaldfest vor 33 Jahren begann das Ringen um den Erhalt der Waldes: "Rettet den Reichswald" war die Kampfansage aller waldschützenden Bürgerinnen und Bürger an die Zerstörer des Reichswaldes. Davor war der Reichswald eines der am stärksten gefährdeten Waldgebiete Deutschlands. Anfang der 70er Jahre wurden jedes Jahr ca. 400 Hektar - eine Größe von über 570 Fußballfeldern - für Straßen, Gewerbegebiete und Wohnbebauung gerodet. Der Wald galt als billige Flächenreserve. Heute sind es maximal 10 Hektar pro Jahr, für die Ersatz aufgeforstet werden muss.
Das Reichswaldfest stellt alljährlich einen Höhepunkt für die Waldschützerinnen und Waldschützer der Region dar. Es wird Bilanz gezogen, für den Wald eingestanden und gefeiert. Und dies auf einer der schönsten Lichtungen zwischen mächtigen Eichen am Fuß des Schmausenbuckturmes. Ein großes Kinderprogramm, Informationsangebote und kulinarische Köstlichkeiten aus ökologischem Anbau der Region machen das Reichswaldfest zum Familienereignis. Führungen in den Wald ermöglichen einen Einblick in die heute vielfältigen Wäldervielfalt vor den Toren der Großstadt. Mit einem herrlichen Rundblick über den Reichswald und die Stadt werden alle Turmbezwinger belohnt.

Den Festvortrag unter dem Titel "Lernen vom wilden Wald"- hält am Samstag, 25.06.05, um 14.00 Uhr der Vorsitzende der Freunde des Nationalparks Bayerischer Wald", Dr. Hans Biebelriether, zum Thema "Unsere Verantwortung für den Bürgerwald" wird der BN-Landesvorsitzende, Prof. Dr. Hubert Weiger sprechen. Anschließend wird Klaus Schamberger "Sternstunden fränkischen Humors" bieten.

Hauptforderungen des BN zum 33. Reichswaldfest an Politik und Verwaltung sind deshalb:
 Sicherung der vorbildhaften Waldbewirtschaftung im Staatswald durch Verzicht auf kurzfristige Gewinne,
 eine Fortführung des Reichswaldumbauprogramms auf ca. 10.000 ha und Ausdehnung der Waldumbauprogramme auf Waldgebiete Bayerns, in denen die Fichte dominiert. Beim erfolgreichem "Waldumbau", weg von den Kiefern- oder Fichten-Monokulturen hin zum naturnahen Mischwald darf der Freistaat Bayern nicht auf halbem Weg stehen bleiben,
 keine Waldvernichtung für die geplante Nordspange zum heute schon besterreichbaren Verkehrsflughafen Deutschlands,
 Bau der Stadt-Umland-Bahn Nürnberg-Erlangen und Erlangen-Gräfenberg statt Bau der Staatsstraßen-Südumfahrung im Schwabachtal durch den Reichswald.

Bayerns Schönheit und den öffentlichen Wald vor Privatisierung und Ausverkauf bewahren - dies wird auch für die nächsten Jahre oberstes Ziel der ältesten und größten Bürgerbewegungen Bayerns für den Schutz der Natur, des Bundes Naturschutz sein.