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TODESFALLE LICHT - Insekten sterben massenweise durch nächtliche Beleuchtung

Wenn es Nacht wird, kämpfen viele Insekten ums Überleben. Straßenlampen, Autoscheinwerfer, Leuchtreklame, Flutlichter auf Parkplätzen, Tankstellen und Sportanlagen, Strahler auf Baustellen, Gewerbeflächen und Baudenkmäler – für nachtaktive Insekten können solche Lichtquellen zu Todesfallen werden, denn sie führen zum Zusammenbruch ihres angeborenen Orientierungsvermögens. Um das große Insektensterben aufzuhalten, fordert der BUND Naturschutz auch ein Umdenken bei künstlichen Lichtquellen.

14.08.2020

„Von den in Deutschland vorkommenden Insektenarten sind etwa 70 Prozent nachtaktiv. Viele davon sind bereits in ihrem Bestand gefährdet“, sagt Professor Dr. Kai Frobel, Artenschutzexperte des BN.  Für ihn steht fest: „Es ist höchste Zeit, um auf Beleuchtungsalternativen umzusteigen, die Beleuchtungsdauer zu verkürzen oder in bestimmten Fällen ganz auf nächtliche Beleuchtung zu verzichten.“

Das Problem vieler nachtaktiver Insekten: Sie sehen noch bei unglaublich geringen Lichtstärken und fühlen sich vom Licht angezogen. Nachtaktive Schmetterlinge können beispielsweise auch den ultravioletten Teil des Lichtspektrums wahrnehmen. Sie reagieren am stärksten auf Licht, das der Mensch gerade noch als violett wahrnimmt, aber auch auf kurzwellige UV-Strahlen, die für uns schon unsichtbar sind. „Viele Lampen, die neben dem sichtbaren auch dieses UV-Licht ausstrahlen, ziehen deshalb Nachtfalter und andere Nachtinsekten besonders stark an und locken sie in riesigen Scharen aus ihren eigentlichen Lebensräumen heraus", erklärt Professor Frobel.

Das Fatale: Haben Insekten eine künstliche Lichtquelle entdeckt, umfliegen sie sie bis zur völligen Erschöpfung oder sie kollidieren mit der Lampe, werden angesengt und verletzen sich dabei tödlich. Wer vor Erschöpfung zusammengebrochen ist, fällt oft seinen Fressfeinden zum Opfer. Nachtjäger wie Spitzmäuse, Igel, Kröten, Laufkäfer und Spinnen haben mit den erschöpften Insekten leichtes Spiel. Bei Tagesanbruch räumen dann die Vögel unter den noch immer erstarrt verharrenden Insekten auf, die sich an Hauswänden ausruhen oder am Boden liegen. „Ganze Insektenpopulationen können so in der Stadt in kurzer Zeit zusammenbrechen. Das Massensterben der zum Licht gelockten Tiere kann nicht wettgemacht werden. Selbst scheinbar naturnahe Lebensräume in der Stadt verarmen so", beklagt Kai Frobel.

Deshalb war ein Ziel des Volksbegehrens Artenvielfalt, die Lichtbelastung zu reduzieren. Seit 1. August 2019 gelten neue Vorschriften zur Beleuchtung von Gebäuden und im Außenbereich. Diese wurden jedoch noch nicht überall in Bayern umgesetzt.

Dabei könnte man dem Insektensterben mit einigen Maßnahmen Einhalt gebieten:

  • Notwendigkeit der Beleuchtung abklären
    Nicht jede nächtliche Beleuchtung im öffentlichen Raum ist wirklich notwendig. Bei baulichen Veränderungen sollten unnötig gewordene Beleuchtungen rückgebaut werden.
  • Technische Maßnahmen:
    Leuchtkörper sollten so abgeschirmt werden, dass das Licht nur dorthin gelangt, wo auch etwas beleuchtet werden muss. Wünschenswert sind vor allem Leuchten mit einem begrenzten Abstrahlwinkel. Objekte sollten nur so stark wie wirklich nötig beleuchtet werden. Mit einer gedämpften Beleuchtung lässt sich oft eine bessere Wirkung erzielen.
    Zudem sollten Leuchtkörper verwendet werden, die einen möglichst geringen Anteil an kurzwelligem Licht aussenden. Die deutlich geringste Anlockwirkung zeigen warmweiße LED-Lampen. Sie lockten nur etwa 1/8 so viele Insekten an wie die gängigsten
    Metalldampflampen an.
  • Ausrichtung und Platzierung der Leuchten:
    Jede Leuchte sollte grundsätzlich zum Boden hin gerichtet sein. Vor allem Straßenleuchten sollten so platziert werden, dass sie nicht in die Umgebung oder in ökologisch sensible Räume strahlen.
  • Zeitliche Begrenzung:
    Beim umweltgerechten Betrieb von Beleuchtungen sind Zeitschaltungen gefragt. Nicht jede Laterne und jeder Scheinwerfer muss die ganze Nacht an sein. Einige Kommunen in Bayern haben bereits damit begonnen, nach Mitternacht die Straßenbeleuchtung abzuschalten oder zu reduzieren.  Auf Sportplätzen sollte das Flutlicht erst kurz vor dem Spiel ein- und danach sofort wieder ausgeschaltet werden. In ökologisch sensiblen Gebieten sollte die Beleuchtung nach 22 Uhr vollständig abgeschaltet werden, vorausgesetzt, die Sicherheitsbestimmungen erlauben eine solche Maßnahme.
  • Zusätzliche Maßnahmen:
    Es sollen nur Leuchten zum Einsatz gelangen, die eine Abdichtung gegen das Eindringen von Insekten und Spinnen aufweisen. Falls der Boden stark beleuchtet wird, soll darauf geachtet werden, dass dieser keinen hellen oder gar reflektierenden Farbton hat. „Die Festbeleuchtung in den Orts- und Stadtkernen kann mit diesen insektenfreundlichen Lampen und Beleuchtungsvorschlägen ohne Sicherheitskompromisse reduziert werden und spart darüber hinaus kostbare Energie ein“, sagt Kai Frobel. „Zusätzlich könnte darüber nachgedacht werden, bei Baudenkmälern, Flussbrücken, oder anderen landschaftlichen Attraktionen die Effektbeleuchtung auf Sonn- und Feiertage zu begrenzen.“